Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
Kontinents vernichtet worden waren, bis auf ein paar wenige, die unter diesem Dach versammelt waren und nichts ahnten von dem Schicksal, das ihrer harrte.
Er wußte auch von den Träumen von den Zwillingen, aber er verstand sie nicht. Zwei rothaarige Schwestern, die er nie gekannt hatte; nur eine rothaarige Schönheit bestimmte sein Leben, und wieder sah Khayman Maharets Gesicht, ein schwebendes Bild mit sanften, müden Augen, die ihn aus einer Porzellanmaske anblickten:
Mael, frag mich nichts mehr, aber erfülle meinen Auftrag.
Stille. Der Bluttrinker merkte plötzlich, daß er überwacht wurde. Er blickte im Saal umher, versuchte, den Eindringling auszumachen.
Der Name hatte den entscheidenden Hinweis geliefert, wie so oft. Die Gestalt fühlte sich erkannt. Und Khayman hatte den Namen sofort erkannt, ihn mit dem Mael aus Lestats Bericht in Verbindung gebracht. Zweifellos handelte es sich um ein und denselben - das war der Druidenpriester, der Marius in den heiligen Hain gelockt hatte, wo der Blutgott ihn zu seinesgleichen gemacht und nach Ägypten geschickt hatte, um Die Mutter und Den Vater zu finden.
Ja, das war derselbe Mael. Und er fühlte sich erkannt und war darob von Haß erfüllt.
Nach einem ersten Wutanfall entwichen alle Gedanken und Gefühle. Eine reife Leistung, das mußte Khayman zugeben. Er lehnte sich zurück. Aber die Gestalt konnte ihn nicht finden. Zwei Dutzend anderer weißer Gesichter machte er in der Menge aus, aber Khayman nicht.
Jessica hatte inzwischen ihr Ziel erreicht. Unerschrocken duckte sie sich, um durch die muskulösen Motorradfahrer hindurchzuschlüpfen, die den Raum vor der Bühne für sich reklamierten.
Ihr Silberarmband blitzte im Scheinwerferlicht auf. Das war möglicherweise ein kleiner Dolchstoß in den geistigen Schutzschild Maels, weil seine Liebe und seine Gedanken wieder kurz voll sichtbar waren.
Der wird auch sterben, wenn er nicht Vernunft annimmt, dachte Khayman.
Mael war durch Maharets Schule gegangen und hatte vielleicht von ihrem machtvollen Blut getrunken; aber offensichtlich verstand er es nicht, sein Temperament zu zügeln.
Dann erspähte Khayman nur wenige Meter hinter Jesse eine andere faszinierende Kreatur, viel jünger zwar, aber auf ihre Weise fast ebenso mächtig wie der Gallier Mael. Khayman versuchte, den Namen in Erfahrung zu bringen, aber der Geist dieses Wesens war vollkommen verschlossen, ließ nichts nach draußen dringen. Als er starb, war er noch ein Knabe mit kastanienfarbigem Haar und etwas zu großen Augen gewesen. Aber auf einmal war es ganz leicht, den Namen von Daniel zu erhaschen, seinem neugeborenen Grünschnabel, der neben ihm stand. Armand. Und der Grünschnabel Daniel war noch kaum tot. All die kleinen Moleküle seines Körpers tanzten mit der unsichtbaren Natur des Dämons.
Armand zog Khayman sofort an. Unzweifelhaft war er derselbe Armand, über den Louis und Lestat geschrieben hatten - der Unsterbliche mit der Gestalt eines Jugendlichen. Und das bedeutete, daß er kaum älter als fünfhundert Jahre sein konnte, und dennoch wirkte er undurchdringlich. Er schien gerissen und kalt zu sein, doch über keine besondere Veranlagung zu verfügen. Und als er merkte, daß er beobachtet wurde, ließ er seine großen braunen Augen nach oben schweifen, und sofort machte er den fernen Khayman aus.
»Nichts Böses hege ich gegen dich oder deinen Kleinen«, flüsterte Khayman, als wolle er mit den Lippen seine Gedanken formen und unter Kontrolle halten. »Kein Freund Der Mutter.«
Armand hörte es, aber er antwortete nicht. Wie erschrocken er auch beim Anblick eines so viel Älteren gewesen sein mochte, er ließ sich nichts anmerken. Man hätte meinen können, er habe lediglich die Wand hinter Khaymans Kopf betrachtet, den ständigen Strom lachender und lärmender Kinder, der sich von den oberen Eingängen ergoß.
Und wie fast unvermeidlich heftete dieser betörende kleine Fünfhundertjährige seinen Blick auf Mael, als dieser wieder einmal von heftiger Sorge um seine gebrechliche Jesse durchrüttelt wurde.
Khayman verstand diesen Armand. Er spürte, daß er ihn verstand und ganz und gar mochte. Als sich ihre Augen wiedertrafen, hatte er die angeborene Schlichtheit dieses Wesens begriffen. Die Einsamkeit, die Khayman in Athen kennengelernt hatte, überkam ihn wieder.
»Meiner eigenen schlichten Seele nicht unähnlich«, flüsterte Khayman. »Du bist in all dem verloren, weil du das Terrain zu gut kennst. Und egal wie weit du wanderst,
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