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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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ich will Ihnen noch das Einfachste berichten:
    Dieser Mann spricht nicht das gleiche Französisch wie Sie! Ich will Sie nicht beleidigen, Monsieur, aber Ihr Französisch ist ziemlich … wie soll ich sagen? Ungewöhnlich? Sie benutzen altmodische Wörter. Und Sie reihen die Wörter auf ungewöhnliche Weise aneinander. Ich weiß immer, wenn Sie es sind.«
    »Ich verstehe Sie genau«, sagte ich. »Und jetzt glauben Sie mir, wenn ich sage: Sie dürfen nie wieder mit diesem Mann sprechen. Er ist in der Lage, Ihre Gedanken zu lesen. Er versucht, die Codewörter auf telepathischem Wege von Ihnen zu bekommen. Wir werden ein System einrichten, Sie und ich. Sie werden jetzt eine Überweisung an mich veranlassen … an meine Bank in New Orleans. Aber danach muß alles verriegelt und verrammelt werden. Und wenn ich wieder Kontakt mit Ihnen aufnehme, werde ich drei altmodische Wörter benutzen. Wir werden sie vorher nicht verabreden … aber es werden Wörter sein, die Sie von mir schon gehört haben, und Sie werden sie erkennen.«
    Das war natürlich riskant. Aber das Entscheidende war: Der Mann kannte mich! Ich sagte ihm, daß der Dieb, um den es hier ging, äußerst gefährlich sei, daß er meinen Agenten in New York überfallen habe und daß alle denkbaren Maßnahmen zu seinem persönlichen Schutz ergriffen werden müßten. Ich würde für alles aufkommen - Leibwächter in jeder beliebigen Zahl rund um die Uhr. »Sie werden sehr bald wieder von mir hören. Vergessen Sie nicht: altmodische Wörter. Sie werden mich erkennen, wenn Sie mit mir sprechen.«
    Als ich auflegte, zitterte ich vor Wut, vor unerträglicher Wut! Ah, dieses kleine Monstrum! Nicht genug damit, daß er den Körper des Gottes besitzt, er muß auch noch die Schatzkammern des Gottes l plündern. Der kleine Dämon, der kleine Kobold! Und ich war so dumm gewesen, nicht zu wissen, daß genau dies passieren würde!
    »Oh, du bist wirklich ein Mensch«, sagte ich zu mir. »Du bist ein menschlicher Idiot!« Und wenn ich an all die Schmähungen dachte, mit denen Louis mich überhäufen würde, bevor er sich bereit fände, mir zu helfen!
    Und wenn Marius es erfuhr! Oh, das war zu schrecklich, um darüber nachzudenken. Ich mußte Louis erreichen, so schnell es ging.
    Ich mußte mir einen Koffer besorgen und zum Flughafen fahren.
    Mojo würde zweifellos in einer Kiste reisen müssen, und auch die mußte ich beschaffen. Mein Abschied von Gretchen würde nicht auf die anmutige, langsame Weise vonstatten gehen, die ich mir vorgestellt hatte. Aber das würde sie sicher verstehen.
    Es passierte eine Menge in der komplexen, trügerischen Welt ihres geheimnisvollen Liebhabers. Es war Zeit auseinanderzugehen.

Siebzehn
    D ie Reise nach Süden war ein kleiner Alptraum. Auf dem Flughafen, der nach den wiederholten Unwettern eben erst wieder geöffnet worden war, drängten sich aufgeregte Sterbliche, die auf ihren lange verschobenen Abflug warteten oder ihre ankommenden Freunde und Verwandten abholen wollten.
    Gretchen ließ den Tränen freien Lauf, und ich ebenfalls. Eine schreckliche Angst hatte sie ergriffen; sie fürchtete, mich vielleicht nie wiederzusehen, und ich konnte ihr nicht überzeugend versichern, daß ich zu ihr in die Mission von St. Margaret Mary kommen würde, in den Dschungel von Französisch-Guyana, von St. Laurent flußaufwärts auf dem Maroni. Ein Zettel mit der Adresse wurde sorgfältig in meiner Tasche verstaut, und darauf standen auch alle Nummern des Mutterhauses in Caracas, von wo aus die Schwestern mich weiterleiten könnten, wenn ich die Mission nicht allein finden sollte. Für Mittemacht hatte sie bereits den Flug für die erste Etappe ihrer Rückreise gebucht.
    »So oder so, ich muß dich wiedersehen«, sagte sie in einem Ton, der mir das Herz brach.
    »Das wirst du, ma chére«, sagte ich. »Das verspreche ich dir. Ich werde die Mission finden. Und ich werde dich finden.«
    Der Flug selbst war die Hölle. Ich lag die meiste Zeit über wie gelähmt da und wartete darauf, daß das Flugzeug explodierte und mein sterblicher Körper in Fetzen gerissen würde. Daß ich große Mengen von Gin Tonic trank, linderte die Angst nicht, und wenn es mir hin und wieder doch gelang, meine Gedanken für ein paar Augenblicke davon zu befreien, dann nur, um mich wie besessen mit den Schwierigkeiten zu beschäftigen, denen ich gegenüberstand. Meine Dachwohnung zum Beispiel war voller Kleider, die mir nicht paßten, und ich war es gewöhnt, sie durch eine Tür auf dem

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