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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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jetzt im Zickzack bergab. Die Schatten wurden violett, die ersten Kiefern winkten ihnen mit schneebedeckten Zweigen zu. Als sie endlich wieder zwischen Bäumen und außer Sichtweite der Berge waren, empfanden sie das als ungeheure Erleichterung. Aber die Stille war zermürbend.
    »Das kann nicht an dem Bären liegen«, flüsterte Renn. »Auf dem Eisfluss haben wir keine einzige Spur entdeckt. Und wenn er außen herum durch die Täler gelaufen ist, braucht er dafür viele Tage.«
    Torak schaute forschend zu Wolf hinüber. Der legte die Ohren an, sein Nackenfell aber war glatt. »Ich glaube auch nicht, dass der Bär in der Nähe ist«, stimmte er seiner Weggefährtin zu, »aber weit weg kann er auch nicht sein.«
    »Vogelspuren.« Renn zeigte auf den Schnee unter einem Wacholderbaum.
    Torak bückte sich. »Ein Rabe. Er ist gelaufen, nicht gehüpft. Das heißt, er hatte keine Angst. Da drüben war ein Eichhörnchen.« Er deutete auf die Zapfen unter einer Kiefer, die wie Äpfel abgenagt waren. »Und hier sind auch Hasenfährten. Noch ziemlich frisch. Ich kann sogar noch Fellspuren erkennen.«
    »Wenn sie frisch sind, wäre das doch ein gutes Zeichen.«
    »Mmm.« Torak spähte in den Halbschatten. »Aber das hier ist keins.«
    Der Auerochse lag wie ein großer brauner Fels auf der Seite. Lebendig überragte er den größten Mann und die Spannweite seiner glänzenden schwarzen Hörner war beinahe ebenso groß. Aber der Bär hatte ihm den Bauch aufgerissen und ihn im zerwühlten tiefroten Schnee liegen lassen.
    Torak betrachtete das große, grausam abgeschlachtete Tier und wurde wütend. Trotz ihrer Größe sind Auerochsen sanfte Geschöpfe, die ihre Hörner nur dazu benutzen, mit ihresgleichen zu kämpfen oder ihre Jungen zu verteidigen. Dieser stumpfnasige Bulle hatte einen derart brutalen Tod nicht verdient.
    Sein Kadaver diente nicht einmal den anderen Tieren des Waldes als Nahrung. Weder Füchse noch Baummarder hatten sich in die Nähe gewagt noch hatte sich ein Rabe daran gütlich getan. Keiner hatte es gewagt, die Beute des Bären anzutasten.
    »Wuff«, machte Wolf und rannte mit gesträubtem Nackenfell im Kreis.
    Bleib weg , warnte ihn Torak. Trotz des schwindenden Lichts konnte er die Bärenspuren erkennen. Wolf sollte nicht damit in Berührung kommen.
    »Sieht nicht sehr frisch aus«, meinte Renn. »Wenigstens das.«
    Torak untersuchte den Kadaver, wobei er Acht gab, die Spuren nicht zu berühren. Er stieß das Tier mit einem Ast an und nickte. »Beinhart gefroren. Mindestens einen Tag alt.«
    Wolf knurrte.
    Torak begriff nicht, worüber sich der Welpe aufregte, schließlich war der Bulle schon eine ganze Weile tot.
    »Dabei hatte ich gedacht«, fuhr Renn fort, »dass wir hier im Wald sicherer sind. Ich dachte …«
    Aber Torak erfuhr nie, was sie gedacht hatte. Plötzlich wurde der Schnee unter den Bäumen lebendig und weiß gekleidete Gestalten umzingelten sie.
    Zu spät erkannte Torak, dass Wolf nicht den Auerochsen angeknurrt hatte, sondern die geräuschlosen Angreifer. Schau hinter dich , Torak. Er hatte schon wieder nicht daran gedacht.
    Mit einer Hand zog er das Messer, mit der anderen die Axt und schob sich auf Renn zu, die bereits einen Pfeil eingelegt hatte. Wolf verschwand zwischen den Bäumen. Rücken an Rücken standen Torak und Renn in einem Ring spitzer Pfeile.
    Dann trat die größte Gestalt vor und streifte die weiße Kapuze ab. Im Dämmerlicht war ihr braunrotes Haar fast schwarz. »Hab ich euch endlich!«, sagte Hord.

Kapitel 28

    »WARUM TUST DU DAS?«, schrie Renn. »Er versucht doch nur, uns zu helfen! Ihr dürft ihn nicht wie einen Geächteten behandeln!«
    »Dann schau mal gut hin«, sagte Hord spöttisch und zerrte Torak hinter sich her durch den Schnee.
    Torak bemühte sich, auf den Beinen zu bleiben, was jedoch nicht einfach ist, wenn einem die Hände auf den Rücken gefesselt sind. Es gab keine Hoffnung auf Flucht – er war von Oslak und vier kräftigen Rabenmännern umringt.
    »Schneller!«, drängte Hord. »Wir müssen im Lager sein, bevor es dunkel ist!«
    »Aber er ist doch der Lauscher!«, rief Renn verzweifelt. »Ich kann es beweisen!« Sie zeigte auf den Rabenhautbeutel an Toraks Hüfte. »Er hat alle drei Bestandteile der Nanuak gefunden!«
    »Was du nicht sagst«, brummte Hord. Ohne seinen Schritt zu verlangsamen, zog er das Messer und schnitt den Beutel von Toraks Gürtel. »Und jetzt gehören sie mir.«
    »Was machst du da?«, schrie Renn. »Gib ihm den Beutel sofort

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