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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Vergangenheit er auch immer in seinen Gedanken beschritt, er beschritt sie allein.
    »Das Fleischliche und das Geistige«, sagte Gabrielle, »werden im Theater vereint, wie auch auf Gemälden. Der Wollust sind wir von Natur aus zugetan. Schreib dir das hinter die Ohren.« Er schloß kurz die Augen, als wollte er uns seinen Blicken entziehen. »Gehe zu ihnen und lausche Nickis Musik. Produziere mit ihnen Kunst im Theater der Vampire. Du mußt von dem loskommen, was dir fehlgeschlagen ist, und dich dem zuwenden, was dir Kraft geben kann. Sonst - gibt es keine Hoffnung.«
    Mir wäre es lieber gewesen, wenn sie es nicht so plötzlich und direkt ausgesprochen hätte. Aber er nickte, und seine Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln.
    Eine gute Weile blickte er ins Feuer. Dann sprach er. »Aber warum müßt ihr überhaupt fortgehen?« fragte er. »Niemand befehdet euch mehr. Niemand will euch vertreiben. Warum könnt ihr es nicht mit mir zusammen aufbauen, dieses kleine Unternehmen?«
    Sollte das heißen, daß er bereit war, zu den anderen zu gehen und Mitglied des Theaters auf dem Boulevard zu werden?
    Er widersprach mir nicht. Er fragte erneut, warum ich nicht die Imitation des Lebens, falls ich es so nennen wolle, gleich auf dem Boulevard verwirklichen könne.
    Aber gleichzeitig gab er auf. Er wußte, daß ich den Anblick des Theaters, den Anblick Nickis nicht würde ertragen können. Ich konnte ihm nicht einmal reinen Gewissens zuraten. Das hatte Gabrielle getan. Und er wußte, daß es keinen Sinn mehr hatte, uns noch weiter zu bedrängen.
    Schließlich sagte Gabrielle: »Wir können nicht unter unseresgleichen leben, Armand.«
    Und ich dachte, ja, das ist die denkbar ehrlichste Antwort, und ich wußte nicht, warum ich sie nicht laut aussprechen konnte.
    »Wir wollen die Straße des Teufels«, sagte sie. »Und im Moment genügen wir uns selbst. In unendlich ferner Zukunft, wenn wir tausend Orte und Dinge gesehen haben, kommen wir vielleicht zurück. Dann können wir uns ja noch einmal unterhalten.«
    Wir schwiegen lange. Ich weiß nicht mehr, wie lange wir zusammen ruhig in dem Zimmer verweilten.
    Ich bemühte mich, nicht mehr an Marius oder Nicolas zu denken. Es lag keinerlei Gefahr mehr in der Luft, aber mich beschlich Angst vor dem Abschied mit all seiner Traurigkeit, vor dem Gefühl, daß ich ihm im Austausch für seine erstaunliche Geschichte herzlich wenig geboten hatte.
    Schließlich brach Gabrielle das Schweigen. Sie erhob sich und setzte sich würdevoll neben Armand auf die Bank. »Armand«, sagte sie. »Wir gehen. Wenn mein Wille zählt, werden wir morgen bereits vor Mitternacht Paris weit hinter uns gelassen haben.« Er sah sie ruhig und billigend an. Unmöglich zu erraten, was er uns verbarg. »Selbst wenn du nicht zum Theater gehst«, fuhr Gabrielle fort, »nimm die Dinge an, die wir dir geben können. Mein Sohn ist wohlhabend genug, um dir den Eintritt in die Welt sehr leicht zu machen.«
    »Du kannst diesen Turm haben«, sagte ich. »Benutze ihn, solange du willst. Magnus hat sich hier recht sicher gefühlt.«
    Er nickte höflich, sagte aber nichts.
    »Laß dir von Lestat ausreichend Gold schenken, um aus dir einen Gentilhomme zu machen«, sagte Gabrielle. »Und als Gegenleistung verlangen wir nur, daß du den Orden in Ruhe läßt, falls du ihn nicht anzuführen wünschst.«
    Er blickte wieder ins Feuer, ruhigen Gesichts, unwiderstehlich schön. Dann nickte er wieder stumm. Und dieses Nicken bedeutete nur, daß er gehört hatte, nicht, daß er irgend etwas versprechen würde.
    »Wenn du dich ihnen nicht anschließt«, sagte ich langsam, »dann tu ihnen nichts an. Tu Nicolas nichts an.«
    Und als ich diese Worte sprach, änderte sich sein Gesicht kaum merklich. Der Anflug eines Lächelns. Und seine Augen wandten sich mir langsam zu. Höhnische Augen.
    Ich sah weg, aber dieser Blick hatte mich wie ein Schlag gerührt. »Ich möchte nicht, daß ihm etwas zustößt«, flüsterte ich gereizt.
    »Nein. Du möchtest, daß er vernichtet wird«, flüsterte er zurück. »Damit du ihn nicht mehr fürchten oder ihm nachtrauern mußt.« Und sein höhnischer Blick wurde noch abscheulicher.
    »Armand«, hakte Gabrielle ein, »er bedeutet ihnen keine Gefahr. Die Frau allein kann ihn im Zaum halten. Und er kann euch allen so manches über diese Zeit beibringen, wenn ihr nur zuhört.«
    Sie sahen einander schweigend an. Und wieder war sein Gesicht sanft und schön. Und auf seltsam schickliche Weise ergriff er

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