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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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war wie das Licht eines alten Gasofens.
    Und Lestats Stimme brach sich an den Marmorwänden, in den Deckengewölben.
     
    Tötet uns, meine Bruder und Schwestern
    Wir sind im Krieg.
    Begreift, was ihr seht
    Wenn ihr mich anseht.
     
    Er atmete kurz durch. Kein Laut außer der Musik, die nun versiegte, um nichtssagendem sterblichem Geplapper zu weichen. Und sonst niemand hier. Nein, das hätte er gemerkt. Niemand in diesem Versteck.
     
    Er konnte sich auf seinen untrüglichen Instinkt verlassen.
    Ein Schmerz durchfuhr seine Brust. Hitze stieg in sein Gesicht, als er die Vorzimmer durchschritt und vor der Tür zur Kammer innehielt. Betete er? Träumte er? Er wußte, was er jeden Augenblick sehen würde - JENE, DIE BEWAHRT WERDEN MUSSEN - unverändert. Und gleich würde er auch eine läppische Erklärung für die offenen Türen finden - sei es, daß es ein Kurzschluß war oder eine kaputte Sicherung.
    Und er fürchtete sich nicht mehr, sondern kam sich wie ein junger Mystiker vor, der drauf und dran war, dem Leibhaftigen zu begegnen oder seiner stigmatisierten Hände ansichtig zu werden. Ganz ruhig ging er in den Schrein.
    Zunächst nahm er es nicht wahr. Er sah, was er zu sehen erwartet hatte, den langen, mit Blumen und Bäumen ausgestatteten Raum und den steinernen Thron und die große Mattscheibe des Fernsehers, auf der Gesichter in nichtigem Gelächter flimmerten. Dann begriff er:
    auf dem Thron saß nur eine Figur; und diese Figur war fast vollständig durchsichtig! Die Farben des Fernsehers leuchteten geradewegs durch sie hindurch!
    Nein, das durfte einfach nicht wahr sein! Marius, schau genau hin. Selbst deine Sinne sind nicht unfehlbar. Wie ein verwirrter Sterblicher führte er die Hände an seine Schläfen, um der Wirrnis Einhalt zu gebieten.
    Er starrte staunend die Rückseite Enkils an, der, von seinem schwarzen Haar abgesehen, so etwas wie eine Milchglasstatue geworden war.
    Marius schüttelte den Kopf. Das war einfach unmöglich! Aber dann raffte er sich auf. »Cut, Marius«, flüsterte er. »Immer mit der Ruhe.«
    Aber er wurde von einem schwelenden Verdacht gepeinigt. Irgend jemand war gekommen, jemand, der älter und mächtiger war als er, jemand, der JENE, DIE BEWAHRT WERDEN MUSSEN entdeckt und etwas Unaussprechliches angerichtet hatte! All das ging auf Lestats Konto. Lestat, der der Welt sein Geheimnis verraten hatte. Langsam zog Marius sein Taschentuch hervor und wischte sich den Blutschweiß von der Stirn. Dann näherte er sich dem Thron und ging um ihn herum, bis er genau dem König gegenüberstand.
    Wie schon seit zweitausend Jahren reichte Enkils schwarzes, geflochtenes Haar bis auf seine Schultern herab, schmiegte sich sein weiter Goldkragen an seine unbehaarte Brust, war sein Leinenkilt makellos sauber, schmückten Ringe seine bewegungslosen Finger. Aber sein Körper war aus Glas! Und vollständig hohl!
    Sogar die Augäpfel waren durchsichtig, und die Iris wurde nur noch von vagen Kreisen markiert. Nein, Augenblick, wenn er genau hinsah, konnte er tatsächlich noch die Knochen sehen. Auch wenn sie inzwischen von gleicher Beschaffenheit waren wie das Fleisch, sie waren immerhin noch da, wie auch das feine Geflecht der Adern und Arterien, und auch die Lungen waren noch auszumachen, aber das alles war jetzt durchsichtig, aus derselben Materie. Was hatte man ihm bloß angetan?!
    Nicht genug damit, die Gestalt änderte sich immer noch. Vor seinen Augen vertrocknete sie, wurde noch durchsichtiger.
    Vorsichtig berührte er sie. Das war keineswegs Glas. Das war eine bloße Hülse.
    Seine unachtsame Geste hatte die Gestalt ins Wanken gebracht. Der Körper schwankte und fiel auf den Marmorboden, die Augen weit aufgerissen, die Glieder starr wie immer. Es hörte sich an wie das Schaben eines landenden Insekts. Nur das Haar bewegte sich. Das weiche schwarze Haar, und dann begann sich auch das noch zu verändern. Er zerbrach in Stücke, es zerbrach in kleine, funkelnde Splitter.
    Und als das Haar abfiel, legte es zwei punktförmige Wundmale auf dem Hals frei. Wunden, die nicht verheilt waren, da alles heilende Blut aus dem Körper gesogen worden war.
    »Wer war das?« keuchte er und ballte die Faust, um nicht laut aufzuschreien. Wer hatte ihn bis auf den letzten Tropfen des Lebens berauben können?
    Und die Gestalt war tot, da gab es nichts zu rütteln.
    Unser König ist zerstört, unser Vater. Und ich lebe, atme noch. Das kann nur bedeuten, daß sie über die Urkraft verfügt. Sie allein und schon immer.

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