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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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nicht gekannt, denn sie war bei seiner Geburt gestorben, und er war selbst nicht von dem überzeugt, was er sagte.
    Fin-Kedinns Wangenmuskel zuckte, als er jetzt den vorbereiteten Messerknauf zur Hand nahm, einen Unterschenkelknochen vom Rentier mit einer Einkerbung für die Steinsplitter. Er tauchte einen geschliffenen Splitter in das eingedickte Kiefernblut und steckte ihn in die Vertiefung. »Und wenn die Seelenesser nun eben das bezwecken?« Er hob den Kopf und sah den Jungen so eindringlich an, dass Torak den Blick abwenden musste. »Als du letzten Winter den Bären besiegt hast, habe ich dir verboten, mit irgendwem außerhalb der Sippe darüber zu sprechen, erinnerst du dich?«
    Torak nickte.
    »Darum wissen die Seelenesser nur, dass jemand sehr Mächtiges in diesem Wald lebt, aber nicht, wer es ist.« Er machte eine Pause. »Sie wissen nicht, wer es ist, und sie wissen auch nicht, worin seine Macht besteht. Das weiß niemand.«
    Torak verschlug es den Atem. Fin-Kedinn wiederholte mit anderen Worten, was Fa gesagt hatte, als er im Sterben lag. Dein ganzes Leben lang habe ich dich von anderen fern gehalten … Geh anderen Menschen aus dem Weg, Torak! Wenn sie herausfinden, was du vermagst…
    Aber was vermochte er denn so Ungewöhnliches? Bis dahin hatte er angenommen, Fa hätte auf seine Fähigkeit angespielt, die Wolfssprache zu verstehen und zu sprechen, aber wenn man Fin-Kedinn so reden hörte, musste noch mehr dahinter stecken.
    »Ebenso gut könnte die Krankheit eine Falle sein«, fuhr der Rabenanführer fort. »Womöglich wollen dich die Seelenesser damit zwingen, dich zu offenbaren.«
    »Und wenn schon! Ich kann nicht einfach die Hände in den Schoß legen! Ich muss Oslak helfen. Ich ertrage es nicht, ihn in diesem Zustand zu sehen!«
    Die strengen Züge wurden milder. »Das verstehe ich. Mir geht es nicht anders.«
    Beide schwiegen. Fin-Kedinn befestigte noch mehr Feuersteinsplitter in seinem Messerknauf und Torak blickte über den Fluss. Die Sonne stand hoch über den Bäumen und das Wasser funkelte gleißend. Torak kniff die Augen zusammen und erspähte am anderen Ufer einen Reiher und einen Raben, der nach Fischresten pickte.
    Dann war das Messer fertig, etwa eine Spanne lang und gezackt und scharf wie ein Vielfraßgebiss. Zu guter Letzt umwickelte Fin-Kedinn das Heft mit einer sorgfältig gespleißten Kiefernwurzel, damit die Hand besseren Halt hatte. »So«, brummte er. »Zeig mal dein Messer.«
    »Warum?«, fragte Torak skeptisch.
    »Tu, was ich dir sage. Zeig mir dein Messer.«
    Der verdutzte Torak zog das Messer aus seinem Gürtel, das einst seinem Vater gehört hatte.
    Die Waffe hatte eine schöne, wie ein Blatt geformte Klinge aus blauem Schiefer und einen mit Elchsehnen umwickelten Hornknauf. Laut Fa kam die Klinge vom Robbenclan, woher Fas Mutter stammte. Sie hatte ihrem Sohn die Klinge geschenkt, als er zum Mann geworden war. Den Knauf hatte Fa selbst angefertigt. Als er im Sterben lag, hatte er die Waffe an seinen Sohn weitergereicht. Torak war mächtig stolz auf sein Messer.
    Doch als er es dem Rabenanführer reichte, schüttelte der bloß den Kopf. »Viel zu unhandlich für einen Jungen. Das ist ein Schamanenmesser und taugt nur für Zeremonien.« Er gab Torak die Waffe zurück. »In solchen Dingen war er noch nie besonders vorausschauend.«
    Zu Toraks großem Bedauern sprach er nicht weiter, sondern balancierte das neue Messer quer auf seinem Zeigefinger und beäugte es kritisch. Das Messer lag ganz gerade.
    Schön, dachte Torak.
    Fin-Kedinn ließ die Waffe hochschnellen, fing sie an der Klinge auf und hielt sie dem Jungen hin. »Hier. Das ist für dich.«
    Nach kurzem Zögern gehorchte der erstaunte Torak.
    Fin-Kedinn wollte keine Dankesworte hören. Er stützte sich auf seinen Stab und erhob sich. »Von nun an lässt du niemanden mehr das Messer deines Vaters sehen, und das Medizinhorn deiner Mutter auch nicht. Wenn dich jemand nach deinen Eltern fragt, gibst du keine Auskunft.«
    »Aber warum?«
    Fin-Kedinn blieb ihm die Antwort schuldig. Er stand reglos da und blickte über den Fluss.
    Torak legte die Hand über die Augen, aber das Wasser funkelte trotzdem zu stark, als dass er etwas hätte erkennen können. Er sah nur den Reiher am gegenüberliegenden Ufer und im Wasser einen stromabwärts treibenden Baumstamm.
    Im Lager begann eine Frau zu wehklagen. Ihre schrillen Schreie übertönten das Tosen der Stromschnellen und ließen Torak das Blut in den Adern stocken.
    Jetzt kamen

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