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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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hocken, geht ihr in der zugefrorenen Bucht darunter an Land und erklimmt den Felskamm, der die Bucht im Nordwesten umschließt.«
    »Was hat es mit diesem Auge auf sich?«, fragte Renn. »Wie erkennen wir es?«
    Die beiden Eisfüchse erschauerten und machten das Zeichen gegen das Böse. »Das seht ihr dann schon«, antwortete Akoomik.
    »Und mögen euch die Hüter beistehen«, fügte Inuktiluk an, »wenn ihr euch hineinwagt.« Er half ihnen ins Boot.
    Torak ging recht selbstbewusst mit seinem Paddel um, Renn dagegen fühlte sich unsicher, denn sie hatte kaum Erfahrung mit Booten. »Wieso helft ihr uns?«
    »Die Ältesten kennen euch nicht so gut wie ich«, erwiderte Inuktiluk. »Wenn ich es ihnen erkläre, werden sie uns nicht zürnen. Abgesehen davon wärt ihr ohnehin geflohen, auch wenn ich euch nicht geholfen hätte!«
    Akoomik sah Torak forschend an. »Du hast jemanden verloren. Genau wie ich. Wenn du findest, was du suchst, gelingt es mir vielleicht eines Tages auch.«
    Torak überlegte kurz, dann kramte er in seiner Trage und drückte ihr etwas in die Hand. »Nimm das.«
    Die Eisfuchsfrau sah ihn fragend an. »Was ist das?«
    »Zwei Keilerhauer. Mir ist eben erst wieder eingefallen, dass ich sie dabeihabe. Sie sind etwas Besonderes. Sie haben einem Freund von mir gehört. Bring sie dem Wind als Opfer dar. In unser beider Namen.«
    Inuktiluk brummelte etwas, das nach Zustimmung klang, und Akoomik zeigte zum allerersten Mal, seit ihr Renn begegnet war, lächelnd die weißen Zähne. »Vielen Dank! Möge der Hüter mit euch sein.«
    »Mit euch auch«, erwiderte Renn leise.
    Dann legten sie ab, glitten durch die schwarzen Fluten und hielten aufs offene Meer zu.

Kapitel 14

    DIE FREMDWÖLFE heulten, viele Sprünge entfernt, und als Wolf ihnen lauschte, schnappte die Einsamkeit nach ihm.
    Er hörte, dass es ein großes Rudel war und dass die einzelnen Wölfe ihr Geheul immer wieder veränderten, damit es sich anhörte, als wäre das Rudel sogar noch größer. Wolf kannte diese List, er hatte sie seinerzeit bei den Bergwölfen erlernt.
    Er sah wieder vor sich, wie seine ehemaligen Rudelgefährten die Schnauzen freudig dem Hellen Weißen Auge entgegenreckten. Für sein Leben gern hätte er eine Antwort geheult! Aber die Rehhaut war viel zu straff. Heulen zu können war nur noch eine undeutliche Erinnerung.
    Der Gleitbaum schlingerte, als die Schwanzlosen eine Anhöhe überquerten. Wolf zwang sich, wach zu bleiben, damit er bereit war, wenn ihn sein Rudelgefährte holen kam, aber es fiel ihm immer schwerer. In seiner Kehle kratzte der Durst, Schmerz nagte an seinem Schwanz. In den grässlichen schwimmenden Häuten auf dem Großen Nass hatte er sich übergeben. Der Bauch tat ihm immer noch weh.
    Seinen Mitgefangenen erging es nicht besser. Der Otter war in dumpfes Schweigen verfallen, obwohl Wolf witterte, dass er noch nicht Ohn-Hauch war. Der Luchs und der Fuchs, die Bleichpelz gefangen und auf einen anderen Gleitbaum geworfen hatte, hatten seit dem Hell nicht mehr gejault. Nur der Vielfraß fauchte ab und zu gereizt.
    Das Geheul des fremden Rudels verklang und die weißen Berge hallten von Schweigen wider. Wolf wusste, dass die anderen Wölfe einander jetzt leckten und beschnüffelten, bis alle zur Jagd bereit waren. Wenn er und Groß Schwanzlos jagen wollten, hatten sie es genauso gemacht und einander mit den Nasen angestupst, allerdings hatte nur Wolf mit dem Schwanz gewedelt.
    Der Gleitbaum drehte sich in den Wind, und Wolf witterte, dass die Berge näher kamen. Er spürte die Erregung der Schwanzlosen und vermutete, dass sie bald das Ziel ihres langen Laufs erreicht hatten.
    Stinkfell trabte neben ihm her und steckte einen Brocken Weiches Weißes Kalt durch die Löcher in der Rehhaut. Wolf öffnete mühsam die verkrampften Kiefer und zerkaute es. Er hatte nicht mehr die Willenskraft, das Angebotene zu verschmähen.
    Weiter vorn sprach Bleichpelz mit Natternzunge. Dann drehten sich beide nach Wolf um und brachen in fiependes Schwanzlosgelächter aus. Wut zwickte Wolf schmerzhaft in den Leib. Er sah vor sich, wie er sich auf Bleichpelz stürzte, ihm die Kehle durchbiss, dass das heiße Blut hervorsprudelte…
    Aber so war es leider nicht. Stattdessen wurde er immer schwächer. Selbst wenn er sich hätte befreien können, hätte er nicht mehr die Kraft gehabt, Bleichpelz zu töten. Wenn Groß Schwanzlos und seine Rudelgefährtin endlich kamen, war er womöglich zu entkräftet, um Seite an Seite mit ihnen zu

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