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Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis

Titel: Chronik der Vampire 02 - Fürst der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Steinwände des schmalen Gangs, und Marius stand über mir und hatte die Hände auf Enkils Schultern gelegt, und Enkil war wie erstarrt.
    Sein Riß rutschte von meiner Brust, streifte meinen Magen und war verschwunden. Und Marius sagte etwas, das ich nur in meinen Gedanken hörte. Lauf weg von hier, Lestat. Schnell.
    Mühsam richtete ich mich auf und sah, wie er die beiden langsam nach hinten schob, zum Tabernakel, und daß ihre Blicke nicht nach vom gerichtet waren, sondern auf ihn, und daß Akascha Enkils Arm umklammerte, und ich sah, daß ihre Gesichter wieder völlig leer waren, aber jetzt war es keine teilnahmslose Leere mehr, und auch keine Maske der Neugier, sondern die Maske des Todes.
    »Lauf, Lestat!« rief er noch einmal, ohne sich umzudrehen. Und ich gehorchte.

16
    Ich stand ganz am anderen Ende der Terrasse, als Marius schließlich in den beleuchteten Salon kam. Meine sämtlichen Venen brannten noch immer vor Hitze, die atmete, als hätte sie ein eigenes Leben. Von hier aus hatte ich einen Blick bis weit über die düster aufragende Insel hinaus. Ich hörte die Fahrt eines Schiffes entlang der anderen Seite der Küste. Aber ich hatte nur den einen Gedanken: daß ich über dieses Geländer hier springen konnte, wenn Enkil noch einmal auf mich losging. Ich konnte mich ins Meer stürzen und schwimmen. Ich spürte noch immer seine Hände an meinem Kopf, seinen Fuß auf meiner Brust.
    Ich lehnte mich gegen die Steinmauer, ich zitterte, und meine Hände waren noch immer blutüberströmt von den Kratzern in meinem Gesicht, das schon wieder völlig verheilt war.
    »Es tut mir leid. Es tut mir so leid, daß ich es getan habe«, sagte ich, als Marius aus dem Salon kam. »Ich weiß nicht, warum ich es getan habe. Ich hätte es nicht tun sollen. Es tut mir leid. Es tut mir leid, das schwöre ich dir, es tut mir schrecklich leid, Marius. Ich werde nie wieder etwas tun, von dem du mir gesagt hast, daß ich es nicht tun soll.«
    Er stand mit verschränkten Armen da und sah mich an. Er zürnte. »Lestat, was habe ich dir gestern nacht gesagt?« fragte er. »Du bist das schrecklichste Wesen, das es gibt!«
    »Verzeih mir, Marius. Bitte, verzeih mir. Ich habe einfach nicht geglaubt, daß etwas passieren würde. Ich war absolut sicher, daß nichts passieren würde…«
    Er winkte mit der Hand, um mich zum Schweigen zu bringen, und deutete mir an, ihm hinunter zu den Felsen zu folgen, dann schwang er sich über die Brüstung. Ich folgte ihm, entzückt darüber, wie leicht es war, aber noch immer viel zu benommen, um derartigen Dingen Aufmerksamkeit zu schenken. Ihre Gegenwart haftete noch überall an mir, wie ein Duft, auch wenn sie gar keinen Duft an sich gehabt hatte, außer dem des Weihrauchs und der Blumen, der in ihre harte weiße Haut eingedrungen sein mußte. Wie merkwürdig zerbrechlich sie mir trotz dieser Härte vorgekommen war.
    Wir stiegen über die glitschigen Felsbrocken bis hinunter zu dem weißen Strand, und dann gingen wir schweigend nebeneinander und sahen hinaus zu dem schneeweißen Schaum, der gegen die Felsen schwappte oder über den zusammengebackenen weichen weißen Sand auf uns zuströmte. Der Wind toste in meinen Ohren, und ich hatte dasselbe Gefühl von Einsamkeit, das mich immer überfällt, wenn der tosende Wind alle anderen Sinneswahrnehmungen und auch die Geräusche auslöscht.
    Und ich wurde allmählich ruhiger und ruhiger, und gleichzeitig immer erregter und unglücklicher.
    Marius hatte den Arm um mich gelegt, so wie Gabrielle es oft getan hatte, und ich achtete nicht darauf, wo wir hingingen, und war ziemlich überrascht, als ich sah, daß wir zu einer kleinen Bucht im Wasser gekommen waren, in der ein Ruderboot verankert war, das nur ein einziges Ruder hatte.
    Als wir stehenblieben, sagte ich noch einmal: »Es tut mir leid, daß ich es getan habe! Ich schwöre, daß es mir leid tut. Ich habe nicht geglaubt…«
    »Erzähl mir bloß nicht, daß du es bedauerst«, sagte Marius ruhig.
    »Es tut dir überhaupt nicht leid, daß es passiert ist und daß du der Anlaß warst, jetzt, wo du in Sicherheit bist und nicht wie ein zerbrochenes Ei in der Kapelle am Boden liegst.«
    »Aber darum geht es doch gar nicht«, sagte ich. Ich brach in Tränen aus. Ich zog mein Taschentuch hervor, diese großartige Ausrüstung eines Gentilhomme des achtzehnten Jahrhunderts, und wischte mir das Blut vom Gesicht. Ich fühlte, wie sie mich hielt, fühlte ihr Blut, fühlte ihre Hände. Alles schien sich noch einmal

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