Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis
Gesellschaft. Und nachts schlief ich zwischen ihnen.
Die Diener kamen und gingen. Aber sie ließen mich in Ruhe.
Und dann betrat meine Mutter das Zimmer, leise, fast verstohlen.
2
Es war Abend. Ich saß auf meinem Bett, der eine Hund lag neben mir ausgestreckt, der andere unter meinen Knien. Im Kamin knisterte ein Feuer. Und da kam also endlich meine Mutter, was schicklicherweise meinen Erwartungen hätte entsprechen müssen.
Im Halbdunkel hatte ich sie an ihren Bewegungen erkannt, und ich sagte nichts. Jeder andere Mensch, der sich mir zu nähern gewagt hätte, wäre mit einem entschiedenen »Hau ab!« begrüßt worden. Aber sie liebte ich heiß und unerschütterlich; und ich glaube, ich war der einzige in unserer Familie, der für sie so empfand. Sie war mir unter anderem so sehr ans Herz gewachsen, weil sie niemals die gängigen Phrasen drosch: »Mach die Tür zu«, »Iß deine Suppe auf«, »Hampel nicht rum«. Derlei ist nie über ihre Lippen gedrungen. Außerdem las sie unentwegt; ja, sie war die einzige in unserer Familie, die ein wenig gebildet war, und wenn sie sprach, dann nur, wenn sie etwas zu sagen hatte.
Darum störte mich ihre Gegenwart jetzt auch nicht. Im Gegenteil, sie weckte meine Neugierde. Was hatte sie zu sagen, und würde es mich kümmern? Ich hatte sie nicht herbeigesehnt, nicht einmal an sie gedacht, und ich drehte mich nicht um, als sie hereinkam.
Aber wir verstanden uns, innig und ohne Worte. Ich dachte an die beiden Male, als ich versucht hatte abzuhauen und wieder nach Hause zurückgebracht worden war. Damals war sie es gewesen, die mir den Weg aus meinem Kummer gewiesen hatte. Wahre Wunder hatte sie bei mir bewirkt, auch wenn keiner um uns herum das je bemerkt hatte.
Das erste Mal hatte sie sich quergelegt, als ich zwölf gewesen war und der alte Gemeindepfarrer, der mich ein paar lateinische Verse hatte auswendiglernen lassen, den Wunsch äußerte, mich in die nahegelegene Klosterschule zu stecken.
Mein Vater sagte nein, ich könne alles Wissen, das ich brauchte, auch zu Hause erwerben. Da kannte er meine Mutter aber schlecht. Sie tauchte aus ihren Büchern auf und keifte auf ihn ein. Wenn ich diese Schule besuchen wollte, sagte sie, würde ich sie besuchen. Und sie verkaufte etwas von ihrem Schmuck, um das Geld für meine Bücher und die Schuluniform aufzutreiben. Ihre Juwelen hatte sie von ihrer italienischen Großmutter geerbt, und jedes Stück hatte seine eigene Geschichte, und es war ihr bestimmt schwergefallen, etwas davon veräußern zu müssen. Aber sie hat keine Sekunde gezögert.
Mein Vater war spuckewütend und wiederholte starrsinnig, daß er früher, vor seiner Erblindung, seinen Willen schon durchgesetzt hätte. Und meine Brüder versicherten ihm, daß sein jüngster Sohn über kurz oder lang wieder zurücksein werde. Ich würde reumütig in den Schoß der Familie heimkehren, sobald man einmal etwas von mir verlangte, das mir gegen den Strich ginge.
Nun, ich kehrte nicht in den Schoß der Familie zurück. Ich liebte die Klosterschule. Ich liebte die Kapelle und die Hymnen, die Bibliothek mit ihren Tausenden alter Bücher, die Glocken, die den Tag einteilten, die sich ständig wiederholenden Rituale. Ich war begeistert von der Reinlichkeit und dem tadellosen Zustand meiner neuen Umgebung, ich war begeistert, daß in diesem großen Haus und in den Gärten ununterbrochen gearbeitet wurde.
Wenn ich zurechtgewiesen wurde, was nicht oft der Fall war, erfüllte mich das mit unbeschreiblichem Glück, da man zum erstenmal in meinem Leben versuchte, einen guten, lernfähigen Menschen aus mir zu machen.
Schon nach einem Monat war ich bereit, ein Gelübde abzulegen. Ich wollte dem Orden beitreten. Ich wollte den Rest meines Lebens in diesem makellosen Kloster zubringen, in der Bibliothek auf Pergament schreiben und des Lesens alter Bücher kundig werden. Ich wollte für alle Ewigkeit bei Menschen eingekapselt bleiben, die überzeugt waren, ich könne rechtschaffen sein, wenn ich mich nur fest genug darin bemühte.
Ich war beliebt. Allein das war ungewöhnlich genug. Ich machte niemanden unglücklich oder wütend.
Der Vater Superior schrieb meinem Vater sofort, um seine Erlaubnis einzuholen. Ehrlich gesagt, ich dachte, mein Vater würde drei Kreuze schlagen, mich endlich loszuwerden. Aber drei Tage später kamen meine Brüder an, um mich nach Hause zu bringen. Ich heulte und flehte darum, bleiben zu dürfen, aber der Vater Superior konnte nichts machen.
Kaum waren wir
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