Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
als Hellseher oder Medien oder Vermittler gelten. Oder auch Paradetektive. Es ist alles das gleiche. Es sind Leute, die aus Gründen, die wir vielleicht nie verstehen werden, Geister anziehen. Die Geister finden sie einfach unwiderstehlich, und sie wenden alle möglichen Tricks an, um die Aufmerksamkeit der Leute zu erregen.
Was die Geister selbst angeht, so weiß ich, daß ihr neugierig auf ihre Wesensart und ihre Eigenheiten seid, daß ihr die Geschichte in Lestats Buch über die Erschaffung Der Mutter und Des Vaters nicht geglaubt habt - keiner von euch.
Ich bin nicht einmal sicher, ob Marius selbst die alte Geschichte geglaubt hat, als sie ihm erzählt wurde oder als er sie Lestat weitererzählte.«
Marius nickte. Er hatte zahlreiche Fragen. Doch Maharet bat um Geduld. »Habt Nachsicht mit mir«, sagte sie. »Ich werde euch alles erzählen, was wir damals über die Geister wußten, und das ist genausoviel, wie ich jetzt über sie weiß. Natürlich müßt ihr wissen, daß andere vielleicht unterschiedliche Namen für diese Wesen verwenden. Andere erklären sie vielleicht mit wissenschaftlicherer Ausdrucksweise als ich.
Die Geister sprachen auf telepathischem Weg zu uns; wie ich schon sagte, waren sie unsichtbar; aber ihre Gegenwart konnte man spüren; sie waren ausgeprägte Persönlichkeiten, und unsere Hexenfamilie hat ihnen durch viele Generationen hindurch verschiedene Namen gegeben.
Wir unterteilen sie, wie Hexenmeister es immer getan haben, in Gute und Böse; aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass sie selbst ein Gefühl für Recht und Unrecht haben. Die bösen Geister waren jene, die sich offen feindselig gegenüber den Menschen verhielten und ihnen boshafte Streiche spielten, sie mit Steinen bewarfen, Stürme entfesselten und ähnlich lästige Dinge anstellten. Die, von denen Menschen besessen sind, sind oft >böse< Geister; auch die, die Häuser heimsuchen und Poltergeister genannt werden, gehören in diese Kategorie.
Die guten Geister konnten lieben, und sie wollten im großen und ganzen auch geliebt werden. Selten heckten sie aus eigenem Antrieb Unfug aus. Sie beantworteten Fragen nach der Zukunft; sie erzählten uns, was an anderen, entlegenen Orten geschah; und sehr starken Hexen wie meiner Schwester und mir, denen, die sie wirklich liebten, führten sie ihr größtes und schwierigstes Kunststück vor: das Regenmachen.
Aber meinen Worten könnt ihr entnehmen, daß solche Bezeichnungen wie gut und böse subjektiv waren. Die guten Geister waren nützlich, die bösen Geister waren gefährlich und nervenzerrüttend.
Den bösen Geistern Aufmerksamkeit zu schenken, ihre Anwesenheit herauszufordern, hieß Unheil zu beschwören, denn letztendlich waren sie nicht zu beherrschen.
Es gab auch reichlich Hinweise darauf, daß die, die wir böse Geister nannten, uns darum beneideten, daß wir sowohl Fleisch als auch Geist waren - daß wir die körperlichen Freuden und Fähigkeiten genossen und gleichzeitig über geistige Kräfte verfügten. Höchstwahrscheinlich macht diese Mischung aus Fleisch und Geist bei menschlichen Wesen alle Geister neugierig;
sie ist die Ursache unserer Anziehungskraft auf sie; aber sie ärgert die bösen Geister; die bösen Geister würden, so scheint es, gern sinnliche Freuden kennenlernen, doch das können sie nicht. Die guten Geister zeigen keine solche Unzufriedenheit.
Was nun die Frage angeht, woher diese Geister kamen - sie sagten uns, sie seien schon immer dagewesen. Was die Fragen nach ihrer Beschaffenheit betrifft - wie und von wem sie erschaffen wurden -, so wurden sie nie beantwortet. Ich glaube nicht, daß sie unsere Fragen überhaupt verstanden haben. Sie schienen über sie eher beleidigt oder sogar leicht erschreckt zu sein, oder sie hielten die Fragen einfach für komisch.
Ich glaube, daß die physikalische Beschaffenheit von Geistern eines Tages bekannt sein wird.
Ich glaube, daß sie aus einem ausgeklügelten Gleichgewicht von Materie und Energie bestehen wie alles andere innerhalb unseres Universums und daß sie nicht magischer sind als Elektrizität oder Rundfunkwellen oder Quarks oder Atome oder Stimmen im Telefon - Dinge, die noch vor zweihundert Jahren übernatürlich zu sein schienen. Tatsächlich hat die Sprache der modernen Naturwissenschaften mir mehr als jede andere philosophische Methode geholfen, sie im Rückblick besser zu verstehen. Doch halte ich mich unwillkürlich eher an meine alte Ausdrucksweise.
Mekare behauptete, sie hin und wieder sehen
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