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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Daddy, wenn du willst.« Sie machte die Nachttischlampe aus. »Schlaf jetzt wieder.«
    »Du mußt es so lange versuchen, bis du sie gefunden hast. Sag ihr… die Zwillinge! Ich habe die Zwillinge gesehen.«
    Als sie fortging, holte er sie wieder mit jenem unvermittelten Stöhnen zurück, das ihr jedesmal Angst einjagte. Von der Diele aus konnte sie sehen, wie er auf die Bücher an der Wand zeigte.
    »Bring’s mir«, sagte er und setzte sich mühsam wieder auf.
    »Das Buch, Daddy?«
    »Die Zwillinge, die Bilder…«
    Sie holte den alten Band hervor und legte ihn auf seinen Schoß. Dann schüttelte sie die Kissen auf und drehte die Lampe wieder an. Sie richtete ihn hoch, und es schmerzte sie, als sie merkte, wie leicht er war; es schmerzte sie, mit ansehen zu müssen, welche Mühe es ihm bereitete, seine Brille aufzusetzen. Er nahm den Bleistift zur Hand, um damit lesend die Zeilen entlangzufahren, bereit, Notizen zu machen, wie es seine Gewohnheit war, aber dann ließ er den Bleistift fallen, und sie fing ihn auf und legte ihn auf den Tisch zurück.
    »Geh jetzt und ruf sie an«, sagte er.
     
    Sie nickte. Aber sie blieb stehen, für den Fall, daß er sie noch brauchte. Die Musik kam nun lauter aus ihrem Zimmer, es war einer der eher wilden Songs. Aber ihr Vater schien es nicht zu bemerken. Sie öffnete das Buch für ihn und schlug die Seite mit den ersten Farbphotos auf.
    Wie gut kannte sie doch diese Bilder, wie gut erinnerte sie sich, wie sie als kleines Mädchen den langen Aufstieg zu der Höhle im Berg Karmel mit ihm gemacht hatte, wo er in der trockenen, staubigen Dunkelheit seine Taschenlampe aufleuchten ließ, um ihr die Höhlenzeichnungen zu zeigen.
    »Da, die beiden Figuren, siehst; du sie, die rothaarigen Frauen?«
    Zuerst war es schwierig gewesen, die primitiven Strichfiguren in dem fahlen Licht der Taschenlampe zu erkennen. Auf den Nahaufnahmen konnte man später dann alles viel besser studieren.
    Aber der Tag blieb ihr unvergeßlich, als er ihr zum erstenmal all die kleinen Zeichnungen gezeigt hatte: die Zwillinge im Regen tanzend, der in winzigen Strichen aus einer Kritzelwolke fiel; die Zwillinge kniend zu beiden Seiten des Altars, auf dem ein schlafender oder toter Körper lag; die Zwillinge als Gefangene vor einem Tribunal finster dreinblickender Gestalten; die Zwillinge auf der Flucht; und schließlich das eine Zwillingsmädchen alleine und weinend, wobei die Tränen wie der Regen in kleinen Strichen aus Augen hervorströmten, die ebenfalls kleine schwarze Striche waren.
    Sie waren in den Fels geritzt und mit Pigmenten ausgemalt worden - Orange fürs Haar, weiße Kreide für die Kleidung, Grün für die Pflanzen, die um sie herum wuchsen, und sogar Blau für den Himmel über ihren Köpfen. Sechstausend Jahre waren verflossen, seit sie in der dunklen Höhle dargestellt worden waren.
    Und nicht weniger alt waren die nahezu identischen Zeichnungen in einer niedrigen Höhlenkammer im Huayna Picchu auf der anderen Seite der Welt.
    Auch diese Reise hatte sie, ein Jahr später, mit ihrem Vater unternommen - über den Urubambafluß und durch die Dschungel von Peru. Sie hatte mit eigenen Augen dieselben beiden Frauen gesehen auf erstaunlich ähnlichen Abbildungen.
    Wieder zeigten die glatten Felswände die gleichen Szenen - die rothaarigen Zwillinge fröhlich im Regen tanzend. Und dann detailfreudig die düstere Altarszene. Auf dem Altar lag der Körper einer Frau, und in ihren Händen hielten die Zwillinge zwei winzige, sorgfältig gezeichnete Schalen. Soldaten mit erhobenen Schwertern setzten der Zeremonie ein Ende.
    Und dann kamen das feindliche Tribunal und die Flucht.
    Auf einem anderen Bild, verblichen, doch noch erkennbar, hielten die Zwillinge einen Säugling zwischen sich, ein kleines Bündel mit Pünktchenaugen und kaum angedeutetem Rotschopf; im nächsten Bild vertrauten sie ihren Schatz anderen an, als sie schon wieder von den Soldaten bedroht wurden.
    Und schließlich der eine Zwilling inmitten der Dschungelvegetation, seine Arme zur Schwester hin ausgestreckt, das rote Pigment des Haares aus getrocknetem Blut auf den Fels gebannt.
    Wie gut konnte sie sich ihrer Aufregung erinnern! Sie stimmte in den Begeisterungstaumel ihres Vaters darüber ein, daß er die Zwillinge in zwei verschiedenen Welten gefunden hatte, auf diesen uralten Bildern, bewahrt in den Berghöhlen Palästinas und Perus.
    Es schien das größte Ereignis der Geschichte zu sein; nichts war auch nur annähernd so wichtig. Dann

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