Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
geschlossen. Nichts und niemand kann mehr herein.«
    »Oder hinaus«, fügte Seshru an.
    Torak schluckte. »Es könnte ja eins entwischen.«
    »Der Kleine will sich vor uns verkriechen«, höhnte die Natternschamanin.
    »Hab ja gleich gesagt, dass er ein Feigling ist«, brummte Thiazzi.
    »Hier.« Nef hielt Torak eine schrumplige schwarze Wurzel hin. »Iss!«
    »Was ist das?«
    Seshru fuhr sich mit der kleinen spitzen Zunge über die Lippen. »Es versetzt dich in Trance.«
    »Das gehört dazu, wenn man ein Seelenesser werden will«, ergänzte Thiazzi. »Und das willst du doch, oder etwa nicht?«
    Alle drei sahen ihn an.
    Torak steckte die Wurzel in den Mund. Sie schmeckte süß, hatte aber einen bitteren Beigeschmack, von dem er würgen musste.
    Er saß in der Falle. Erst die Eule – jetzt das. Wo sollte das alles hinführen? Wie sollte er Wolf je wiederfinden?

Kapitel 22

    DER SCHWARZE NEBEL in Wolfs Kopf sagte ihm, dass Groß Schwanzlos nicht kommen und ihn befreien würde, niemals, nie, nie, nie.
    Groß Schwanzlos war etwas zugestoßen. Hatte ihm ein Flinkes Nass den Garaus gemacht oder hatten ihn die schlechten Schwanzlosen überfallen? Sonst wäre er doch längst da!
    Wolf tappte in dem kleinen, stinkenden Bau auf und ab, schüttelte den Kopf, um den Nebel loszuwerden, schlug sich dabei aber nur die Nase an der Felswand an. Der Bau, in den man ihn gesperrt hatte, war so eng, dass er nur einen einzigen Schritt tun konnte, dann musste er schon wieder kehrtmachen. Schritt, kehrt, Schritt, kehrt.
    Wie gern wäre er einfach drauflosgelaufen! Im Schlaf streifte er über Hügel und durch Täler, wälzte sich im Farnkraut, strampelte mit den Pfoten und knurrte vor Vergnügen. Manchmal sprang er so hoch, dass er bis ins Oben flog und nach dem Hellen Weißen Auge schnappte. Wenn er aber aufwachte, lag er jedes Mal wieder in dem stinkenden Bau. Er hätte heulen können – wenn er sich dazu hätte aufraffen können, aber was hätte das genützt? Außer den schlechten Schwanzlosen und den Dämonen konnte ihn niemand hören.
    Schritt, kehrt, Schritt, kehrt.
    In seinem Bauch nagte der Hunger. Wenn er sonst lange keine Beute mehr gemacht hatte, schärfte ihm der Hunger Nase und Gehör, und er sprang in weiten Sätzen durch den Wald, aber dieser Hunger war so schlimm, dass er nicht einmal wehtat.
    Vom Auf- und Ablaufen wurde ihm schwindlig, aber er konnte nicht damit aufhören, obwohl es ihm mit jedem Schritt schwerer fiel. Seinem Schwanz ging es gar nicht gut. Er hatte ihn gesund lecken wollen, aber er schmeckte und roch gar nicht mehr nach ihm selbst. Sein Schwanz roch nach Ohn-Hauch-Beute, die schon viele Hell und Dunkel im Wald gelegen hat, und von dem Geschmack wurde Wolf übel. Es schmeckte nach etwas Schlimmem. Das Schlimme durchströmte ihn und fraß alle seine Kraft.
    Schritt, kehrt, Schritt, kehrt.
    Er war im Bauch der Erde eingesperrt, weit weg von den anderen Jägern. Er sehnte sich nach dem Quieken des Otters und dem Fauchen des Vielfraßes, ja sogar nach dem dummen Geknurr des dummen Bären. Trotzdem war er nicht ganz allein. Das Gekreisch der Fledermäuse und das Keckern der Dämonen gellten ihm in den Ohren. Er witterte, dass hinter der Felswand Dämonen lauerten, hörte ihre Klauen auf dem Stein scharren. Es war ein riesiges Rudel. Es war quälend, nicht über sie herfallen zu können, zu beißen, zu schnappen, zu reißen, wie es sich gehört hätte. Schließlich war er dazu da, Dämonen zu jagen!
    Schritt, kehrt, Schritt, kehrt.
    Die Dämonen waren schuld, dass sein Schwanz so schlimm schmeckte, die Dämonen bliesen ihm den schwarzen Nebel in den Kopf. Ihretwegen hörte und sah er Dinge, die es gar nicht gab. Manchmal sah er Groß Schwanzlos neben sich sitzen. Einmal hatte er das hohe, klagende Jaulen vernommen, das dem Weibchen entfuhr, wenn sie den Hühnerknochen an die Schnauze hielt.
    Und nun hörte er außer Fledermausrufen und dem Scharren der Dämonenklauen noch ein Geräusch. Zwei Schwanzlose kamen angetrabt, ein kleiner und ein großer.
    Wolf schöpfte Hoffnung. Waren das etwa Groß Schwanzlos und das Weibchen?
    Nein. Es war nicht sein Rudelgefährte, der gekommen war, ihn zu befreien. Es waren die schlechten Schwanzlosen, Natternzunge und Bleichpelz.
    Wolf merkte, dass er nicht die Kraft hatte, sich zu wehren, darum kauerte er sich hin. Er hörte, wie jemand die Abdeckung aufschob und ein Rindenstück auf den Boden legte. Wolf schleckte das Nass gierig auf. Es war gerade genug, um den Durst zu

Weitere Kostenlose Bücher