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Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenwanderer: Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Schuld zuschieben?«
    »Weil der Ruderer helles Haar hatte! Weil seine Spuren beweisen, dass er es war, der den Jäger getötet hat!«
    »Hier am Meer hat fast jeder helles Haar! Außerdem hast du selbst gesagt, dass sein Paddel beim Rudern gegen das Boot geschlagen hat! Die Robben sind aber dafür bekannt, dass sie absolut geräuschlos paddeln können! Wer weiß, wen du da gesehen hast. Genauso gut kann es ein Kormoran oder einer von deinen Freunden, den Seeadlern, gewesen sein…«
    »Aber auf keinen Fall einer von deinen Freunden, den Robben!«
    »Die Robben sind nicht meine Freunde, sondern meine Blutsverwandten«, gab Torak zurück.
    Renn zuckte zusammen.
    Torak nahm ihr ungerührt das Feuerholz ab, das sie gesammelt hatte, und legte es zu seinem Vorrat. »Ich muss zurück«, sagte er, ohne sie anzusehen.
    Renn war entgeistert. »Hast du mir denn überhaupt nicht zugehört?«
    »Bald ist Mittsommer, Renn. Uns bleibt nur noch morgen, um zum Lager zurückzurudern.«
    » Rudern wollt ihr? Wo ein Sturm heraufzieht und ein rachsüchtiger Jäger unterwegs ist?«
    »Tenris hat einen Tarnzauber ausgesprochen und sagt …«
    »Tenris irrt sich natürlich nie.«
    Torak schwieg.
    »Wenn ich Recht habe, dann bringst du dich und alle Clans in höchste Gefahr… bloß weil du nicht auf mich hören willst.«
    Torak machte kehrt und ging davon.

    Es war tiefe Nacht und die Seevögel auf den Felsen waren in Aufruhr. Viele verließen ihre Schlafplätze und flogen landeinwärts. Ein Sturm braute sich zusammen.
    Torak hatte sich am Feuer zusammengerollt und kurz geschlafen, fühlte sich aber nicht erholt. Bald würde er mit Tenris und Bale aufbrechen. Sie hatten ausgemacht, Asrif und Detlan zurückzulassen. Wenn sie nur zu dritt waren, kamen sie schneller voran und trafen hoffentlich noch vor dem Sturm und der Mittsommernacht im Lager ein.
    Gegenüber lag Detlan dank Tenris’ Schlaftrank in tiefem Schlummer, Asrif und Bale waren vor Erschöpfung gleich eingedöst. Tenris dagegen war wach und schmauchte seine Krebsscherenpfeife.
    Torak rieb sich die Augen. Er war immer noch müde, aber er konnte nicht mehr schlafen. Der Streit mit Renn hatte ihn zu sehr aufgewühlt. Sie hatten sich auch früher schon gestritten, aber nie derart erbittert. Auf einmal war sie ihm ganz fremd – und das lag nicht nur an ihren Behauptungen, sondern auch an seinem Erlebnis unter Wasser.
    Er hatte sich in eine Robbe verwandelt. Was er gehört und gespürt hatte, konnten nur Robben wahrnehmen. Trotzdem war er Torak geblieben …
    Tenris klopfte seine Pfeife an einem Stein aus und Torak fuhr zusammen.
    Der Schamane verzog den Mund zu einem flüchtigen Lächeln. Torak überwand sich und lächelte zurück. Tenris war ohne Ankündigung angerudert gekommen, hatte einfach gesagt, er habe gespürt, dass sie ihn brauchten. Torak war so froh gewesen, dass ihm die Worte gefehlt hatten. Jetzt sah er zu, wie der Schamane seine Pfeife in der verletzten Hand hielt und sie mit der gesunden Hand mit würzig riechenden Kräutern neu stopfte.
    »Bale hat mir berichtet, was vorgefallen ist«, sagte Tenris. Er zündete die Pfeife mit einem glimmenden Holzspan an und stieß mit zusammengekniffenen Augen ein paar Rauchwolken aus. »Warum erzählst du mir nicht die ganze Geschichte? Woher hast du gewusst, dass der Jäger kommt?«
    »Das kann ich dir nicht sagen«, erwiderte Torak, »weil ich es selber nicht verstehe.«
    Tenris hob die Augenbrauen. »Aber du hast Bale nicht alles erzählt. Vielleicht kann ich dir ja weiterhelfen.«
    Torak legte das Kinn auf die angezogenen Knie und ließ den Blick über die roten Kuhlen und Hügel der Glut schweifen. »Robben«, sagte er leise. »Robben spüren so etwas mit den Barthaaren. Sie fangen damit Töne auf.«
    Aus dem Augenwinkel sah er, wie sich Tenris gespannt vorbeugte.
    »Die Clanhüterin kam zu mir. Sie hat den Ruf des Jägers schon von weitem gehört, ich meine, gespürt .« Er schluckte. »Daher habe ich es gewusst.«
    Als Tenris unverändert schwieg, hob Torak den Kopf.
    Der Robbenschamane hielt die erloschene Pfeife in der Hand, auf seinem Gesicht malte sich Bestürzung.
    »Was hat das zu bedeuten?«, flüsterte Torak.
    Die Pfeife fiel Tenris aus der Hand und rollte ins Feuer, aber er machte keine Anstalten, sie herauszuholen. Er stand taumelnd auf, stolperte zum Wasser hinunter und blieb dort lange mit dem Rücken zu Torak stehen. Als er zum Feuer zurückkam, sah er jäh gealtert, aber auch seltsam erregt aus. »Erzähl

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