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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Menschlichen verfallen ist.«
    Sie trat an ihn heran, und nichts erinnerte noch daran, daß sie eine Frau war, und sie blickte ihm mit zusammengekniffenen Augen ins Gesicht.
    »Aber mit dieser Laterne beleuchte ich des Teufels Straße«, sagte sie. »Mit welcher Laterne hast du sie beschritten? Was hast du wirklich gelernt, außer Teufelskult und Aberglauben? Was weißt du über uns und wie wir das wurden, was wir sind? Sag’s uns, und es mag uns was wert sein. Aber andererseits, vielleicht ist es uns auch keinen Pfifferling wert.«
    Er war sprachlos. Seine Künste reichten nicht aus, seine Verblüffung zu verbergen.
    Er starrte sie in unschuldiger Verwirrung an. Dann erhob er sich und stahl sich davon. Er wollte ihr offensichtlich entkommen, ein gebrochener Geist, der stieren Auges vor sich hin blickte.
    Schweigen senkte sich über uns herab. Und ich hatte auf einmal das seltsame Bedürfnis, ihn in Schutz zu nehmen. Sie hatte offen gesagt, was sie interessierte, wie es schon immer ihre Art gewesen war, und wie stets ging sie dabei nicht gerade rücksichtsvoll vor. Sie hatte über das gesprochen, worauf es ihr ankam, ohne sich einen Deut um seine Lage zu scheren.
    Begebe dich auf eine andere Ebene, hatte sie gesagt, auf meine Ebene. Und er war mattgesetzt und gedemütigt. Seine Hilflosigkeit nahm besorgniserregende Ausmaße an. Er erholte sich nicht von ihrer Attacke.
    Er drehte sich um und ging wieder in Richtung Bank, als wollte er sich hinsetzen, dann in Richtung der Sarkophage, dann in Richtung Wand. Es schien, als würden ihn die steinernen Flächen zurückweisen.
    Schließlich stob er aus dem Zimmer in das enge Treppenhaus, drehte sich dann um und kam zurück.
    Seine Gedanken waren in ihm eingeschlossen, oder, schlimmer noch, er war wie leergefegt von Gedanken! Er sah lediglich schwankende Bilder vor sich, schlichte materielle Dinge, die auf ihn zurückstarrten, die eisenbeschlagene Tür, die Kerzen, das Feuer. Ein paar lebhafte Erinnerungen an die Straßen von Paris, die Händler und Hausierer, die Kutschen, den Klang eines Orchesters, das entsetzliche Getöse von Worten und Sätzen aus den Büchern, die er vor so kurzer Zeit gelesen hatte.
    Ich konnte es nicht ertragen, aber Gabrielle hieß mich mit einer strengen Geste, da zu bleiben, wo ich war.
    Irgend etwas braute sich in der Gruft zusammen. Irgend etwas lag in der Luft. Irgend etwas änderte sich, während die Kerzen schmolzen und das Feuer knisterte und gegen die verrußten Steine hinten im Kamin züngelte und die Ratten unten durch die Totenkammern huschten.
    Armand stand unter dem Türbogen, und es war, als seien Stunden verstrichen, obwohl das nicht der Fall war, und Gabrielle hielt sich abseits in einer Zimmerecke auf, ihr Gesicht in Konzentration erstarrt, die Augen zusammengekniffen.
    Armand wollte uns etwas sagen, aber kein klärendes Wort drang über seine Lippen. Die Dinge, die zu sagen er beabsichtigte, waren chaotisch zerfasert, und es war, als hätten wir ihn aufgeschnitten, da die Gedankenbilder wie Blut aus ihm hervorströmten.
    Armand war nur noch ein junger Knabe in der Tür. Und ich wußte, was ich fühlte. Es war die ungeheuerliche Vertrautheit mit einem anderen Wesen, eine Intimität, gegen die sogar die verträumten Augenblicke des Tötens von nüchterner Disziplin waren. Er war wie ein offenes Buch und konnte den verwirrenden Bilderstrom nicht länger zurückhalten.
    War das die ganze Zeit die eigentliche Gefahr, der Auslöser meiner Angst gewesen? Aber hatte ich nicht die wichtigsten Erfahrungen meines Lebens dadurch gemacht, daß ich dem, was mir Angst bereitete, beherzt entgegentrat? Wieder einmal sprengte die Begegnung mit etwas Beängstigendem die Schale, die mich umgab, so daß etwas anderes aufknospen konnte.
    Niemals in meinem sterblichen oder unsterblichen Leben hatte sich mir Intimität von einer derart bedrohlichen Seite gezeigt.

Die Geschichte Armands

3
    Die Kammer hatte sich aufgelöst. Die Wände waren verschwunden. Reiter kamen näher. Eine geballte Wolke am Horizont. Dann Schreckensschreie. Und ein Kind mit kastanienbraunem Haar und in grober Bauernkleidung rannte und rannte, als die Reiterhorde losbrach, und das Kind schlug wild um sich, als es gefangengenommen und über den Sattel eines Reiters geworfen und bis hinter das Ende der Welt gebracht wurde. Das Kind war Armand.
    Und dies waren die Steppen Südrußlands, aber Armand wußte nicht, daß es Rußland war. Er kannte Vater und Mutter und die Kirche und Gott

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