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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ein: Kümmere dich um Jesse. Gebiete der Mutter irgendwie Einhalt…
    Khayman ließ den Blick langsam über die gegenüberliegenden Ränge gleiten, über das Gewimmel im Zuschauerraum. Weit weg in einem entlegenen Winkel der Stadt streifte ein alter Vampir unruhig hin und her, die Königin fürchtend, doch voller Sehnsucht, ihr Gesicht sehen zu dürfen. Er war zum Sterben hierhergekommen, nur um beim letzten Atemzug in ihr Antlitz zu blicken. Khayman schloß die Augen, um sie dieser Vision zu entziehen.
    Dann hörte er es plötzlich wieder. Jessica, meine Jessica. Und hinter diesem beseelten Ruf das Wissen um Maharet! Plötzlich sah er Maharets Bild vor sich, bewahrt in Liebe und urzeitlich und bleich wie er selbst. Es war ein Moment betäubenden Schmerzes. Er ließ sich auf seinen Holzsitz sinken und beugte den Kopf ein wenig vor. Dann sah er wieder über die eisernen Dachsparren, das häßliche Gewirr aus schwarzen Kabeln und rostigen Scheinwerfern. Wo bist J«?
    Da, weit hinten an der gegenüberliegenden Wand, sah er die Gestalt, die diese Gedanken ausströmte. Der Älteste, den er bislang erblickt hatte.
    Ein riesiger nordischer Bluttrinker, abgehärtet und listig, in Kleidung aus grobem Rohleder gehüllt, und seine buschigen Brauen und kleinen,
    tiefsitzenden Augenverliehen ihm einen grüblerischen Ausdruck.
    Das Wesen zog eine kleine sterbliche Frau an, die sich ihren Weg durch die Menge bahnte. Jesse, Maharets sterbliche Tochter.
    Wütend und ungläubig heftete Khayman seinen Blick auf die kleine Frau. Seine Augen füllten sich mit Tränen, als er der erstaunlichen Ähnlichkeit gewahr wurde. Das gleiche kupferrote, volle Haar wie Maharet, die gleiche kleine, vogelartige Figur, die gleichen klugen und neugierigen grünen Augen. Maharets Profil. Maharets Haut, die zu ihren Lebzeiten so blaß und durchscheinend wie das Innere einer Muschel gewesen war.
    Lebhaft erinnerte er sich plötzlich, wie er während der Vergewaltigung ihr Gesicht zur Seite geschoben hatte und wie seine Fingerspitzen dabei die zarten Falten ihrer Augenlider berührt hatten. Erst ein Jahr später hatten sie ihr die Augen ausgerissen, und er war dabeigewesen und erinnerte sich des zarten Fleisches. Danach hatte er die Augen aufgehoben und…
    Ihn schauderte. Er spürte einen stechenden Schmerz in seinen Lungen. Sein Gedächtnis war gnadenlos. Ihm war nicht vergönnt, einen Augenblick zu vergessen, der glückliche Clown zu sein, der sich an nichts erinnert.
    Maharets Kind, nun gut. Aber wie das? Durch wie viele Generationen hatten sich ihre Merkmale erhalten, um jetzt wieder in dieser kleinen Frau zu erblühen, die sich in Richtung Bühne kämpfte?
    Unmöglich war das natürlich nicht. Das stellte er schnell fest. So um die dreihundert Vorfahren standen zwischen dieser Frau des zwanzigsten Jahrhunderts und dem längst verflossenen Nachmittag, da er sich des Königs Medaillon umgetan hatte und von der Estrade hinuntergestiegen war, um anstelle des Königs die Vergewaltigung zu begehen.
    Erstaunlich war allerdings, daß Maharet ihre eigenen Nachfahren kannte. Und Maharet kannte die Frau hier gewiß. Der riesige Bluttrinker gegenüber stimmte dieser Vermutung sofort zu. Khayman sah den großen nordischen Menschen genau an. Maharet, sie lebte. Maharet, die Hüterin ihrer sterblichen Familie. Maharet, die Verkörperung grenzenloser Kraft und Willensstärke. Maharet, die ihm, diesem blonden Diener, keine Erklärung über die Zwillinge geliefert, ihn aber statt dessen hierhergeschickt hatte, um ihr Geheiß zu erfüllen: Rette Jessica.
    Ah, aber sie lebt, dachte Khayman. Sie lebt, und wenn sie lebt, dann auf irdische Weise, sie leben beide, die rothaarigen Schwestern.
    Khayman studierte die Gestalt gegenüber noch genauer, drang noch tiefer in ihr Inneres ein. Aber er konnte jetzt nur einen wild entschlossenen Schutzwillen wahrnehmen. Rette Jesse, nicht nur vor der Gefahr, die von Der Mutter ausgeht, sondern vor dieser Stätte überhaupt, wo Jesse etwas zu sehen bekäme, das niemand einleuchtend erklären könnte.
    Und wie er Die Mutter verabscheute mit ihrem Gebaren eines Kriegers und eines Priesters zugleich. Er verabscheute Die Mutter, weil sie die Ruhe seiner zeitlosen und melancholischen Existenz gestört hatte, und er verabscheute es, daß seine traurige Liebe zu dieser Frau hier, Jessica, die Besorgnis nur verschlimmerte, die er so schon verspürte. Denn er kannte das ganze Ausmaß der Zerstörung, wußte, daß alle Bluttrinker dieses

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