Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
Wandlung wie ich, denn anders als sonst kam ihnen keine zynische Bemerkung über die Lippen. Als ich mich vom ersten Schrecken erholt hatte, schnalzte ich seufzend mit der Zunge und den Zügeln, um mein Pferd zu wenden. Es war mein treuester Begleiter, und von dem Moment an, da es auf meinen ersten Ruf reagiert hatte und zu mir gekommen war, war es um mich geschehen gewesen. Ich wollte mehr Zeit mit diesem Tier verbringen, wollte es kennenlernen, wollte, dass es mich kennenlernte. Das Letzte, was ich jetzt gebrauchen konnte, war das vollsterbliche Mädchen an meinen Hacken.
„Sag ihr doch, sie soll mit auf die Jagd kommen“, schlug Fox vor.
Ich spuckte auf den Boden. „Du bist wohl verrückt geworden. Die macht uns doch nur Ärger.“
Fraser pfiff durch die Zähne. Seine Jagdhündin ließ augenblicklich davon ab, Branndairs Hinterteil zu beschnuppern, und kam angelaufen. Branndair gab ein lustvolles Knurren von sich, und als ich ihn rief und er angetrottet kam, hätte ich schwören können, ein Grinsen auf seinem Wolfsgesicht zu sehen.
„Dein Wolf ist genauso ein Schwerenöter wie du“, sagte Fraser lachend mit einer Kopfbewegung in Richtung Catriona.
„Du verdammte r …“ Ich war so zornig, dass mir keine Schimpfwörter mehr einfielen. „Fang du nicht auch noch an! Was sollte ich denn von ihr wollen? Schau sie dir doch mal an!“
„Was denn, so wie du?“ Er musterte sie, scheinbar interessiert. „Ach ja, könnte gehen. Irgendwann mal.“
Am liebsten hätte ich ihm das schiefe Grinsen mit meiner Faust gerade gerichtet. Aber stattdessen starrte ich ihn nur schweigend an und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Fraser hielt meinem Blick stand.
„Lass sie in Frieden“, sagte ich ungewollt bösartig und fügte daher beschwichtigend hinzu: „Zumindest fürs Erste. Das Mädchen hat viel durchgemacht. Es reicht erst mal.“
Fox warf mir einen Blick zu, der mir die Kopfhaut kribbeln ließ. Ich brummte meinem Pferd einen Befehl zu und es fiel aus dem Stand heraus in einen leichten Galopp. Gemeinsam ritten wir durch das Festungstor hinaus, das für uns weit aufgeschwungen wurde.
Ich freute mich auf die Jagd. Schon lange hatte es mich nicht mehr so in den Fingern gejuckt, etwas zu töten.
27. Kapitel
W as zum Teufel ist denn so komisch?“ Carney sah mich lauernd an.
„Was?“
„Wisch dir das dämliche Grinsen aus dem Gesicht, du abgebrochener Meter.“ Wenigstens nannte er mich nicht mehr Grünschnabel und ich würde über seinen neuen Spitznamen keinen Streit anfangen. Anders als Craig war Carney mein Freund, wir mochten uns. Das sah man uns zwar nicht immer an, aber es war so.
Auch wenn es angesichts seiner wutverzerrten Grimasse im Moment schwer zu glauben war. „Hab ich mich schon mal über dich lustig gemacht?“, fuhr er mich an.
Das saß. Mein dämliches Grinsen war mir vergangen. Um ehrlich zu sein, hatte ich noch nicht einmal bemerkt, dass ich ihm ins Gesicht gelacht hatte. Ich nahm die stumpfe Seite meines Schwerts von seinem Hals und ließ ihn aufstehen.
Der Himmel war eine blassblaue Kuppel, unter der wir uns schwitzend gegenüberstanden. Ich lag mit sechs zu eins Runden in Führung und fragte mich, wann Carney vor Wut platzen würde. Dass die Wärme der Sonne ein paar Zuschauer angelockt hatte, von denen einige Carney ausbuhten, machte die Sache nicht gerade leichter für ihn. Aber das hatte er sich größtenteils selbst zuzuschreiben. Die meisten der Umstehenden waren bei Carney in die Lehre gegangen und sie alle hatten schon die flache Seite seines Schwerts auf ihrem Hintern gespür t – oder speziell die Männer einen Schlag mit dem Stock zwischen die Beine kassiert. Mir würde das ganz sicher nicht noch mal passieren.
Mann, war ich gut! Ich grinste wieder, ich konnte einfach nicht anders.
„Es ist wegen ihr, hab ich Recht?“ Carney deutete mit dem Kopf hinter sich. „Wegen ihr prahlst du hier so rum, stimmt’s?“
Ich folgte seinem Blick und sah Catriona lächelnd am Zaun stehen. Natürlich hatte ich gewusst, dass sie da war. Ich hatte es nur vergessen. Also, fast jedenfalls. Es war mir ja eigentlich auch völlig egal. Mein Grinsen verflog.
Sie hatte sich inzwischen an ihr neues Äußeres gewöhnt. Niemand zwickte ihr in den Hintern, niemand pfiff ihr hinterher, niemand machte sich über sie lustig. Und endlich hatte sie aufgehört, von Schatten zu Schatten zu huschen, mit geröteten Wangen auf den Boden zu starren und die Hände vor ihrem Unterleib zu verknoten.
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