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Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten

Titel: Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Treppe hinauf ins Wohnzimmer. Armand spielte immer noch mit Khayman Schach und verlor. Daniel lag mit Kopfhörern da und hörte Bach, hin und wieder warf er einen Blick auf das schwarzweiße Brett, um zu sehen, ob eine Figur bewegt worden war.
    Auf der Terrasse stand Gabrielle, die Daumen in die Gesäßtaschen gehakt, und blickte über das Wasser. Allein. Ich ging zu ihr hinaus, küßte sie auf die Wange und sah ihr in die Augen, und als ich endlich das widerwillige leichte Lächeln erntete, das ich so brauchte, drehte ich mich um und ging zurück ins Haus.
    Marius las im schwarzen Ledersessel die Zeitung, die er faltete wie ein Gentleman in einem privaten Club.
    »Louis ist abgereist«, sagte er, ohne von der Zeitung aufzusehen.
    »Was meinst du damit - abgereist?«
     
    »Nach New Orleans«, sagte Armand, ohne vom Schachbrett hochzublicken. »In diese Wohnung, die du da hattest. Die, in der Jesse Claudia sah.«
    »Das Flugzeug wartet«, sagte Marius, die Augen immer noch auf der Zeitung. »Mein Chauffeur kann dich vom Flughafen abholen und hinfahren«, sagte Armand, die Augen immer noch auf dem Spiel.
    »Was soll das? Warum seid ihr so hilfsbereit? Warum soll ich fort und Louis nachsetzen?«
    »Ich glaube, du solltest ihn zurückholen«, sagte Marius. »Es ist nicht gut, wenn er sich in dieser alten Wohnung in New Orleans aufhält.«
    »Ich finde, du solltest sehen, daß du fortkommst und etwas unternimmst«, sagte Armand. »Du hast dich zu lange hier vergraben.«
    »Aha, ich merke schon, wie dieser Orden sich entwickeln wird; Ratschläge von allen Seiten, und jeder beobachtet jeden aus dem Augenwinkel. Warum habt ihr Louis überhaupt nach New Orleans gelassen? Hättet ihr ihn nicht aufhalten können?«
    Ich landete um zwei Uhr in New Orleans. Die Limousine ließ ich am Jackson Square.
    Es war alles so sauber mit den neuen Fliesen und, man stelle sich vor, den Ketten an den Toren zum Platz, damit die Stadtstreicher nicht mehr auf ihm im Gras schlafen konnten, wie sie es seit zweihundert Jahren getan hatten. Und die Touristen bevölkerten jetzt das Cafe du Monde, wo früher die Flußkneipen gewesen waren, jene wunderbar abstoßenden Orte, an denen die Jagd unwiderstehlich war und wo die Frauen so hartgesotten waren wie die Männer.
    Aber mir gefiel es jetzt, mir würde es immer gefallen. Die Farben waren wie immer. Selbst in dieser verdammten Januarkälte herrschte die alte tropische Stimmung; es lag irgendwie an den gerade dahinlaufenden Wegen, den niedrigen Gebäuden, am Himmel, der sich ständig veränderte, und an den schiefen Dächern, die jetzt in einem leichten, eisigen Regen glänzten.
    Ich entfernte mich langsam vom Fluß und ließ die Erinnerungen in mir aufsteigen, als kämen sie aus dem Straßenpflaster; ich hörte die harsche Blechmusik aus der Rue Bourbon und bog dann in die stille, feuchte Dunkelheit der Rue Royale.
    Wie oft war ich in den alten Zeiten diesen Weg gegangen, wenn ich vom Fluß oder aus der Oper oder aus dem Theater zurückkam und genau hier stehenblieb, um meinen Schlüssel in das Tor der Einfahrt zu stecken!
    Ah, das Haus, in dem ich ein Menschenleben lang gelebt hatte, in dem ich zweimal beinahe gestorben wäre.
    Jemand war oben in der alten Wohnung. Jemand, der leise ging, aber doch die Dielen knarren ließ.
    Das kleine Geschäft unten lag ordentlich und unbeleuchtet hinter den vergitterten Fenstern; Porzellannippes, Puppen, Spitzenfächer. Ich blickte zum Balkon mit dem gußeisernen Geländer hoch; ich stellte mir Claudia vor, die dort auf Zehenspitzen stand und zu mir heruntersah; die kleinen Hände gefaltet auf das Geländer gelegt. Goldenes Haar fiel ihr über die Schultern; ein langes violettes Band. Meine kleine unsterbliche sechsjährige Schönheit - Lestat, wo bist du gewesen?
    Und er, er tat wohl das gleiche. Sich solche Dinge vorzustellen.
    Es war totenstill; sofern man das Geplapper der Fernsehgeräte hinter den grünen Fensterläden und den alten, weinbewachsenen Mauern nicht hörte und den groben Lärm aus der Rue Bourbon; tief in einem Haus auf der anderen Straßenseite stritten sich ein Mann und eine Frau.
    Aber es war niemand zu sehen; nur das glänzende Straßenpflaster und die geschlossenen Geschäfte und die großen, schweren Autos, die an der Bordkante parkten, während der Regen lautlos auf ihre gewölbten Dächer fiel.
    Niemand sah mich, als ich wegging und mich dann umdrehte und in altbewährter Weise den schnellen, katzenhaften Sprung auf den Balkon

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