Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Prügelei in der großen Halle. Ich hätte es locker mit dreien von ihnen aufnehmen können. Es wäre nicht das erste Mal gewesen, denn die hatten es schon auf mich abgesehen, seit ich acht Jahre alt war. Aber Fox kam mir beherzt zu Hilfe. Eili sah dem Treiben eine ganze Weile zu, rollte mit den Augen und seufzte demonstrativ. Dann stürzte auch sie sich ins Gemenge, um der Rauferei ein Ende zu bereiten. Zu diesem Zeitpunkt kniete ich gerade auf dem Hals eines der Raufbolde und dachte für einen Moment daran, einfach zuzudrücken und ihm die Luftröhre zu zerquetschen. Dies wäre eine Mahnung an alle gewesen, die ähnlich vergiftete Gedanken hegten wie er. Aber das war es mir nicht wert. Wenn sie schlecht von mir denken wollten, würden sie es auch tun, und in der Hölle hätten sie noch genug Zeit, es zu bereuen. Außerdem hätte mein Bruder mich dafür umgebracht, sobald er genesen wäre.
Catriona beobachtete den Kampf mit schreckgeweiteten Augen. Auch Leonora war anwesend und lächelte, ohne sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen.
Sinead hätte natürlich niemals schlecht über mich oder Conal gedacht. Sie kehrte eine Woche, nachdem Conal, Catriona und ich eingetroffen waren, in die Festung zurück. Sie hatte die Ländereien bereist und die Zölle in Form von Getreide und Fleisch eingetrieben. Diese Besteuerung war viel gnädiger als der Zehnt, den Conal und ich an den MacLeod hatten abtreten müssen. Aber ich konnte ihm mittlerweile nicht mal mehr die Hungerwinter nachtragen. Die Hauptleute schätzten Sinead für ihre unkomplizierte Art und ihre Schießkünste. Als sie zurückkam, hatte sie eine Wagenladung voller Getreidesäcke dabei, die sie den Verwünschungen ihres Hauptmanns zum Trotz gut eine halbe Meile vor der Festung einfach stehen ließ. Sie galoppierte durch die Tore in die Festung, sprang vom Pferd und direkt in meine Arme. Lachend wirbelte ich sie im Kreis herum.
„Ich hab die Geschichte gehört“, sagte sie kurz darauf zu mir. „Du musst mir alles erzählen, jede Kleinigkeit. Aber nicht jetzt. Wie geht es Conal?“
„Er erholt sich langsam“, sagte ich. „Sie haben ihn mit einem Messer malträtiert, er hat eine Menge Blut verloren. Und sie haben ihn geschlagen und an Stellen verletzt, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann. Das macht es nicht eben leichter für die Heiler. Wusstest du, dass da auch ein Lammyr seine Finger mit im Spiel hatte?“
„Hat man mir erzählt.“ Sie schüttelte sich. „Wie lange hatte er Conal in seiner Gewalt?“
„Etwa eine Woche“, sagte ich achselzuckend.
„Götter! Und dann ist er noch am Leben?“
„Das war pures Glück“, sagte ich grimmig. „Der Lammyr hatte offensichtlich zu vie l … zu viel Spaß mit ihm, um ihn gleich zu t…“
„Es tut mir leid“, unterbrach sie mich und drückte meine Hand. Ich starrte in die Ecke, wo die Rüstkammer an die Stallwand grenzte und wo niemand stand, der meine Wuttränen sehen konnte. „Es tut mir wirklich leid“, sagte sie noch einmal. „Ich sollte eigentlich nicht fragen, nicht jetzt, aber ich muss. Was ist denn mi t … Götter, ist das das vollsterbliche Mädchen?“
Ich drehte mich um und war froh über den Themenwechsel. Catriona war gerade aus Conals Zimmer gekommen und atmete im Burghof frische Luft. Sie war immer noch sehr menschenscheu, und da sie gerade ein kastanienbraunes Pferd erblickt hatte, das am Stall angebunden war, schlenderte sie zu ihm und strich ihm über die Ohren, die Nüstern, den Hals. Das Pferd wieherte genüsslich und stupste ihren stoppeligen Schädel an. Mit Pferden konnte sie offenbar gut umgehen.
Aber sie sah furchtbar aus. Sie verbrachte so viel Zeit in Conals Krankenzimmer und war jede Minute damit beschäftigt, den verwundeten Körper eines anderen zu heilen und zusammenzuflicken, und ihr eigener Körper hatte noch nicht einmal angefangen zu heilen. Sie hat wirklich mehr als genug durchlitten, dachte ich. Sie brauchte dringend den Anblick des Himmels über sich und den Nordwind, der ihr in die Haut stach, damit sie einen klaren Kopf bekam. Sie brauchte Sonne, die die blasse Kerkerfarbe aus ihrem Gesicht vertrieb. Es war nicht ihre Schuld, dass sie so aussah.
Ich öffnete den Mund, um ein gutes Wort für sie einzulegen, aber ich kam nicht dazu.
„Was zur Hölle habt ihr euch bloß dabei gedacht?“, rief Sinead empört.
Noch nie hatte sie mich so angefahren. Mir klappte vor Erstaunen die Kinnlade herunter, ich brachte kein Wort heraus.
„Ist denn
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