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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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die Armeen Jerichos in den Krieg zogen, schlössen sich ihnen manchmal unsere jungen Männer an; aber das taten sie aus freiem Willen. Sie wollten junge Abenteurer und Soldaten sein und solcherart Ruhm erlangen. Andere gingen in die Städte, um die großen Märkte, die Pracht der Höfe oder die Herrlichkeit der Tempel kennenzulernen. Und einige gingen in die Hafenstädte des Mittelmeeres, um die großen Handelsschiffe zu sehen. Aber größtenteils ging das Leben in unseren Dörfern wie schon seit vielen Jahrhunderten unverändert weiter. Und Jericho beschützte uns, beinahe nebenbei, denn es selbst war der Magnet, der die Streitkräfte eines Feindes auf sich zog.
    Nie, niemals haben wir Menschen gejagt, um ihr Fleisch zu essen! Das war bei uns nicht Brauch. Und ich kann euch gar nicht sagen, welch ein Greuel solch ein Kannibalismus, das Essen des Fleisches unserer Feinde, für uns bedeutet hätte. Denn wir waren Kannibalen, und das Fleischessen hatte eine besondere Bedeutung - wir aßen das Fleisch unserer Toten.«
    Maharet unterbrach sich für einen Augenblick, als wartete sie, bis der Sinn ihrer Worte allen klar war.
    Marius sah wieder das Bild der zwei rothaarigen Frauen, die beim Leichenschmaus knieten. Er empfand die warme Mittagsruhe und die Feierlichkeit des Augenblicks. Er versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen und nur noch Maharets Gesicht zu sehen.
    »Versteht«, sagte Maharet. »Wir glaubten, daß der Geist den Körper im Tode verließ; aber wir glaubten auch, daß die Überreste aller Lebewesen auch dann noch eine geringe Macht enthielten, wenn das Leben selbst sie verlassen hatte.
    Doch der wirkliche Grund dafür, daß wir die Toten aßen, war Achtung. Aus unserer Sicht war es die angemessene Art, mit den Überresten derer umzugehen, die wir liebten. Wir nahmen die Körper derer in uns auf, die uns das Leben geschenkt hatten; die Körper, aus denen unsere Körper entstanden waren. Und so wurde ein Zyklus abgeschlossen. Und die heiligen Überreste derer, die wir liebten, wurden vor den grausigen Schrecken der Verwesung in der Erde bewahrt, und sie wurden nicht von wilden Tieren gefressen oder verbrannt wie Öl oder Müll.
    Das alles ist sehr einleuchtend, wenn man darüber nachdenkt. Aber wichtig ist, zu erkennen, daß es ein wesentlicher Bestandteil unseres Zusammenlebens als Volk war. Es war die heilige Pflicht jedes Kindes, die Überreste seiner Eltern zu verzehren; die heilige Pflicht des Stammes, die Toten zu essen.«
    Wieder unterbrach sich Maharet, und ihre Blicke glitten langsam über die Runde, bevor sie fortfuhr.
    »Nun, es war keine Zeit großer Kriege«, sagte sie. »Jericho sowohl als auch Ninive hatten seit Menschengedenken in Frieden gelebt.
    Aber weit entfernt, im südwestlichen Niltal, lebte ein wildes Volk, das seit alters her gegen die weiter südlich lebenden Dschungelvölker Krieg rührte, um Opfer für die heimischen Bratspieße und Kochtöpfe einzufangen. Denn sie verzehrten nicht nur ihre eigenen Toten mit allem geziemenden Respekt wie wir auch. Sie aßen auch die Körper ihrer Feinde, und sie rühmten sich dessen. Sie glaubten, daß die Kraft des Feindes in ihren Körper überging, wenn sie sein Fleisch aßen.
    Ungefähr um die Zeit nun, als meine Schwester und ich unser sechzehntes Jahr erreichten, fand im Niltal eine große Wende statt. So wurde uns jedenfalls erzählt.
    Die alternde Königin jenes Reiches im südwestlichen Niltal starb, ohne eine Tochter zu hinterlassen, die das königliche Blut weitergeben konnte. Und bei vielen alten Völkern vererbte sich das königliche Blut nur über die weibliche Linie. Da kein Mann je sicher sein kann, der Vater des Kindes seiner Frau zu sein, war es die Königin oder die Prinzessin, der das heilige Recht auf den Thron zustand. Deshalb haben in späteren Zeiten ägyptische Pharaonen häufig ihre Schwestern geheiratet. Um ihren königlichen Anspruch abzusichern.
    Und so hätte es auch der junge König Enkil gehalten, wenn er eine Schwester gehabt hätte, aber er hatte keine. Er hatte nicht einmal eine königliche Kusine oder Tante, die er hätte heiraten können. Doch er war jung und stark und entschlossen, über sein Land zu herrschen. Schließlich entschied er sich für eine andere Braut, die nicht aus seinem Volk stammte, sondern aus dem von Uruk in den Niederungen von Euphrat und Tigris.
    Und das war Akascha, eine Schönheit der königlichen Familie und eine Verehrerin der mächtigen Göttin Inanna, und sie konnte die Weisheit

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