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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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etwas länger als ihre, und die Hautfalten ließen sie ein wenig dicker erscheinen. Beide hatten langes schwarzes Haar.
    Ich rang nach Luft. Ich fühlte mich plötzlich schwach und sog den Duft der Blumen und des Weihrauchs tief in meine Lungen ein, während das Licht der Lampen in tausend goldenen Flecken über die Wandgemälde tanzte.
    Ich sah auf meine Geige und versuchte mich daran zu erinnern, was mich auf die Idee gebracht hatte hierherzukommen; ich strich mit den Fingern über das Holz und überlegte, woran sie dieses seltsame Ding wohl erinnern mochte.
    Mit flüsternder Stimme erklärte ich ihnen, was es war und daß sie es unbedingt hören müßten, daß ich eigentlich nicht richtig darauf spielen könne, daß ich es aber versuchen würde. Meine Stimme war so leise, daß ich sie nicht einmal selbst vernehmen konnte, aber sie würden sie sicherlich hören, falls sie mir überhaupt lauschten.
    Und dann hob ich die Geige an meine Schulter, schob sie mir unters Kinn und hob den Bogen. Ich schloß die Augen und rief mir die Musik ins Gedächtnis, Nickis Musik, und die Art und Weise, wie sich sein Körper zur Musik bewegt hatte, und wie seine Finger so fest zugedrückt hatten wie ein Hammer, und wie er die Botschaft aus seiner Seele in seine Fingerspitzen gelenkt hatte.
    Ich ließ mich völlig hineinfallen in die Musik, die plötzlich stieg und schwoll und in Wellen sank, während meine Finger über das Instrument tanzten. Das war ein Lied, ich konnte also ein Lied machen. Die Töne waren klar und rein und voll und schallten von den Wänden mit jenem klagenden flehenden Klang, den nur eine Geige hervorbringen kann. Ich spielte weiterund weiter, schaukelte vor und zurück, vergaß Nicki, vergaß alles außer dem Gefühl meiner Finger an dem Schallbrett und dem Bewußtsein, daß ich es war, der diese Musik machte, daß sie aus mir herauskam, und die Töne sanken und stiegen empor und schwollen an und überschlugen sich, immer lauter und lauter, während ich wie wild den Bogen strich.
    Ich sang zu der Musik, erst summte ich nur, und dann sang ich mit lauter Stimme, und all das Gold in dem kleinen Raum verschwamm vor meinen Augen. Und plötzlich hörte es sich an, als würde meine Stimme immer lauter werden, unerklärlich viel lauter, mit einem reinen hohen Ton darin, von dem ich wußte, daß ich selbst ihn unmöglich hätte hervorbringen können. Aber er war da, dieser wunderbare helle Ton, gleichbleibend und ruhig, und er wurde immer lauter, bis er in meinen Ohren schrillte. Ich spielte noch wilder, und ich hörte mein eigenes Stöhnen, und ich wußte plötzlich, daß nicht ich es war, der diesen seltsamen hohen Ton hervorbrachte!
    Bald würde mir das Blut aus den Ohren schießen, wenn der Ton nicht aufhörte. Und er war nicht von mir, dieser Ton! Ohne die Musik abzubrechen, ohne mich den Schmerzen zu überlassen, die in meinem Kopf tobten, sah ich nach vorn und sah, daß Akascha aufgestanden war und daß ihre Augen sehr groß waren und daß ihr Mund ein vollkommenes 0 bildete. Der Ton kam von ihr, sie machte ihn, und sie bewegte sich über die Stufen des Tabernakels auf mich zu, mit ausgestreckten Armen, und der Ton durchbohrte mein Trommelfell wie eine Stahlklinge.
    Ich sah nichts. Aber ich hörte, wie die Geige auf dem Steinboden aufschlug. Ich fühlte meine Hände an meinem Kopf. Ich schrie und schrie, aber der Ton verschluckte meine Schreie.
    »Aufhören! Aufhören!« schrie ich. Überall war jetzt wieder Licht, und sie stand vor mir und streckte ihre Arme nach mir aus.
    »O Gott, Marius!« Ich drehte mich um und rannte zu den Türen. Aber die Türen fielen vor mir zu, schlugen gegen mein Gesicht, daß ich zu Boden fiel. Ich schluchzte unter diesem hohen schrillen anhaltenden Ton.
    »Marius, Marius, Marius!«
    Und als ich mich umdrehte, um zu sehen, was mit mir als nächstes geschehen würde, sah ich, wie ihr Fuß auf die Geige trat. Sie zerbarst in Stücke unter ihrer Ferse. Aber jetzt erstarb der Ton, den sie sang. Er verging.
    Und ich blieb in der Stille, der Taubheit zurück, unfähig, meine eigenen Schreie, mit denen ich nach Marius rief und die immer weitergingen, zu hören, während ich mich mühsam zusammenraffte und wieder aufstand.
    Tönende Stille. Flimmernde Stille. Sie stand direkt vor mir, mit ihren wunderbar geformten, schwarzen Augenbrauen, ihr weißes Fleisch fast glatt und ohne Falten, ihre Augen leiderfüllt und voller Fragen, und ihre blassen rosa Lippen, die sich teilten und ihre Fangzähne

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