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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Übeltäter, die ich zur Strecke brachte.
    In Athen schrieb ich Marius folgende Botschaft:
    »Ich weiß nicht, warum ich noch weitermache. Ich bin nicht auf der Suche nach Wahrheit. Daran glaube ich nicht. Ich erhoffe keine alten Geheimnisse von Dir, worin diese auch immer bestehen mögen. Aber an irgend etwas glaube ich. Vielleicht nur an die Schönheit der Welt, die ich durchstreife, oder an den reinen Lebenswillen. Die Gabe der Finsternis wurde zu früh in mir erweckt. Und sie hat mir kein Glück gebracht. Und schon im Alter von nur dreißig sterblichen Jahren habe ich ein wenig begriffen, warum so viele der Unseren diese Gabe verschwendet oder einfach weggeworfen haben. Aber ich gebe nicht auf. Und setze auch die Suche nach Dir fort.«
    Wie lange ich noch auf diese Weise Europa und Asien hätte durchwandern können, weiß ich nicht. So sehr ich auch über meine Einsamkeit jammerte, so war ich ja all das gewohnt. Und neue Städte wechselten mit neuen Opfern ab, neue Sprachen mit neuer Musik. Egal, was ich zu durchleiden hatte, ich brach zu immer neuen Zielen auf. Ich wollte alle Städte der Welt kennenlernen, sogar die weit entfernten Hauptstädte von Indien und China, wo einem die einfachsten Alltagsgegenstände fremd vorkamen und die Gedanken der Menschen so seltsam waren wie die von Wesen aus einer anderen Welt.
    Aber als wir von Istanbul in Richtung Süden nach Kleinasien aufbrachen, verfiel Gabrielle immer stärker dem Zauber des neuen Landes, so daß sie fast nie mehr an meiner Seite war. Und in Frankreich strebten die Dinge einem entsetzlichen Höhepunkt entgegen, nicht nur in der sterblichen Welt, der ich noch immer nachtrauerte, sondern auch im Theater der Vampire.

3
    Bereits in Griechenland hatten mir französische und englische Reisende beunruhigende Nachrichten aus der Heimat zugetragen. Und als ich im Europäischen Gasthaus zu Ankara eintraf, erwartete mich ein ganzer Stapel Post.
    Roget hatte mein gesamtes Vermögen aus Frankreich weggeschafft und ausländischen Banken überantwortet. »Sie dürfen keinesfalls eine Rückkehr nach Paris in Erwägung ziehen«, schrieb er. »Ich habe Ihrem Vater und Ihren Brüdern geraten, sich aus allen Kontroversen zu halten. Monarchisten haben hier schon bessere Zeiten erlebt.«
    Auf ihre Weise handelten auch Elenis Briefe von denselben Dingen:
    Das Publikum wünscht, daß wir uns über die Aristokratie lustig machen. Unser kleines Stück, das von einer tölpelhaften Königinnenpuppe handelt, die gnadenlos von den Puppensoldaten, die sie zu befehligen sucht, zur Schnecke gemacht wird, ist ein stürmischer Lacherfolg.
    Die Geistlichkeit wird auch nicht mehr verschont: In einem anderen kleinen Drama erscheint ein aufgeblasener Pfarrer, der eine Gruppe Marionettentänzerinnen für ihr unschickliches Benehmen bestrafen will. Aber leider verwandelt der Tanzlehrer, der in Wirklichkeit ein behornter Teufel ist, den unglückseligen Kleriker in einen Werwolf, der für den Rest seiner Tage von den lachenden Mädchen in einem goldenen Käfig gehalten wird. All das verdanken wir dem Genie Unseres Göttlichen Geigers, aber wir dürfen ihn jetzt keinen Augenblick mehr unbewacht lassen. Wenn er schreiben soll, fesseln wir ihn auf seinen Stuhl und geben ihm Papier und Tinte. Und wenn das nichts fruchtet, zwingen wir ihn zu diktieren, während wir die Stücke niederschreiben. Auf der Straße machte er sich an Passanten und erzählte ihnen, daß es in dieser Welt Greuel gebe, von denen sie nicht einmal zu träumen wagten. Und ich versichere Dir, wenn Paris nicht voll damit beschäftigt wäre, Pamphlete gegen Königin Marie Antoinette zu lesen, hätte er uns inzwischen alle zugrunde gerichtet. Unser Ältester Freund kocht vor Wut.
    Selbstverständlich schrieb ich ihr sofort und bat sie um Geduld mit Nicki und darum, ihm während dieser ersten Jahre beizustehen. »Ganz sicher kann man auf ihn einwirken«, sagte ich. Und zum erstenmal stellte ich die Frage: »Stünde es in meiner Macht, die Dinge zu ändern, wenn ich zurückkäme?« Lange Zeit starrte ich diese Worte an, ehe ich unterschrieb. Meine Hände zitterten. Dann versiegelte ich den Brief und sandte ihn unverzüglich ab.
    Wie hätte ich zurückkehren können? So einsam ich auch war, der Gedanke, wieder nach Paris zu ziehen und dieses kleine Theater zu sehen, war mir unerträglich. Und was konnte ich dann schon für Nicolas tun? Armands Warnungen dröhnten mir in den Ohren.
    Tatsächlich schienen Armand und Nicki meine

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