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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Kraft.
    Hatte irgend etwas von ihr in Mekare überlebt? Das war es, was ich mich ständig fragte. Das war es, was ich wissen wollte. Oder war ihre Seele endlich erlöst worden, als ihr das Hirn herausgerissen wurde?
    Manchmal erwachte ich im Dunkeln, in dem Wabenkeller mit den Eisenwänden und den zahllosen unpersönlichen Kammern, und war mir ganz sicher, daß sie direkt neben mir war, nicht weiter als einen Zoll von meinem Gesicht entfernt; ich fühlte wieder ihr Haar, ihren Arm um mich; ich sah das schwarze Schimmern ihrer Augen. Ich tastete in die Dunkelheit, doch da war nichts als die feuchten Ziegelwände.
    Dann lag ich da und dachte an die arme kleine Baby Jenks, die in Spiralen aufstieg, als sie sie mir gezeigt hatte; ich sah das verschiedenfarbige Licht, das Baby Jenks umgab, als sie zum letztenmal auf die Erde hinunterblickte. Wie könnte Baby Jenks, die arme kleine Radfahrerin, eine solche Vision erfunden haben? Vielleicht kehren wir wirklich am Ende heim.
    Wer weiß?
    Also bleiben wir unsterblich, bleiben wir voll Angst, bleiben wir an das gekettet, was wir beherrschen. Alles geht von neuem los, das Rad dreht sich; wir sind die Vampire, denn andere gibt es nicht; der neue Orden ist gegründet.
     
    Wir verließen Maharets Anwesen wie eine Zigeunerkarawane; eine Parade glänzender schwarzer Autos, die mit tödlicher Geschwindigkeit über makellose Straßen durch die amerikanische Nacht rasten. Auf dieser langen Fahrt erzählten sie mir alles - spontan und manchmal, wenn sie sich untereinander unterhielten, unwissentlich. Wie ein Mosaik rügte sich alles, was geschehen war, zusammen. Selbst wenn ich in den blauen Samtpolstern einnickte, hörte ich sie und sah, was sie gesehen hatten.
    Hinunter zu den Sümpfen Südfloridas, hinunter in die große, dekadente Stadt Miami, die gleichzeitige Parodie auf Himmel und auf Hölle.
    Unverzüglich schloß ich mich in dieser Suite geschmackvoll eingerichteter Zimmer ein; Sofas, Teppiche, blasse Pastellzeichnungen von Piero della Francesca, ein Computer auf dem Tisch, Musik von Vivaldi aus winzigen Lautsprechern in den tapezierten Wänden. Eine eigene Treppe in den Keller, wo in der stahlummantelten Krypta der Sarg wartete: schwarze Lackarbeit, Messinggriffe; ein Zündholz und ein Kerzenstumpf; die Sargfütterung mit weißen Spitzen besetzt.
    Wenn ich nicht schrieb, lag ich auf dem grauen, brokatbezogenen Diwan, sah von der Terrasse aus zu, wie sich die Palmwedel im leichten Wind bewegten, und lauschte ihren Stimmen unter mir.
    Louis bat Jesse noch einmal höflich, die Erscheinung Claudias zu beschreiben. Und Jesse antwortete bekümmert, vertraulich: »Aber Louis, das war doch keine Wirklichkeit.«
    Gabrielle vermißte Jesse jetzt, da sie abgereist war; Jesse und Gabrielle waren stundenlang zusammen am Strand spazierengegangen. Sie schienen kein Wort miteinander gewechselt zu haben, aber konnte ich da sicher sein?
    Gabrielle ließ sich immer mehr Kleinigkeiten einfallen, um mich glücklich zu machen; sie trug ihr Haar offen, weil sie wußte, daß mir das gefiel; sie kam in mein Zimmer herauf, bevor sie bei Morgengrauen verschwand. Hin und wieder sah sie nach mir, prüfend, bemüht.
    »Du möchtest von hier fortgehen, nicht wahr?« fragte ich dann besorgt; oder etwas in der Art.
    »Nein«, sagte sie. »Es gefällt mir hier. Ich fühle mich wohl. «Wenn sie jetzt Unruhe ergriff, fuhr sie auf die Inseln, die nicht sehr weit entfernt waren. Sie mochte die Inseln. Doch das war es nicht, worüber sie sprechen wollte. Sie hatte immer noch etwas anderes im Sinn. Einmal sprach sie es fast aus. »Sag mir doch …« Und dann hielt sie plötzlich inne.
    »Ob ich sie geliebt habe?« fragte ich. »Ist es das, was du wissen willst? Ja, ich habe sie geliebt.«
    Und ich konnte immer noch nicht ihren Namen aussprechen.
     
    Mael kam und ging.
    Er war eine Woche lang fortgewesen; heute abend war er wieder hier - unten - und versuchte, Khayman in ein Gespräch zu verwickeln, Khayman, von dem alle fasziniert waren. Erste Brut. Diese Kraft. Und wenn man sich vorstellte, daß er durch die Straßen Trojas gewandelt war!
    Hin und wieder klopfte Khayman an meine Tür. »Kommst du nie heraus?« fragte er. Er blickte auf den Stapel beschriebener Seiten neben dem Computer, auf die schwarzen Buchstaben: Die Königin der Verdammten. Er stand dann da und ließ mich in seinem Gedächtnis nach all den kleinen Bruchstücken, halb erinnerten Augenblicken forschen; es machte ihm nichts aus. Ich schien ihn

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