Chronik der Vampire 03 - Königin der Verdammten
meine die wahrhaft Unsterblichen - die Bluttrinker, die ein Jahrtausend überlebt haben und sagen, daß sich keiner von uns im Lauf der Zeit wirklich ändert; wir werden nur immer ausgeprägter das, was wir schon von jeher sind.
Anders ausgedrückt, du wirst weiser, wenn du ein paar hundert Jahre lebst; aber du hast auch mehr Zeit, so übel zu werden, wie es deine Feinde schon immer von dir behauptet haben.
Und ich bin derselbe Teufel, der ich immer war, der junge Mann, der sich zur Bühnenrampe drängt, wo man ihn am besten sehen und vielleicht auch am meisten lieben kann. Das eine bedingt das andere. Und ich möchte Sie so gerne unterhalten, in meinen Bann schlagen, damit Sie mir alles verzeihen … Ich fürchte, daß mir die zufälligen Augenblicke flüchtiger Begegnungen nie genügen werden.
Aber ich greife vor.
Wenn Sie meine Autobiographie gelesen haben, möchten Sie wissen, wovon ich spreche, was es mit der erwähnten Katastrophe auf sich hat.
Also lassen Sie uns einen Blick zurückwerfen. Wie gesagt, ich habe Der Fürst der Finsternis geschrieben und die Platte gemacht, weil ich gesehen werden, mich in meiner wahren Natur zeigen wollte, wenn auch nur auf symbolische Weise.
Und was das Risiko betrifft, daß den Sterblichen wirklich ein Licht aufgehen und sie begreifen würden, daß ich genau das war, wofür ich mich ausgab - diese Möglichkeit erregte mich nicht wenig. Sollten sie uns doch jagen, sollten sie uns doch vernichten, im Grunde war das mein sehnlichster Wunsch. Wir verdienten es nicht zu existieren; sie sollten uns töten. Und man stelle sich nur diese Schlachten vor! Ah, mit jenen kämpfen, die wirklich wußten, was ich war!
Aber in Wirklichkeit habe ich nie mit einem solchen Ausgang gerechnet; und die Rolle des Rockmusikers war einfach die perfekte Verkleidung für einen Unhold meines Schlags.
Es waren meine Artgenossen, die mich beim Wort nahmen, die mich für meine Untat bestrafen wollten. Natürlich hatte ich auch damit gerechnet.
Schließlich hatte ich in meinem Buch unsere Geschichte erzählt; ich hatte unsere verborgensten Geheimnisse verraten, Dinge, die niemals zu verraten ich geschworen hatte. Und ich trat damit großspurig ins Rampenlicht und vor die Fernsehkameras. Und was wäre erst gewesen, wenn ich einem Wissenschaftler in die Fänge geraten wäre oder, was schon eher zu befürchten war, irgendeinem übereifrigen Polizisten wegen einer läppischen Verkehrsübertretung, kaum fünf Minuten vor Sonnenaufgang, und wenn sie mich dann einsperrten, untersuchten, identifizierten und - zur Zufriedenheit der verstocktesten Skeptiker aller Kontinente - entlarvten - und das alles in vollem Tageslicht, während ich hilflos dalag?
Zugegeben, das war nicht sehr wahrscheinlich. Ist es noch immer nicht. (Obwohl es ein Mordsspaß sein könnte!)
Doch das Risiko, das ich auf mich nahm, mußte die anderen Vampire zweifellos rasend machen, sie mußten versuchen, mich lebendigen Leibes zu verbrennen oder in kleine unsterbliche Stücke zu zerhacken. Sie wußten ja nicht, wie sicher wir in Wirklichkeit waren!
Und je näher das Konzert rückte, desto heftiger träumte ich von diesen Schlachten. Was für ein höllisches Vergnügen; jene zu vernichten, die so übel wie ich waren.
Aber letztlich zählte nur die Freude, da draußen zu sein, Musik zu machen, den Leuten etwas vorzuführen, vorzuzaubern. Ich wollte endlich wieder lebendig sein.
Ich wollte endlich wieder Mensch sein. Dem sterblichen Schauspieler, der vor zweihundert Jahren nach Paris gegangen und auf dem Boulevard dem Tod begegnet war, würde endlich das Publikum zu Füßen liegen.
Und das Konzert war ein Erfolg. Ich triumphierte vor fünfzehn-tausend tobenden sterblichen Fans; und zwei meiner größten unsterblichen Geliebten waren dabei - Gabrielle und Louis -, meine Zöglinge, meine Angebeteten, von denen ich allzu viele dunkle Jahre getrennt gewesen war.
Noch ehe die Nacht vorbei war, hatten wir die eklen Vampire besiegt, die mich meiner Strafe hatten zurühren wollen. Aber bei diesem kleinen Scharmützel hatten wir einen unsichtbaren Verbündeten gehabt, und unsere Feinde gingen in Flammen auf, noch bevor sie uns etwas antun konnten.
Als der Morgen graute, war ich durch die Ereignisse der Nacht noch so in Hochstimmung, daß ich die Gefahr überhaupt nicht mehr ernst nahm. Ich schlug Gabrielles eindringliche Warnungen in den Wind - es war zu schön, sie wieder in den Armen halten zu dürfen; und über Louis’ düstere Ahnungen
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