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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Gottes willen, komm zu mir. Ich will es… ich will es wissen!«
    Ich antwortete nicht; ich war zu verwirrt. Dann gab ich meiner Verwirrung Ausdruck.
    »Weißt du, wenn ich wirklich komme und mich dir offenbare, könntest du auf eine furchtbare Art sehr enttäuscht sein.«
    »Wieso?«
    »Du hältst mich aufgrund des spirituellen Inhalts all dessen, was ich gesagt habe, für einen erhabenen Menschen. Du siehst in mir so etwas wie einen seligen Irren, der Wahrheit mit Irrtümern vermischt absondert, wie es ein Mystiker tun könnte. Aber ich bin kein Mensch. Und wenn du das erst weißt, wirst du es vielleicht verabscheuen.«
    »Nein, ich könnte dich niemals verabscheuen. Und zu wissen, daß alles, was du gesagt hast, wahr ist? Das wäre… ein Wunder.«
    »Vielleicht, Gretchen. Vielleicht. Aber erinnere dich, was ich gesagt habe. Wir sind eine Vision ohne Offenbarung. Wir sind ein Wunder ohne Sinn. Willst du dieses Kreuz wirklich mit den vielen anderen tragen?«
    Sie antwortete nicht; sie wägte meine Worte ab. Ich konnte mir nicht vorstellen, was sie für sie bedeuten mochten. Ich nahm ihre Hand, und sie ließ es zu, bog ihre Finger sanft um die meinen, und ihr Blick war immer noch fest, als sie mich anschaute.
    »Es gibt keinen Gott, nicht wahr, Gretchen?«
    »Nein, es gibt keinen«, flüsterte sie.
    Ich wollte lachen und weinen. Ich lehnte mich zurück, lachte leise vor mich hin und sah sie an, ihre ruhige, statuenhafte Haltung, mit der sie dort saß, während der Feuerschein sich in ihren nußbraunen Augen spiegelte.
    »Du weißt nicht, was du für mich getan hast«, sagte sie. »Du weißt nicht, was es bedeutet hat. Ich bin jetzt bereit - bereit zurückzugehen.«
    Ich nickte. »Dann wird es nichts ausmachen, meine Schöne, wenn wir noch einmal zusammen in dieses Bett gehen. Denn das sollten wir mit Sicherheit tun.«
    »Ja, das sollten wir, denke ich«, sagte sie.
     
    Es war fast dunkel, als ich sie leise verließ und das Telefon an der langen Schnur in das kleine Badezimmer trug, um noch einmal meinen New Yorker Agenten anzurufen. Wieder klingelte und klingelte es. Ich wollte gerade aufgeben und mich wieder an meinen Mann in Paris wenden, als eine Stimme sich meldete und mir langsam und unbeholfen zu verstehen gab, daß mein Repräsentant in New York nicht mehr lebe. Er sei vor einigen Nächten in seinem Büro hoch über der Madison Avenue eines gewaltsamen Todes gestorben. Inzwischen sei Raub als Motiv für den Überfall ermittelt worden, denn sein Computer und alle seine Unterlagen seien gestohlen worden.
    Ich war so verdattert, daß ich der hilfreichen Stimme am Telefon zunächst nicht antworten konnte. Endlich konnte ich mich so weit sammeln, daß es mir gelang, ein paar Fragen zu stellen.
    Am Mittwochabend gegen acht sei das Verbrechen begangen worden. Nein, niemand wisse, wie groß der Schaden sei, der durch den Diebstahl der Unterlagen entstanden sei. Ja, leider habe der Arme leiden müssen.
    »Eine schreckliche, schreckliche Situation«, sagte die Stimme. »Wenn Sie in New York wären, hätten Sie es gar nicht vermeiden können, davon zu erfahren. Jede Zeitung in der Stadt hat die Story gebracht. Einen Vampirmord haben sie es genannt. Der Leichnam des Mannes war völlig ausgeblutet.«
    Ich legte auf und blieb einen Moment lang starr und schweigend sitzen. Dann rief ich in Paris an. Mein Agent meldete sich nach kurzem Klingeln.
    Gott sei Dank, daß ich anriefe, sagte er. Aber bitte, ich müsse mich identifizieren. Nein, die Codewörter genügten nicht. Wie wäre es mit Gesprächen, die wir in der Vergangenheit miteinander geführt hätten? Ah ja, ja, das wäre etwas, sagte er. Reden Sie. Reden Sie. Sofort spulte ich eine ganze Litanei von Geheimnissen ab, die nur ihm und mir bekannt waren, und ich konnte hören, wie erleichtert er war, als sei eine große Bürde von ihm genommen.
    Die allerseltsamsten Dinge seien im Gange, erzählte er. Schon zweimal sei er von jemandem angerufen worden, der behauptet hätte, ich zu sein, es aber offensichtlich nicht sei. Dieser Mensch kenne sogar zwei unserer Codewörter aus der Vergangenheit und habe mit einer umständlichen Geschichte zu erklären versucht, weshalb er die neuesten nicht wisse. Unterdessen wären mehrere Computeraufträge für Kapitalüberweisungen eingegangen, aber in allen Fällen seien die Codes falsch gewesen. Allerdings nicht völlig falsch. Tatsächlich deute alles darauf hin, daß diese Person dabei war, unser System zu knacken.
    »Aber, Monsieur,

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