Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
Gefahr auszusetzen. Sollte Khayman ihnen verraten, wo sich Jesse aufhielt? Sollte er sich einmischen? Letztlich war es egal.
    Er spürte jetzt, daß sie aus lauter Angst weder zu bleiben noch fortzugehen wagten, daß sein Blick sie beinahe hypnotisiert hatte. In gewisser Hinsicht rührten sie sich nur aus Respekt nicht von der Stelle, starrten ihn weiterhin an.
    Geht nicht zu ihr. Ihr wäret Narren, wenn ihr es versuchtet. Sie hat jetzt solche wie mich, die sich um sie kümmern. Ihr geht jetzt am besten. An eurer Stelle würde ich nicht länger zögern.
    Nun, wie würde sich all das in den Archiven der Talamasca lesen?
    Benjamin, der Teufel. Der bin ich. Kennt ihr mich nicht?
    Er schmunzelte über sich selbst. Er ließ den Kopf sinken, starrte den Boden an. Er war sich seiner Eitelkeit bislang nie so sehr bewußt gewesen. Und plötzlich war es ihm egal, was ihnen das alles bedeutete.
    Gleichgültig dachte er an die alten Zeiten in Frankreich, wo ihm wißbegierige Leute als Spielball gedient hatten. »Gewähren Sie uns ein Gespräch!« hatten sie gefleht. Verstaubte Scholaren mit blassen, ständig rotgeränderten Augen und abgewetzter Samtkleidung, ganz anders als diese beiden Gentlemen, für die das Okkulte nicht eine philosophische, sondern eine wissenschaftliche Herausforderung war. Die Hoffnungslosigkeit jener Zeit erschreckte ihn plötzlich, auch wenn die Hoffnungslosigkeit der Gegenwart nicht weniger erschreckend war.
    Geht fort.
    Ohne aufzuschauen, sah er, daß David Talbot nickte. Höflich zogen er und sein Gefährte sich zurück. Noch einmal kurz über die Schultern blickend, durcheilten sie die Vorhalle und begaben sich ins Konzert.
    Khayman war wieder allein mit den Rhythmen der Musik, die durch die Türen drangen, und er fragte sich, warum er überhaupt gekommen war, was er eigentlich wollte. Er wünschte, wieder vergessen zu können; er wünschte, daß er in einer schönen Gegend sei, wo der Wind warm ging und wo Sterbliche lebten, die nicht wußten, was er war, und wo elektrische Lichter unter blassen Wolken blinkten, und wo er die endlosen Straßen bis zum Morgengrauen durchstreifen konnte.

JESSE
    Laß mich in Ruhe, du Scheißkerl!« Jesse trat dem Mann gewaltig uf die Zehen, der seinen Arm um sie geschlungen und sie vom Bühnenrand entfernt hatte. »Du Dreckskerl!« Voll mit seinem schmerzenden Fuß beschäftigt, konnte der Mann sich nur halbherzig ihrer Faustschläge erwehren. Er stolperte und ging nieder.
    Schon fünfmal hatte man sie von der Rampe gezerrt. Aber wie ein glitschiger Fisch schlüpfte sie immer wieder an ihren alten Platz.
    Im blitzenden Scheinwerferlicht sah sie Lestat ein ums andere Mal hoch in die Luft springen und ohne spürbares Geräusch auf den Brettern landen, wobei seine Stimme ohne Hilfe eines Mikrofons bis in die hintersten Reihen des Auditoriums drang und die Gitarren-Spieler ihn wie Kobolde umtanzten.
    Das Blut rann ihm in kleinen Bächen über das weiße Gesicht, wie von der Dornenkrone des Gekreuzigten, und sein langes blondes Haar wehte, wenn er sich im Kreise drehte. Er riß sich die schwarze Krawatte vom Hals, riß sein Hemd auf. Seine kristallblauen Augen waren glasig und blutdurchtränkt, als er seine belanglosen Verse ins Publikum schrie.
    Jesse hatte wieder Herzklopfen, als sie sah, wie er mit den Hüften wippte, wie die enganliegenden schwarzen Hosen die kräftigen Muskeln seiner Schenkel verrieten. Wieder sprang er hoch, als würde er sich ohne jegliche Anstrengung bis zur Decke des Saals erheben.
    Sie putzte sich die Nase; sie weinte schon wieder. Aber ihn berühren, verdammt, das mußte sie einfach! Benommen sah sie ihm zu, wie er seinen Song beendete, mit dem Fuß zu den letzten drei Akkorden aufstampfte,
    während die Musiker mit Schleuderhaar vor- und zurücktanzten.
    Gott, wie sehr verstand er das doch zu genießen! Er täuschte rein nichts vor. Er badete in der Bewunderung, die ihm entgegenschwappte. Er sog sie auf wie Blut.
    Und nun, da er einen neuen irren Song anstimmte, riß er sich seinen schwarzen Samtmantel von den Schultern und warf ihn ins Publikum. Die Menge schrie auf, geriet in Bewegung. Jesse spürte ein Knie in ihrem Rücken, einen kickenden Stiefel an ihrem Absatz, aber das war ihre Chance, als die Aufseher von der Bühne sprangen, um dem Tumult Einhalt zu gebieten.
    Mit beiden Händen stützte sie sich auf die Bretter, sprang hoch und rollte sich über ihren Bauch auf die Füße. Sie rannte dem tanzenden Sänger entgegen, dessen Augen

Weitere Kostenlose Bücher