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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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mit Roget nach Belieben schalten und walten durfte.
    Ehe ich Eleni an diesem Abend verließ, fragte ich sie, was sie über Armand wisse. Gabrielle war bei uns. Wir waren wieder in der Gasse hinter dem Bühneneingang.
    »Er liegt auf der Lauer«, antwortete Eleni. »Manchmal läßt er sich blicken.« Ihr sorgenvoller Gesichtsausdruck verwirrte mich. »Aber Gott allein weiß, was er tun wird«, fügte sie verängstigt hinzu, »wenn er entdeckt, was hier wirklich vor sich geht.«

 
     
Teil 5
Der Vampire Armand

1
    Frühlingsregen. Regen aus Licht, der in den Straßen jedes neue Blatt an den Bäumen tränkte und das Pflaster erglänzen ließ, Regengüsse, die selbst die Dunkelheit mit Licht durchwoben.
    Und ein Ball im Palais Royal.
    Der König und die Königin waren anwesend. Gerede in den Schatten flüsterte man über dunkle Machenschaften und Intrigen. Wen kümmert’s? Königreiche steigen auf und gehen unter. Verbrennt nur nicht die Gemälde im Louvre. Das ist alles.
    Wieder einsam in einem Meer von Sterblichen; blühende Gesichter und rosige Wangen, auf den Köpfen der Damen Wälle gepuderten Haares, durchsetzt von allem möglichen Modeschnickschnack wie kleinen Dreimastern, Bäumchen, Vögelchen. Landschaften aus Perlen und Bändern. Männer wie Gockel in ausladenden Satinmänteln. Das Diamantgefunkel tat meinen Augen weh.
    Und draußen, vor den geöffneten Portalen, der Regen.
    Der Geruch der Menschen schürte allmählich meinen Hunger. Weiße Schultern, weiße Hälse, der ewige Rhythmus kräftig schlagender Herzen, nackte Kinder in Reichtum gehüllt, Wilde unter kostbarer Kleidung, Masken wie Wundschorf um ihre Augen.
    Einem Körper entströmt Luft und dringt in den nächsten. Und Musik? Geht sie zu einem Ohr raus und zu einem anderen wieder rein, wie man so sagt? Wir atmen das Licht, wir atmen die Musik, wir atmen den Augenblick, der uns durchdringt.
    Ab und zu ruhten ein paar verwirrte Blicke auf mir. Meine weiße Haut irritierte sie, aber sie ließen sich doch selbst zur Ader, um ihre vornehme Blässe zu wahren. (Darf ich die Schale halten und sie später austrinken?) Und was waren meine Augen schon in diesem Meer von Juwelen?
    Doch ihr Getuschel umschlängelte mich. Und diese Gerüche, ah, keiner gleich dem anderen. Und so klar, als würden sie es laut aussprechen, vermittelten mir einige Sterbliche den Wunsch, sich mir hinzugeben, als ahnten sie, welcher Mächte Kind ich sei.
    Sie schienen von Todessehnsucht erfüllt, während der Tod durch den Saal schritt. Aber wußten sie wirklich Bescheid? Natürlich nicht. Und ich auch nicht! Das war das vollkommene Grauen! Wer gab mir das Recht, dieses Geheimnis zu tragen, diese schlanke Frau dort drüben zu begehren, um ihr das Blut aus ihren runden, fleischigen Brüsten zu saugen?
    Die Musik plätscherte weiter, Menschenmusik. Die Farben des Saals flammten einen Moment lang auf, als würde die ganze Welt zerschmelzen. Mein Hunger nahm bedrohliche Ausmaße an, war kein bloßer Gedanke mehr, hämmerte in meinen Adern. Irgend jemand würde sterben, leergesaugt in Null Komma nichts.
    Unerträglich die Vorstellung, daß es über kurz oder lang passieren würde - meine Finger am Hals, die das Blut in der Ader, das nachgiebige Fleisch spüren würden, und nur noch ein Gedanke, gib es min Das ist mein Leib, das ist mein Blut.
    Gebrauche deine Macht, Lestat, wie die Zunge eines Reptils, um blitzartig ein geeignetes Herz zu pflücken.
    Kurze, dicke Arme, bereit, ausgepreßt zu werden, Männer mit wundrasierten Backen, unter denen das Blut schimmert, Muskeln, die sich meinen Fingern zur Wehr setzen: Ihr habt keine Chance!
    Und unter all dem Flitterkram, der Verfall und Tod leugnen sollte, sah ich ihre Gebeine!
    Schädel unter diesen grotesken Perücken, zwei klaffende Löcher, die hinter einem Fächer vorstarrten. Ein Raum voll schwankender Skelette, die nur darauf warteten, daß ihnen die Stunde schlug.
    Ich mußte hier raus. Ich war einem schrecklichen Irrtum aufgesessen. Das war der Tod, und ich konnte ihm entfliehen, wenn ich hier nur wegkäme! Aber ich war in diese sterblichen Wesen verheddert, als sei ich in eine Vampirfalle geraten. Wenn ich einfach Reißaus genommen hätte, wäre eine allgemeine Panik die Folge gewesen. Also schob ich mich so unauffällig wie möglich der offenen Tür entgegen. Und aus meinen Augenwinkeln sah ich, wie er, einem Traumgespinst gleich, hinten an einer Wand lehnte, er, Armand.
    Armand.
    Falls er mir Signale gesandt hatte, so hatte ich

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