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Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Wolfsbruder: Band 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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»Nein. Sie dürfen nichts von dir erfahren, weil…« Er schüttelte bedauernd den Kopf, als gäbe es viel zu viel zu erzählen. »Weil du eines Tages vielleicht in der Lage sein könntest, sie aufzuhalten.«
    »Ich?« , fragte Torak entgeistert. »Aber wie?«
    »Das weiß ich nicht. Ich weiß nur eins: Sobald sie von dir erfahren, sind sie hinter dir her.«
    Wieder hielt sein Blick den Toraks gefangen.
    »Das ist es, was dir Saeunn verschweigen wollte und das du meiner Meinung nach wissen musst. Wenn du am Leben bleibst, wenn es dir tatsächlich gelingt, den Bären zu vernichten, dann ist die Sache damit nicht etwa ausgestanden. Die Seelenesser werden herausfinden, wer das getan hat. Dann wissen sie, dass es dich gibt, und früher oder später kommen sie dich holen.«
    Es knackte in der Glut.
    Torak zuckte zusammen. »Du meinst … selbst wenn ich den morgigen Tag überstehe, muss ich mein Leben lang davonlaufen?«
    »Das habe ich nicht gesagt. Du kannst davonlaufen – oder kämpfen. Man hat immer eine Wahl.«
    Torak sah zu der blutbespritzten Jacke hoch. Hord hatte Recht. Das war ein Kampf für einen Mann, nicht für einen Jungen. »Warum hat mir Fa bloß nichts davon erzählt?«
    »Dein Vater wusste genau, was er tat. Er hat ein paar schlimme Dinge getan, die ich ihm nie verzeihen werde. Aber ich glaube, bei dir hat er alles richtig gemacht.«
    Torak brachte kein Wort heraus.
    »Hast du schon einmal darüber nachgedacht, warum die Weissagung von einem ›Lauscher‹ spricht, Torak? Warum nicht von einem ›Redner‹ oder einem ›Seher‹?«
    Torak schüttelte den Kopf.
    »Weil die wichtigste Fähigkeit eines Jägers die Kunst zu lauschen ist. Darauf zu hören, was einem der Wind und die Bäume verraten. Darauf zu hören, was einem andere Jäger und ihr Wild über den Wald erzählen. Das ist die Gabe, die dir dein Vater vermacht hat. Er hat dich weder die Kunst der Schamanen noch die Geschichte der Sippen gelehrt. Er hat dir das Jagen beigebracht und dich gelehrt, deinen Verstand zu gebrauchen.« Nach einer kleinen Pause fuhr er fort: »Wenn du morgen Erfolg haben willst, dann nur so: indem du deinen Verstand gebrauchst.«

    Es war schon nach Mittnacht, aber Torak saß noch immer am Langfeuer und betrachtete die schemenhaften schwarzen Umrisse der Hohen Berge. Er war allein. Wolf war auf einem seiner nächtlichen Streifzüge, und die einzigen Lebenszeichen im Lager waren die schweigenden Posten der Raben, die bei den Verteidigungsanlagen Wache standen, und das dröhnende Schnarchen aus Oslaks Hütte.
    Am liebsten hätte Torak Renn geweckt und ihr alles berichtet, aber er wusste nicht, wo sie schlief. Abgesehen davon wusste er nicht, ob er es fertig bringen würde, ihr von Fa zu erzählen … eingeschlossen die schlimmen Dinge, die Fin-Kedinn erwähnt hatte.
    »Wenn du am Leben bleibst, ist die Sache damit nicht etwa ausgestanden … früher oder später kommen dich die Seelenesser holen … Du kannst davonlaufen oder kämpfen. Man hat immer eine Wahl …«
    Schreckliche Bilder trieben wie wirbelnde Flocken im Schneesturm an seinem geistigen Auge vorbei. Die mordlüsternen Augen des Bären. Die Seelenesser, wie flüchtige Schatten in einem bösen Traum. Fas Gesicht, als er im Sterben lag.
    Um sie zu verscheuchen, stand er auf und ging langsam auf und ab. Er zwang sich nachzudenken.
    Er hatte keine Ahnung, was er morgen tun sollte, aber er wusste, dass Fin-Kedinn Recht hatte. Wenn er gegen den Bären bestehen wollte, musste er seinen Verstand einsetzen. Der Weltgeist würde ihm nur helfen, wenn er sich selbst zu helfen wusste.
    Noch einmal ging er die Worte der Weissagung durch. » Der Lauscher kämpft mit Luft und spricht mit Stille … Der Lauscher kämpft mit Luft … «
    Ein Einfall begann wie ein Funke in ihm zu schwelen.

Kapitel 30

    TORAKS FINGER zitterten so heftig, dass er kaum den Pfropfen aus seinem Medizinhorn herausbekam.
    Warum hatte er damit auch bis zum letzten Moment gewartet? Wolf strich ruhelos vor der Hütte auf und ab, die Raben warteten darauf, ihn zu verabschieden, und der verflixte Pfropfen wollte einfach nicht…
    »Soll ich dir helfen?«, fragte Renn. Sie stand mit bleichem Gesicht und traurigem Blick im Eingang.
    Torak reichte ihr das Medizinhorn und sie zog den schwarzen Eichenpfropfen mit den Zähnen heraus. »Wozu brauchst du das?«, fragte sie, als sie es ihm zurückgab.
    Er wich ihrem Blick aus. »Für Todeszeichen.«
    Sie erschrak sichtlich. »Wie bei dem Mann im

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