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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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im Schloß angekommen, nahmen mir meine Brüder meine Bücher weg und sperrten mich ein. Ich hatte keine Ahnung, warum sie so wütend waren. Es gab da irgendeine Andeutung, ich hätte mich wie ein Idiot benommen. Ich heulte ohne Unterlaß. Ich lief wie ein Tiger im Käfig hin und her, trommelte gegen die Wände und trat gegen die Tür.
    Dann fing mein Bruder Augustin an, mich von Zeit zu Zeit zu besuchen und sich mit mir zu unterhalten. Erst wollte er nicht so recht mit der Sprache heraus, aber schließlich verklickerte er mir, daß es keinem Mitglied einer großen französischen Familie zieme, ein armer Klosterbruder zu werden. Wie habe ich nur alles so völlig mißverstehen können? Man habe mich dort hingeschickt, damit ich lesen und schreiben lernte. Warum müsse ich stets von einem ins andere Extrem fallen? Warum müsse ich mich immer wie ein wildes Tier benehmen?
    Und was eine aussichtsreiche kirchliche Karriere beträfe, nun, ich sei doch der jüngste Sohn unserer Familie, oder etwa nicht? Ich solle doch meine Pflichten meinen Neffen und Nichten gegenüber im Auge behalten.
    In anderen Worten: Wir haben kein Geld, eine Kirchenkarriere für dich zu lancieren, dich zum Bischof oder Kardinal zu machen, wie es unserer gesellschaftlichen Stellung entspräche. Es bleibt dir also nur, weiterhin hier als Analphabet und Bettler dein Dasein zu fristen. Komm bitte runter und spiele Schach mit deinem Vater.
    Nachdem ich das begriffen hatte, ließ ich beim Abendessen die Tränen ungeniert auf den Tisch strömen und murmelte abfällige Äußerungen wie, dieses Haus sei das reinste Chaos, worauf man mich zur Strafe wieder auf mein Zimmer schickte.
    Dann kam meine Mutter. Sie sagte: »Du weißt doch gar nicht, was Chaos bedeutet. Warum nimmst du solche Wörter in den Mund?«
    »Und ob ich es weiß«, sagte ich. Ich schilderte ihr den Schmutz und Verfall, der hier allenthalben herrsche, und wie schön sauber und ordentlich das Kloster gewesen sei, eine Stätte, wo man mit Fleiß und Ausdauer etwas hätte erreichen können.
    Sie widersprach mir nicht. Und trotz meiner Jugend wußte ich, daß sie meine Worte mit Wohlwollen aufnahm.
    Am nächsten Morgen durfte ich sie auf einer Reise begleiten. Nach einem Halbtagesritt erreichten wir das eindrucksvolle Château unseres Nachbarn, und sie rührte mich in Begleitung des Hausherrn zu einem Zwinger, wo ich mir aus einem neuen Wurf zwei kleine Bulldoggen aussuchen durfte. Noch nie hatte ich etwas so Zartes und Liebenswertes wie diese kleinen Bulldoggen gesehen. Und die großen Hunde sahen uns wie verschlafene Löwen an. Einfach herrlich!
    Ich war so aufgeregt, daß ich mich fast außerstande sah, eine Wahl zu treffen. Dann entschied ich mich für ein Männchen und ein Weibchen, die ich in einen Korb setzte und während der ganzen Heimreise auf meinem Schoß hielt.
    Und schon einen Monat später kaufte mir meine Mutter meine erste Steinschloßmuskete und mein erstes eigenes Pferd. Sie hat nie verraten, warum sie all das tat. Aber auf meine eigene Weise verstand ich, was ich ihr zu verdanken hatte. Ich zog die Hunde groß, richtete sie ab und erkor sie zu Stammeltern eines eigenen Zwingers.
    Mit diesen Hunden entwickelte ich mich zu einem Jäger aus echtem Schrot und Korn, und als ich sechzehn war, lebte ich praktisch nur noch draußen.
    Aber zu Hause galt ich mehr denn je als leidige Nervensäge. Kein Mensch wollte mir zuhören, wenn ich von dem jämmerlichen Zustand der Weinberge und Felder sprach und was man dagegen unternehmen sollte. Oder wenn ich darauf hinwies, daß uns die Dienerschaft schamlos bestahl.
    Ich konnte nichts ausrichten. Und allmählich wirkte das trübe Einerlei des Alltagslebens wie ein tödliches Gift auf mich. Jeden Feiertag ging ich zur Kirche, nur um etwas Abwechslung in die Monotonie meines Lebens zu bringen. Und ich ließ keinen Dorfjahrmarkt aus, sog gierig die lächerlichen Darbietungen in mich auf, denn mir war alles recht, was ein wenig Abwechslung bot.
    Es machte mir nichts aus, daß immer wieder dieselben alten Jongleure, Schausteller und Akrobater, auftraten. Das war allemal amüsanter als der ewige Wechsel der Jahreszeiten und das dumme Geschwätz über die ruhmreiche Vergangenheit unseres Geschlechts.
    Aber in dem Jahr, da ich sechzehn geworden war, zog eine italienische Spielmannstruppe mit einem buntbemalten Planwagen durch unser Dorf. Sie entluden den Wagen und bauten eine Bühne auf, so unvorstellbar schön, wie ich sie noch nie gesehen hatte,

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