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Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir

Titel: Chronik der Vampire 01 - Interview mit einem Vampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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sie hielten, loszureißen. Nun, es zog mich magisch näher, nichts hätte mich zurückhalten können. Ich schwöre Ihnen, es war das erste und letzte Mal, daß ich in meinem Leben so etwas getan habe. Sie müssen mir glauben, was ich jetzt erzähle: In dem erbrochenen Sarg lag die tote junge Frau, und ich sage Ihnen… ich sage Ihnen, sie war frisch und rosig.‹ Die Stimme des Engländers überschlug sich, und er saß da, die Augen aufgerissen und die Hand erhoben, als wolle er mich beschwören, ihm ja zu glauben. ›So rosig, wie wenn sie lebte! Seit sechs Monaten begraben! Das Bahrtuch zurückgeworfen, und ihre Hände lagen auf der Brust, als schliefe sie!‹
    Er seufzte, ließ die Hand sinken und schüttelte den Kopf. ›Ich schwöre es Ihnen!‹ wiederholte er. ›Der Bursche, der in das Grab gestiegen war, beugte sich nieder und hob die Hand der Toten auf, und der Arm bewegte sich so mühelos wie mein Arm! Und er hielt den Arm hoch, als ob er sich ihre Fingernägel besähe. Und dann schrie er; und diese Frau am Grab stieß mit den Füßen nach den Burschen und in den Erdhaufen, so daß die Erde hinunter auf das Gesicht und die Haare der Toten fiel. Ach, sie war schön, die tote Frau, Sie hätten sie sehen müssen; und was sie dann taten…‹
    ›Sagen Sie es mir!‹ flüsterte ich, doch ich wußte es, bevor er es aussprach.
    ›Ach, was wissen wir von diesen Dingen, wenn wir es nicht mit eigenen Augen gesehen haben!‹ Er sah mich an und hob die Augenbrauen, als ob er mir gerade ein schreckliches Geheimnis anvertraue. › Wir haben keine Ahnung.‹
    ›Nein, das haben wir nicht‹, sagte ich.
    ›Ich werde Ihnen erzählen, was sie taten. Sie brachten einen Stab, einen zugespitzten Holzstab, und der Bursche im Grab nahm einen Hammer und den Stab und stieß ihn der Toten in die Brust! Ich traute meinen Augen nicht! Ich stand wie angewurzelt; ich hätte mich nicht rühren können, ich versichere es Ihnen, selbst wenn ich es gewollt hätte. Und dann schwang dieser Kerl, dieses Untier, seinen Spaten und stieß ihn ihr in die Kehle. Der Kopf war ab, im Nu!‹ Er schloß die Augen und wandte das Gesicht ab.
    Ich blickte ihn an, ohne ihn zu sehen; ich sah die junge Frau in ihrem Grab vor mir mit dem abgetrennten Kopf und fühlte den heftigsten Abscheu in mir aufsteigen; meine Kehle war wie zugeschnürt, und ich konnte kaum atmen. Dann spürte ich Claudias Lippen an meinem Puls - sie war unbemerkt ins Zimmer gekommen, und nun starrte sie Morgan an.
    ›Und das wollten sie auch mit ihr machen!‹ sagte er mit wild rollenden Augen. ›Mit Emily! Aber ich ließ es nicht zu.‹ Er schüttelte entschlossen den Kopf. ›Ich ließ es nicht zu‹, wiederholte er. ›Sie müssen mir helfen, Louis!‹ Seine Lippen zitterten, und sein Gesicht war so von seiner Verzweiflung entstellt, daß ich erschrak. ›In unseren Adern fließt gleiches Blut‹, sagte er. ›Ich meine, Franzose oder Engländer - wir sind kultivierte Menschen, Louis! Und das sind Barbaren.‹
    ›Beruhigen Sie sich, Morgan‹, sagte ich und ergriff seine Hand. ›Erzählen Sie, was weiter geschah. Mit Ihnen und Emily…‹
    Er tastete nach seiner Flasche; ich nahm sie ihm aus der Tasche und reichte sie ihm, und er schraubte die Kappe ab. ›Sie sind ein guter Mensch, Louis, ein wahrer Freund!‹ sagte er emphatisch. ›Sehen Sie, ich brachte Emily weg, so rasch wie möglich. Sie wollten die Leiche an Ort und Stelle verbrennen, dort auf dem Friedhof; und Emily sollte es nicht sehen, nicht, solange ich…‹ Er schüttelte den Kopf. ›Aber es war kein Wagen aufzutreiben, mit dem wir dieses verfluchte Nest hätten verlassen können, nicht für Geld und gute Worte.‹
    ›Aber wie hat man es Ihnen erklärt?‹ fragte ich.
    ›Vampire!‹ stieß er hervor und verschüttete den Whisky auf seiner Hand. ›Vampire, Louis, ob Sie es glauben oder nicht.‹ Und er zeigte mit der Flasche zur Tür. ›Eine Horde von Vampiren! Und immer dieses Geflüster, wie wenn der leibhaftige Satan vor der Tür stünde und zuhörte. Sie haben versucht, dem Einhalt zu gebieten, auf ihre Weise. Jene unglückliche Frau auf dem Friedhof - sie haben verhindert, daß sie nachts aus dem Grabe kam und uns alle heimsuchten Er setzte die Flasche an die Lippen. ›O Gott!‹ stöhnte er.
    Ich sah zu, wie er trank, und wartete geduldig.
    ›Und Emily…‹, fuhr er fort, ›sie fand es faszinierend. Draußen das Feuer, und im Wirtshaus ein anständiges Essen und ein gutes Glas Wein. Sie hatte ja die

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