Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
du es schließlich geschafft?«
    Renn zog wortlos das Lederband mit der Hühnerknochenpfeife unter dem Wams hervor.
    »Das heißt, wenn ich dir damals vor vielen Monden nicht die Pfeife gegeben hätte, wäre Wolf nicht mit dir mitgekommen«, sagte Torak gedankenvoll, »und ich wäre ertrunken.« Er kraulte Wolf die Flanke und Wolf rieb sich an seinem Bein und verzog die Schnauze zu einem Grinsen.
    Abermals fühlte Renn sich ausgeschlossen. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was Torak alles erlebt hatte, seit er das Rabenlager verlassen hatte. Auch sie hatte ihm eine Menge zu erzählen, von der Krankheit und dem Tokoroth. »Komm weiter«, sagte sie. »Bis zu meinem Lager ist es nicht mehr weit.«
    Sie gingen ein Stück auf der Böschung entlang und scheuchten unterwegs ein paar Raben auf, die empört krächzend aufflatterten. Dann rief Torak verwundert aus: »Aber da unten gibt es ja Wald !«
    Zu ihren Füßen lag ein von hohen Steilwänden umschlossenes Tal, das sich wie ein Axthieb in die Felsen grub und in dessen Mitte ein See schimmerte. Die Abhänge ringsum waren dicht mit Weiden und Ebereschen bestanden.
    »Besonders hoch sind sie nicht«, meinte Renn, »aber es sind immerhin Bäume. Die Robben wagen sich offenbar nicht sehr weit ins Land hinein, deswegen hat mich noch niemand entdeckt, aber gestern habe ich unten am See Spuren gefunden, vermutlich von einem Mann oder einem Jungen.«
    »Der Wald fehlt mir schrecklich«, seufzte Torak.
    »Mir auch«, pflichtete ihm Renn bei. »Und der Geschmack von Lachs und Rentierfleisch. Außerdem ist es hier nachts furchtbar hell . Im Wald fällt einem das nicht so auf, aber hier … hier kann ich überhaupt nicht richtig schlafen.«
    »Geht mir genauso«, sagte Torak leise.
    »Da drüben ist mein Lager.« Renn ging Torak zu einer unter Farn, Spiersträuchern und üppig gelb blühendem Labkraut versteckten Senke voran. Ein Bach führte hindurch und am östlichen Ufer hatte sich Renn eine Erdhöhle mit einer Feuerstelle davor gegraben. Eine Eberesche breitete schützend die Arme darüber.
    »Du kannst dich am Feuer trocknen«, sagte Renn. »Ich koche derweil die Schnecken. Die brauchen nicht lange.«
    Sie hängte Köcher und Bogen an einen Ast und kniete sich vor die Glut. Das Feuer qualmte kaum, weil sie Eschenholz genommen und zuvor die Rinde abgeschält hatte.
    Zunächst legte sie eine flache Schieferplatte in die Glut und wartete ab, bis es ordentlich zischte, als sie draufspuckte. Dann wusch sie die Schnecken im Bach und legte sie zum Garen auf den Stein.
    Torak kauerte sich hin und Wolf schmiegte sich an ihn. »Wovon hast du dich sonst ernährt?«, wollte Torak wissen.
    »Hauptsächlich von Vogeleiern. Ich konnte nur kleineres Wild erlegen. Offenbar gibt es hier keine Elche oder Hirsche. Der See ist bestimmt voller Fische, aber dort kann man leicht gesehen werden, darum bin ich ja auch ans Meer gegangen.« Sie machte eine Pause. »Mir geht es gut, aber um Wolf mache ich mir Sorgen. Die Raben haben ihm gezeigt, wo Aas herumliegt, aber davon wird er nicht satt, und an die Seevögel traut er sich nicht mehr heran, seit ihn ein Eissturmvogel voll gespuckt hat.« Sie lächelte flüchtig. »Das hat ihn ziemlich mitgenommen. Ich musste Seifenkraut pflücken und ihn waschen. Das fand er genauso schrecklich.« Sie merkte, dass sie zu viel redete, und hielt inne.
    Torak blickte stirnrunzelnd ins Feuer. »Ich bin wirklich froh, dass du hier bist, Renn.«
    Renn sah ihn an. »Ach. Na ja.«
    Die Schnecken waren gar. Renn schob die heißen Gehäuse mit dem Messer auf ein großes Gänsefußblatt. Für den Clanhüter klemmte sie eine Schnecke in eine Astgabel und teilte die übrigen Schnecken in drei Portionen. Ein Drittel legte sie etwas abseits vom Feuer für Wolf ins Gras, dann zeigte sie Torak, wie man die schwarzen, blasigen Därme abschnitt und an das saftige orangefarbene Fleisch kam. Er betrachtete das Mahl misstrauisch, machte sich dann aber doch darüber her.
    Sein Wams hatte er ausgezogen und zum Trocknen in den Baum gehängt, und Renn sah, dass er abgemagert war und an der Wade eine ziemlich schlampig genähte Wunde hatte, bei der die Fäden gezogen werden mussten. Als sie ihn darauf ansprach, winkte er ab und meinte, darum könnten sie sich später kümmern. Anschließend erkundigte er sich nach ihrer verletzten Hand.
    »Mich hat was gebissen«, erklärte sie und rieb die Hand an ihrem Bein. Sie wollte die Sprache noch nicht auf das Tokoroth bringen.
    Wolf hatte seine

Weitere Kostenlose Bücher