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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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weil er der Meinung ist, meiner Familie etwas schuldig zu sein. Mehr wird er keinesfalls tun.«
    »Versuch es trotzdem!«, bat Andrej.
    »Andrej, ich …« Corinna stockte und beugte sich vor, bis ihre Stirn fast das farbige Glas vor ihrem Gesicht berührte. »Wie es aussieht, kannst du ihn gleich selbst fragen.«

Kapitel 19
    Andrej sah auf den Kanal hinab, wo gleich zwei Boote über den breiten Wasserlauf auf den Palazzo zusteuerten, wobei sie sich wenig um die Tatsache scherten, dass sie etliche Gondoliere zu hektischen Ausweichmanövern zwangen, als sie rücksichtslos ihren Kurs schnitten.
    Andrej fragte sich, wie Corinna den Signori eigentlich erkannt haben wollte. Selbst seine überaus scharfen Augen sahen durch das Glas nur Schemen. Vielleicht war es die Rücksichtslosigkeit, mit der die beiden Boote herankamen, gewesen. Andrej jedenfalls verriet sie viel über den Charakter des Mannes.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte er.
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Corinna. Sie klang besorgt. »Aber vermutlich nichts Gutes. Komm!« Hastig wandte sie sich vom Fenster ab und ging zur Tür. Der alte Mann in seinem Lehnstuhl hob den Kopf. »Corinna. Warum stellst du mir deinen Besuch nicht vor? Das ist nicht sehr höflich von dir. So haben wir dich nicht erzogen.«
    Corinna eilte wortlos an ihm vorbei und in die große Halle hinaus, blieb dann aber nach zwei Schritten wie angewurzelt stehen und drehte sich zu Andrej herum. »Diese Geschichte gefällt mir nicht«, sagte sie. »Vielleicht ist es besser, wenn ich erst einmal allein mit ihm spreche. Geh nach oben in mein Zimmer und warte dort auf mich.«
    »Soll ich so lange mit dem Puppenhaus spielen?«
    »Ich meine es ernst.« Corinnas Stimme klang jetzt scharf. Sie war es nicht gewohnt, Widerspruch zu hören. »Rezzori kommt nicht ohne Grund hierher, und schon gar nicht mit so vielen Signori. Lass mich mit ihm reden!«
    »Wer zum Teufel ist dieser Kerl eigentlich?«, fragte Andrej. »Und wer sind diese Signori?«
    »Die Signori di Notte?«, fragte Corinna und schüttelte heftig den Kopf »Glaub mir, das willst du nicht wissen.« Sie schien noch mehr sagen zu wollen, fuhr dann aber in jetzt fast flehendem Ton fort: »Vielleicht ist es besser, wenn er dich nicht sofort sieht. Ich möchte nicht, dass sich mein Vater unnötig aufregt.«
    Ihr Vater, dachte Andrej, würde Rezzori mit großer Sicherheit nicht einmal erkennen. Aber er sah Corinna an, dass ihre Nervosität nicht nur gespielt war. Sie hatte Angst, und es gelang ihr nicht mehr, sie zu überspielen.
    Zumindest in diesem Punkt hatte sie die Wahrheit gesagt: Rezzori war nicht ihr Freund. Daher wandte er sich um und lief mit schnellen Schritten die Treppe hinauf, ging aber nicht in das Zimmer am Ende der langen Galerie, sondern blieb hinter einer der großen Marmorsäulen stehen, sodass er den größten Teil der Halle überblicken konnte, ohne selbst sofort gesehen zu werden.
    Corinna redete mit ihren beiden Leibwächtern. Er konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber der Grauhaarige wirkte angespannt. Seine Hand lag auf dem Schwertgriff. Es vergingen nur wenige Augenblicke, bis an der großen Tür geklopft wurde – oder eher, dachte Andrej beunruhigt, bis mit Fäusten gegen die Tür gehämmert wurde, und zwar mit sehr wenig Geduld. Corinna nickte dem anderen Mann zu, der die Tür öffnete, gerade als zum zweiten Mal und noch ungeduldiger dagegengeschlagen wurde.
    Die Tür flog so wuchtig auf, dass der Mann zurückstolperte und um ein Haar das Gleichgewicht verloren hätte. Rezzori würdigte ihn keines Blickes, sondern stürmte an ihm vorbei mit zornigen Schritten auf Corinna zu. Er sah aus, als wollte er sie augenblicklich packen und wegschleifen. Hinter ihm drängte noch ein knappes Dutzend weiterer Bewaffneter herein, und draußen vor dem Palazzo standen, wie Andrej erkennen konnte, noch mehr Männer. Rezzori war ganz offensichtlich nicht zu einem Freundschaftsbesuch gekommen – es sei denn, es gehörte in dieser Stadt zum guten Ton, eine kleine Armee zu einem solchen mitzubringen.
    »Signore Rez …«, begann Corinna, und Rezzori fiel ihr in schneidendem Ton ins Wort: »Wo ist er?« Gleichzeitig traten je zwei seiner Männer hinter Corinnas Beschützer, während der Rest der Männer in der großen Halle ausströmte, und das so schnell und präzise, dass Andrej nicht anders konnte, als ihrer militärischen Disziplin Anerkennung zu zollen.
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht genau, wovon –«, begann

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