Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
Vom Netzwerk:
wollte mich nicht lassen. Ich wußte nicht, ob es möglich war. Ich wußte nur, daß ich es nicht wollte.
    >Maharet<, sagte er, >sie werden sich eine Rasse kriecherischer Gehilfen heranzüchten, wenn sie nicht überwältigt werden, und wer könnte sie überwältigen außer denen, die genauso mächtig sind wie sie selbst!<
    >Nein, eher will ich sterben, sagte ich, doch als ich die Worte ausgesprochen hatte, dachte ich an die Flammen, die uns erwarteten. Aber nein, es war unverzeihlich. Morgen würde ich zu meiner Mutter gehen; ich würde für immer von hier fortgehen, und nichts konnte mich halten.
    >Und du, Mekare?< hörte ich ihn sagen. >Willst du dafür sorgen, daß dein Fluch in Erfüllung geht? Oder sterben und es den Geistern überlassen, die euch von Anfang an im Stich gelassen haben?<
    Der Sturm erhob sich erneut und heulte um den Palast; ich hörte die Außentüren klappern; ich hörte, wie der Sand gegen die Mauern gepeitscht wurde. Diener rannten durch entfernte Gänge, Schlafende erhoben sich von ihren Betten. Ich konnte das schwache, hohle und unirdische Wehklagen der Geister hören, die ich so sehr liebte.
    >Seid still<, sagte ich. >Ich werde es nicht mitmachen. Ich werde dieses Böse nicht in mich einlassen.<
    Aber als ich dakniete, den Kopf an die Wand gelehnt, und daran dachte, daß ich sterben und irgendwie den Mut dazu finden mußte, bemerkte ich, daß der unaussprechliche Zauber innerhalb der Mauern dieser engen Zelle erneut ausgeübt wurde. Während die Geister noch darüber herzogen, hatte Mekare sich entschieden. Ich streckte den Arm aus und fühlte diese zwei Gestalten, Mann und Frau, miteinander verschmolzen wie Liebende; und als ich mich bemühte, sie zu trennen, schlug Khayman mich, streckte mich bewußtlos nieder.
    Sicher vergingen nur Minuten. Irgendwo in der Finsternis weinten die Geister. Die Geister kannten das endgültige Ergebnis früher als ich. Der Sturm ließ nach, die Finsternis wurde still, der Palast war ruhig.
    Die kalten Hände meiner Schwester berührten mich. Ich hörte ein seltsames Geräusch wie Lachen; kann man ohne Zunge lachen? Ich traf keine echte Entscheidung; ich wußte nur, daß wir unser ganzes Leben lang gleich gewesen waren, Zwillinge und Spiegelbilder, zwei Körper und eine Seele, so schien es. Und jetzt saß ich in der heißen, totalen Dunkelheit dieses engen Raumes und lag in den Armen meiner Schwester, und zum ersten Mal war sie verändert, und wir waren nicht mehr ein Wesen - und waren es doch. Und dann fühlte ich ihren Mund an meinem Hals; ich spürte, wie sie mich verletzte;
    und Khayman nahm sein Messer und nahm ihr die Arbeit ab, und ich wurde ohnmächtig.
    Oh, diese himmlischen Sekunden; diese Augenblicke, in denen ich im Geist wieder das liebliche Licht des silbernen Himmels sah und meine Schwester vor mir lächelte und ihre Arme in den Regen hob. Wir tanzten gemeinsam im Regen, und unser ganzes Volk war bei uns, und unsere bloßen Füße versanken im nassen Gras, und als der Donner grollte und der Blitz den Himmel zerriß, war es, als seien unsere Seelen von allen Leiden erlöst. Vom Regen durchnäßt gingen wir tief in die Höhle hinein; wir entzündeten eine kleine Lampe und betrachteten die alten Wandmalereien - Malereien, die von all den Hexen angefertigt worden waren, die vor uns gelebt hatten; zusammengekauert hörten wir das ferne Rauschen des Regens und verloren uns in diesen Bildern von tanzenden Hexen und im Anblick des Mondes, der am Nachthimmel aufging.
    Khayman übte den Zauber aus, dann meine Schwester, dann wieder Khayman. Ihr wißt, was mir widerfuhr, nicht wahr? Aber wißt ihr, was diese finstere Gabe für eine Blinde bedeutete? Winzige Funken loderten im gasigen Dunkel; dann schien ein feuriges Licht in schwachen Impulsen die Umrisse der Gegenstände um mich herum zu bestimmen; so wie hell leuchtende Dinge nachwirken, wenn man die Augen schließt.
    Ja, ich konnte mich in dieser Dunkelheit bewegen. Mit den Händen überprüfte ich, was ich sah. Die Tür, die Wand, dann den Gang vor mir; für eine Sekunde leuchtete eine blasse Übersicht des vor uns liegenden Weges auf.
    Die Nacht schien noch nie so still gewesen zu sein; kein unmenschliches Wesen atmete in der Dunkelheit; die Geister hatten sich endgültig zurückgezogen.
    Und ich habe nie, niemals wieder etwas von den Geistern gesehen oder gehört. Niemals wieder sollten sie auf meine Fragen oder meinen Ruf antworten. Die Gespenster der Toten, ja, aber die Geister waren für immer

Weitere Kostenlose Bücher