Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
Schwarzfisch gelabt hatte, war das Dunkel gekommen. Nicht das richtige Dunkel, sondern jenes Dunkel, das sich vor das Hell schiebt, wenn der Donnerer zürnt. Diesmal galt der Zorn des Donnerers allerdings nicht Wolf, sondern den Schwanzlosen.
    Wolf stürmte über die heiße schwarze Erde, den Hang hinauf und wieder hinab bis zu den Felsen, wo das Weibchen auf Groß Schwanzlos gewartet hatte. Er witterte, dass inzwischen auch sein Rudelgefährte da gewesen war und dass sich die beiden gestritten hatten. Gestritten! Wolf traute seiner Nase nicht! Es roch nach Knurren und Zähneblecken.
    Im Nu hatte er das Helle-Tier-das-heiß-beißt gefunden, an dem sich zwei halbwüchsige Hellfelle schlafen gelegt hatten. Doch dann witterte er bestürzt, dass sein Rudelgefährte sich in einem von den schwimmenden Fellen über das Große Nass aufgemacht hatte.
    Jämmerlich jaulend kletterte Wolf in den Felsen umher und suchte die Fährte des Weibchens. Oh, sie war klug! Sie war zum Stillen Nass gelaufen, wo einen der Zorn des Donnerers nicht so leicht treffen konnte, und hatte ebenfalls ein schwimmendes Fell bestiegen. Darin war sie gegen den Wind geschwommen, sodass Wolf ihre Witterung leicht aufnehmen konnte. Er wusste, was er zu tun hatte, er musste ihr folgen, denn auch sie war auf der Suche nach Groß Schwanzlos.
    Im Oben grollte es. Der Wind strich heulend durch das Tal, schon prasselte das Nass herab. Bäume bogen sich, Fischvögel wurden wie welke Blätter umhergewirbelt. Wolf hetzte unbeirrt weiter, sprang über Felsen und die zornigen kleinen Nass, die davon herabgestürzt kamen.
    Im Laufen stieg ihm ein anderer Geruch in die Nase und er hielt schlitternd an. Mit erhobener Schnauze sog er die Luft in langen Zügen ein.
    Das Fell stand ihm zu Berge.
    Es roch nach Dämon .

    »Nimm meine Hand!«, rief Tenris und lehnte sich bedenklich weit über den Bootsrand.
    Torak hob prustend den Kopf über Wasser und griff verzweifelt nach der Hand. Er bekam sie zu fassen – doch dann schlug die nächste Woge über ihm zusammen und zog ihn in die Tiefe.
    Wie ein Stein trudelte er in die erstickende Finsternis hinab. Er konnte nichts sehen, bekam keine Luft.
    Dann spie ihn das Meer wieder aus und spielte mit ihm. Seine Kapuzenjacke verhinderte, dass er unterging, er tanzte, nach Atem ringend, über die Wellenkämme.
    Tenris war verschwunden. Bale war verschwunden. Der Himmel war schwarz wie Basaltstein. Im flackernden Licht der zuckenden Blitze war ringsum nur tobendes Meer zu sehen.
    »Tenris!«, brüllte Torak. »Bale!« Der Sturm trug die Rufe mit sich fort.
    Undeutlich sah er sein Kanu kieloben über die Wellen hüpfen. Er schwamm hin … das Meer warf ihm das Boot entgegen … er hielt sich mit beiden Händen fest. »Tenris!« , schrie er.
    Doch der Schamane war und blieb verschwunden.
    Mit einem Mal durchfuhr ein heftiger Ruck das Boot, und Torak wurde so heftig gegen einen Felsen geschleudert, dass ihm die Luft wegblieb. Mit einer Hand klammerte er sich an den Stein, mit der anderen hielt er den Bootsrand gepackt. Das Meer zerrte am Boot und wollte ihn mit sich reißen. Er musste sich rasch entscheiden.
    Also ließ er das Boot los und zog sich hoch. Das Boot wurde fortgespült.
    Zitternd und zu Tode erschöpft, lag er auf dem rauen Fels und hielt sich fest.
    Er hatte keine Ahnung, wo er war. Wenn es ihn ans Ufer geschwemmt hatte, konnte es ihm gelingen, am Leben zu bleiben. War er aber auf einer einsamen Schäre mitten im Meer gelandet – dann sah es für ihn nicht gut aus.
    Durch Umhertasten fand er bald heraus, dass der Felsen nicht größer als eine Robbenhütte und ringsum von Wasser umgeben war.
    Ihm wurde angst und bange.
    Bale war fort, Tenris war fort. Er war ganz allein auf einem Felsen mitten im Meer.

    Der Sturm legte sich so jäh, wie er losgebrochen war.
    Als Renn ans östliche Seeufer kam und das Paddel einzog, klatschte das Wasser träge an die Uferfelsen, und das Schilf schwankte kaum noch.
    Renn stellte sich lieber nicht vor, wie es Torak draußen auf dem offenen Meer ergangen war. Warum hatte er auch nicht auf sie gehört und den Landweg genommen, statt mit dem Schamanen und dem großen Robbenjungen loszurudern!
    Müde zog sie das stibitzte Boot aufs Ufer, hob Rückentrage und Schlafsack heraus und versteckte beides. Zwar wusste sie nicht, was sie im Lager der Robben erwartete, aber Pfeil und Bogen würden als Ausrüstung wohl genügen.
    Als sie den Blick hob, sah sie, dass der Himmel nicht blank gefegt war

Weitere Kostenlose Bücher