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Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod

Titel: Chronik der Unsterblichen - 12 - Der schwarze Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wlofgang Hohlbein
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ich?«
    Statt direkt zu antworten, zupfte Andrej spielerisch an ihrem Dekolleté. »Dein Unterkleid ist aus Seide, nicht wahr? Ist sie von guter Qualität?«
    »Das will ich hoffen«, antwortete sie verwirrt. »Jedenfalls war sie teuer genug. Warum?«
    »Solltest du jemals in die Verlegenheit geraten, um dein Leben kämpfen zu müssen, mach es nass«, antwortete er. »Nasse Seide hält sogar einer Messerklinge stand … mit ein bisschen Glück. Und wenn sie nicht gerade von jemandem wie Abu Dun geschwungen wird.«
    Corinna sah nach wie vor wenig überzeugt aus, aber sie bohrte nicht weiter, sondern streifte nur ihrerseits ihren Mantel über und folgte ihm zur Tür und aus dem Zimmer. Andrej warf einen raschen Blick in die benachbarte Kammer, deren Tür weit offen stand, stellte aber nur fest, dass sie ebenso leer wie in chaotischer Unordnung war. Vermutlich war Abu Dun schon seit Langem unten und tat sein Möglichstes, um die Vorräte der Wirtsleute zu vertilgen. So schnell, dass Corinna ihm kaum folgen konnte, eilte er die steile Treppe hinab, fand sich in einer leeren Gaststube wieder und steuerte die offen stehende Tür zur Küche an.
    Von Abu Dun war auch hier keine Spur. Nur die Wirtin stand am Herd und rührte in einer eisernen Pfanne. Andrej konnte nicht erkennen, was sie enthielt, aber der Geruch erinnerte ihn an den Geschmack dessen, was hier im Allgemeinen kredenzt wurde.
    »Euer Freund ist nicht hier«, sagte sie, ohne ihr alchemistisches Experiment zu unterbrechen oder sich gar zu ihm umzudrehen. »Er ist schon vor Stunden fortgegangen.«
    Corinna erschien hinter ihm in der Tür, und die Wirtin musste wohl das Eintreten einer weiteren Person gespürt haben, denn sie wandte sich nun doch um, und eine steile Falte erschien auf ihrer Stirn, die jedes weitere Wort überflüssig werden ließ.
    »Hat er gesagt, wohin er geht?«, fragte Andrej rasch.
    Die Wirtin schüttelte den Kopf, ohne Corinna aus den Augen zu lassen. »Er hat nur nach den Muschelfischern gefragt.«
    »Und wo finde ich die?« Andrej fragte sich, warum er eigentlich überrascht war. Schließlich kannte er Abu Dun lange genug.
    »Es gibt kein …« Sie suchte einen Moment nach dem richtigen Wort. »… Muschelfischerviertel, wenn Ihr das meint«, sagte sie schließlich. »Und jetzt im Winter sind viele von ihnen ohnehin nicht in der Stadt. Es ist zu kalt, um aufs Wasser hinauszufahren. Das habe ich ihm gesagt, und daraufhin ist er gegangen. Ich weiß nicht, wohin.«
    »Vielleicht kann ich es ja herausfinden«, schlug Corinna vor.
    »Ja, darauf wette ich«, sagte die Wirtin spitz. »Ich nehme an, Ihr kennt eine Menge Männer in der Stadt.«
    Corinna sah leicht verdutzt aus, revanchierte sich aber zu Andreis Erleichterung nicht mit einer ähnlich scharfen Bemerkung, sondern zuckte nur mit den Achseln und wandte sich um. »Ich warte dann draußen auf dich.«
    Andrej sah ihr nach, bis sie die Gaststube verlassen hatte, suchte vergeblich nach einem versöhnlichen Wort und wollte dann mit einem stummen Nicken gehen.
    »Auf ein Wort, Signore Andrej«, bat die Wirtin.
    Andrej blieb stehen und sah sie immer noch schweigend an.
    »Die Signorina«, begann die Frau unsicher, »sie hat hier übernachtet.«
    »Das ist richtig«, bestätigte Andrej. »Wenn es um die Kammer geht, in der Abu Dun geschlafen hat, ich zahle selbstverständlich dafür.«
    »Sie stand ohnehin leer, und das spielt gar keine Rolle. Aber dieses Signorina … sie passt nicht hierher. Ich möchte nicht, dass sie wiederkommt.«
    Statt auszusprechen, was ihm auf der Zunge lag, fragte Andrej nur: »Warum? Weil sie das ist, was sie ist?«
    »Eine Dirne? Das interessiert mich nicht. Aber sie … sie passt nicht hierher. Nicht zu uns. Sie bringt Unruhe in mein Haus. Die anderen Gäste reden schon.«
    »Worüber?«
    »So feine Herrschaften und einfache Leute wie wir, das geht nicht zusammen. Ich kann Euch verstehen, denn sie ist ein wirklich hübsches Ding, und Ihr seid ein Mann in den besten Jahren, aber ich will Euch trotzdem bitten, sie nicht noch einmal mitzubringen.«
    »Ganz wie Ihr wünscht«, antwortete Andrej steif, nickte ihr kühl zu und beeilte sich nun, Corinna nach draußen zu folgen.
    Ihm war, als wäre es über Nacht noch einmal kälter geworden, was aber wohl eher an den klammen Kleidern liegen mochte, die er trug. Corinna wartete am Ende der kurzen Straße auf ihn, sah aber nicht in seine Richtung, sondern betrachtete mit geneigtem Kopf scheinbar konzentriert die Fassaden der

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