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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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hervorkamen, und zu seinem Entsetzen auch die Spuren von Wolf und Renn. Wenn Bale sie sah …
    Durch die Birken fiel Fackelschein. Das war Bale. Torak musste sich beeilen.
    Er wollte eben auf das Licht zulaufen, da traten zwei Gestalten aus dem Gehölz, und er hörte Asrif sagen: »Ich hab’s gewusst, dass er abhaut. Ihm graut vor dem Adlerfelsen, deswegen hat er sich davongeschlichen und im Wald versteckt.«
    Torak duckte sich hinter einen Felsen und lauschte.
    »Entweder das«, erwiderte Bale, »oder er steckt in Schwierigkeiten.« Torak war überrascht, wie besorgt der andere klang. »Ich habe vorhin nicht mitbekommen, ob er wieder an Land gegangen ist.«
    »Na und?« Das war wieder Asrif. »Schließlich bist du nicht sein Aufpasser. Ich weiß, dass du dir so vorkommst, weil er jünger ist als du, aber er ist nicht dein Bruder.«
    »Weiß ich«, entgegnete Bale unwirsch, »trotzdem hätte ich auf ihn warten sollen. Allein ist es für einen Anfänger gefährlich, besonders zurzeit. Wenn die Kormorane Recht haben…«
    »Hoffen wir mal, dass sie sich irren«, meinte Asrif.
    Torak trat aus seinem Versteck. »Womit haben die Kormorane Recht?«, fragte er laut, ging auf die beiden zu und verwischte dabei unauffällig sämtliche Spuren.
    »Was ist denn mit dir passiert?«, rief Bale aus. Beide Jungen trugen Fackeln aus gedrehtem, in Robbentran getränktem Riementang. In dem flackernden Licht sah Bales Gesicht ganz abgehärmt aus. »Wo hast du bloß gesteckt?«
    »Ich wollte euch beweisen, dass ich euch nicht angelogen habe.«
    Bales Miene wurde abweisend. »Lass dir was Besseres einfallen. Du warst fast den ganzen Abend weg.«
    »Ich bin in ein Robbennetz gefallen.«
    »In ein Robbennetz?«, sagte Asrif verächtlich. »Jetzt lügst du aber. So dicht beim Lager legen wir nie Netze aus, weil da keine Robben hinkommen!«
    »Kann ja sein«, entgegnete Torak, »aber so war es nun mal. Ich zeig’s euch.«
    In der Hoffnung, dass die Flut das Netz nicht weggeschwemmt hatte, ging er den beiden in die größere Bucht voran. Doch dann kam ihm ein anderer Gedanke und er ging zu den Felsen weiter.
    »Hattest du nicht was von einem Netz gesagt?«, wunderte sich Bale.
    »Doch, aber ich will euch erst noch etwas anderes zeigen, nämlich eine Spur.«
    Er hatte Glück. Die Flut war nicht bis zur Fährte des Tokoroth gekommen. Der Fußabdruck war im Fackelschein nicht zu übersehen.
    Bale kniete sich hin. »Wovon stammt der?«
    »Von etwas sehr Gefährlichem«, erwiderte Torak nach kurzer Überlegung.
    »Ich hab’s gefunden«, rief Asrif von weiter oben und hievte das Netz aus dem Wasser. »Aber wieso hat jemand ausgerechnet hier ein Netz ausgelegt?«, sagte er kopfschüttelnd, als die beiden anderen angerannt kamen. »Hier kommt doch keine Robbe her.«
    »Es ging ihm nicht um Robben, sondern um mich«, erwiderte Torak.
    »Das denkst du dir doch bloß aus!«, sagte Asrif abfällig.
    »Das glaube ich nicht«, widersprach ihm Bale, hockte sich hin und drehte und wendete mit der freien Hand das Netz. »Wer das ausgelegt hat, wusste damit umzugehen.«
    »Wie kommst du darauf?«, wollte Torak wissen.
    Der Ältere blickte auf. »Wenn man ein Robbennetz auslegt, macht man nur den oberen Teil mit einem Seil an den Felsen fest. Der untere Teil schwimmt im Wasser. Man muss darauf achten, dass das Seil oben nur an einem Ende richtig festgebunden ist, damit die Robbe beim Hineinschwimmen das andere Seilende abreißt und das Netz sich zusammenzieht.«
    »Genauso war’s«, bestätigte Torak mit leisem Schauder. In Gedanken trieb er wieder im Wasser und glitschiger Tang schlang sich um seine Beine …
    »Und seht ihr die hier?« Bale zeigte auf die aus Knochen geschnitzten Haken, mit denen der Netzrand wie mit einer doppelten Zahnreihe bestückt war. »Auf die Weise geht das Netz nicht mehr auf, wenn die Robbe erst mal drin ist.«
    Torak nickte. »Ich habe mich schon gewundert, weshalb ich hinein-, aber nicht mehr herauskonnte.«
    Bale stand auf. »Ja, und wie bist du dann wieder herausgekommen?«
    Abermals antwortete Torak nicht sofort. »Ich habe die Maschen… mit einem Schneckengehäuse durchgeschnitten.«
    Bale musterte erst Torak und dann das wüst zerfetzte Netz und hob die Augenbrauen.
    Torak hielt seinem Blick trotzig stand. Ihm war nicht wohl dabei, den Robbenjungen anzulügen, aber er vertraute ihm nicht genug, dass er die Wahrheit sagen mochte. Wolf und Renn waren nur in Sicherheit, wenn niemand von ihnen wusste.
    »Ist ja auch egal«,

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