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Chronik der Nähe

Chronik der Nähe

Titel: Chronik der Nähe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Pehnt
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der Sommer ist lang.
    â€“ Und wie heißt er nun, oder ist es inzwischen ein anderer.
    â€“ Du weißt genau, wie er heißt.
    â€“ Würd ich dann fragen.
    Liebhaber kamen und wollten, sollten dich kennenlernen, euch
kennenlernen. Da saßen sie und mühten sich und waren belesen und höflich, aber
zu zottelig der eine, zu unsichtbar der andere, zu ungeschickt der Dritte,
nicht ganz der Richtige, irgendwie schmalbrüstig, zu unentschlossen, es stimmte
ja sogar.
    Dann war ich verliebt, nicht in den Richtigen, das wusstest du, das
wusste ich, und doch hast du mich verliebt sein lassen, hast mir freundlich
zugeschaut beim Verliebtsein, und obwohl es eine unglückliche, lahme und völlig
hilflose Liebe war, hast du Partei ergriffen für diese Liebe. Ich hatte mich
mit ihm verabredet zum Reden und Biertrinken, natürlich nur Reden, aber dafür
Reden bis zur Besoffenheit, alles andere ging nicht. Wollte er nicht, ich
schon, aber er nicht, kam gar nicht darauf, aber zum Reden wollten wir uns in
der Kneipe treffen.
    Die Bahn fiel an dem Abend aus, ich hatte mich doch extra schön
gemacht, so wie ich mich schön fand, ganz in Schwarz. Rede schön, streng und
klug. Ich kam zurück von der Bahn, die einfach ausgefallen war, viel zu spät
dran.
    â€“ Der wartet ja nicht, der ist sicher schon auf und davon, der – der
kann ja auch mit anderen reden.
    â€“ Na komm, hast du gesagt und mich angeschaut, als wolltest du
meinen Schönheitsversuch, Liebesversuch umarmen, komm, fahr mit dem Taxi, ich
zahl es dir, und hast mir einen Fünfzigmarkschein in die Hand gedrückt und
meinen Dank abgewehrt und spitzbübisch gegrinst.
    â€“ Fahr schnell, der ist sicher noch da, und dann mal sehen, was
passiert.
    Es passierte das, was geplant war, Reden und Biertrinken, Reden bis
zum Herzklopfen, vielleicht die Ellbogen mal sich berühren lassen, vielleicht die
Beine, die Füße, auch mal die Finger streifen lassen beim Biertrinken, dann war
er weg, ich allein mit den Worten im Kopf und dem Ellbogengefühl. Die Bahn
zurück, denn die fuhr wieder, und du, du warst schon im Bett: dein größtes
Geschenk.
    Aber dann kam der Richtige, und du sagtest: Das ist der Richtige. Du
wusstest es, mit mir zusammen so erleichtert.
    â€“ Glaub mir, ich kenn mich da aus. Bei mir war es genauso. Erst all
die Jungs, dann der Richtige, wirklich der Richtige.
    â€“ Ich dachte ja schon, es gibt ihn nicht.
    Aber es gab ihn, sehr wirklich stand er da mit seinem Wuschelkopf,
der ging nicht wieder weg, und das war gut so, promoviert ist er auch. Fast. Er
wollte mich haben, und schnell hat er gemerkt, dass er dafür dich brauchte.
Allein machte er sich auf zu dir, zu euch, ausgerüstet mit heftiger
Begeisterung für mich, das war ansteckend, und er bestand alle Tests. Er konnte
zuhören, Fragen stellen, Thesen formulieren, er kannte Filme und einige Bücher,
nicht alle, verschiedene Unis, wichtige Bauwerke, er trug Cordhosen wie ein
junger Lehrer, er hatte ein Auskommen und Einkommen und Reisepläne, er war es
eben, er war nicht so dünn wie der eine und nicht so wild wie der andere und
doch ein eigener Kopf, schelmisch und höflich, Bilanz: hochwillkommen, den, sagtest
du, hättest du dir auch ausgesucht.
    Später machte er auch mal Fehler, die eine oder andere Flasche Wein
zu viel, einmal redete er dich an die Wand, bis du verstummtest, warum will er
so viele Kinder, das solltet ihr euch gut überlegen, ein Kind verändert alles,
aber doch, eigentlich und im Prinzip, es bleibt dabei, das ist der Richtige,
sagte ich und sagtest du, nach all den Luschen, Schluppis, Schlaffis, was hast
du dir da immer ausgesucht, was für Typen, die waren doch alle nichts für dich.
    â€“ Moment, Mama, das lassen wir, das will ich nicht hören.
    â€“ Aber jetzt kann man das doch sagen, wo du den Richtigen hast.
    â€“ Hast du das etwa damals gedacht. Warum hast du nichts gesagt.
    â€“ Nichts habe ich gedacht, ich wollte nur, dass du gut aufgehoben
bist, das ist wichtig, einen Mann zu haben, der auf dich aufpasst, verstehst
du.
    Der Richtige stellte mir Blumen vor die Tür meiner WG und band mir Rosen an den Fahrradlenker und ließ nicht
ab. Im Aufpassen war er gut, er passte auf dich gleich mit auf, und das gefiel
dir, das durfte er und ich nicht. Er holte dir eine Jacke, wenn im Garten die
Abendkühle um die Liegestühle wehte, er brachte dir Sprudel ohne

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