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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hing lose über ihren Schultern, die Kapuze von ihrem verflochtenen Haar zurückgeworfen. Ah, die wahre Königin des Himmels, wie sie sich einst so gerne genannt hatte. In dem elektrischen Licht erschienen ihre Augen leuchtend und leer, ihr Mund war weich und arglos. Ihr liebliches Gesicht war von unendlicher Schönheit.
    Diese Vision rührte ihn über Jahrhunderte zu jenem schrecklichen Moment zurück, da er gekommen war, ein sterblicher Mann, um herzklopfend ihren Befehlen zu lauschen. Seine Königin, die jetzt verflucht und dem Mond geweiht war, einen fordernden Dämon in ihrem Blut. Wie erregt war sie doch gewesen, als sie auf dem Lehmboden auf und ab ging; die Wände um sie herum waren mit stummen Wächtern bemalt.
    »Die Zwillinge«, sagte sie, »diese’ üblen Schwestern, sie haben solche Abscheulichkeiten gesagt.«
    »Habt Gnade«, flehte er. »Sie führten nichts Böses im Schilde, ich schwöre, daß sie die Wahrheit gesagt haben. Laßt sie wieder ziehen, Hoheit. Die beiden können es jetzt nicht ändern.«
    Ach, er war ihnen allen so leidenschaftlich zugetan! Den Zwillingen und seiner geplagten Monarchin.
    »Ah, du siehst ein, daß wir ihre empörenden Lügen einer Prüfung unterziehen müssen«, sagte sie. »Du mußt näher kommen, mein ergebener Diener, der du mir immer mit solcher Hingabe gehorcht hast…
    »Meine Königin, meine geliebte Königin, was wollen Sie von mir?«
    Und mit demselben liebreizenden Gesichtsausdruck hob sie ihre eisigen Hände, um seinen Hals zu berühren, ihn plötzlich mit derartiger Kraft zu umklammern, daß ihm angst und bange wurde. Entsetzt sah er, wie ihr Blick verlöschte, sich ihr Mund öffnete. Er gewahrte zwei winzige Fangzähne, während sie sich mit der gespenstischen Anmut eines Nachtmahr auf die Zehenspitzen stellte. Nein. Das dürfen Sie mir nicht antun! Meine Königin, ich bin Khayman!
    Er hätte schon viel früher zugrunde gehen sollen, wie so viele Bluttrinker nach ihm. Verschwunden, ohne eine Spur zu hinterlassen, eingegangen in die Erde aller Länderund Nationen, wie die Unzahl der Namenlosen. Aber er war nicht zugrunde gegangen. Und die Zwillinge - wenigstens eine von ihnen hatte ebenfalls überlebt.
    Wußte sie das? Wußte sie um diese schrecklichen Träume? Hatte sie sie von den Seelen der anderen empfangen, die von ihnen heimgesucht worden waren? Oder war sie seit ihrer Auferstehung nachts traumlos und ununterbrochen um die Welt geeilt, nur eine einzige Aufgabe im Sinn?
    Sie leben, meine Königin, sie leben weiter in einer, wenn nicht zwei Gestalten.
    Seid der alten Weissagung eingedenk’ Wenn sie nur seine Stimme hören könnte!
    Er öffnete die Augen. Er war wieder eins mit diesem verknöcherten Ding, das sein Körper war. Und die Musik durchdrang ihn mit ihren unbarmherzigen Rhythmen. Sie pochte gegen seine Ohren. Die aufblitzenden Lichter blendeten ihn.
    Er drehte sich um und stützte sich mit der Hand gegen die Mauer. Noch nie war er von Tönen derart drangsaliert worden. Er glaubte, das Bewußtsein zu verlieren, aber Lestats Stimme rief ihn zurück.
    Khayman spreizte die Finger über seine Augen und blickte zu dem hitzigen Treiben auf der Bühne hinunter. Zu tanzen und zu singen bereitete diesem Teufel offensichtlich Vergnügen. Khayman fühlte sich unwillkürlich gerührt.
    Lestats mächtiger Tenor benötigte keine elektrischen Verstärker. Und sogar die Unsterblichen, verteilt unter ihren potentiellen Opfern, ließen sich anstecken und sangen mit. Wohin Khayman auch blickte, Sterbliche wie Unsterbliche zeigten sich gleichermaßen begeistert. Die Körper bewegten sich simultan mit den Körpern auf der Bühne. Stimmen stiegen empor; eine Welle der Bewegung nach der anderen flutete durch den Saal.
    Überdimensional erschien Lestats Gesicht auf dem Videoschirm.
    Seine blauen Augen waren auf Khayman gerichtet und zwinkerten ihm zu. » WARUM TÖTET IHR MICH NICHT! IHR WISST DOCH, WAS ICH BIN!« Lestats Gelächter erhob sich über das näselnde Gekreisch der Gitarren. » ERKENNT IHR DAS BÖSE NICHT, WENN IHR ES VOR EUCH SEHT?«
    Welch ein Glaube an das Gute, an Heldentum. Lestat warf seinen Kopf zurück und schrie wieder; er stampfte mit den Füßen auf und brüllte; er blickte zu den Dachsparren, als seien sie das Firmament.
    Khayman zwang sich zu gehen; er mußte entkommen. Mühsam bahnte er sich seinen Weg zur Tür, es war ihm, als müsse er in diesem ohrenbetäubenden Lärm ersticken. Sogar sein Gleichgewichtssinn funktionierte nicht mehr richtig.

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