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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zuzuschlagen. Ah, aber die Gittertür, das wird das schwierigste, dachte ich, als ich meine schweren Beine die Stufen hinaufschleppte, eine Treppe nach der anderen, während Mojo auf jedem Absatz freundlich auf mich wartete.
    Endlich sah ich die Gitter der Tür vor mir. Die herrliche Sonne strahlte vom Dachgarten ins Treppenhaus, und die großen grünen Elefantenohren schwankten; sie waren nur an den Rändern ein bißchen braun von der Kälte.
    Dieses Schloß … wie sollte ich jemals dieses Schloß aufbekommen? Ich war gerade dabei, mir zu überlegen, was für Werkzeug man vielleicht brauchen würde - wie wär’s mit einer kleinen Bombe? -, als mir plötzlich klarwurde, daß ich die Tür zu meinem Apartment etwa fünfzehn Schritt weit vor mir sah und daß sie offenstand.
    »O Gott, der Schuft war hier!« flüsterte ich. »Verflucht, Mojo, er hat mein Nest geplündert.«
    Natürlich konnte man das auch als Hoffnungszeichen deuten. Der Schuft war noch am Leben; die anderen hatten ihn nicht beseitigt. Und ich konnte ihn immer noch fangen! Aber wie? Ich trat gegen das Tor, und ein stechender Schmerz fuhr mir durch den Fuß und das Bein.
    Ich packte das Gitter und rüttelte unbarmherzig daran, aber es saß so fest in den alten Eisenscharnieren, wie ich es mir gedacht hatte. Ein schwacher Untoter wie Louis hätte es nicht aufbrechen können, geschweige denn ein gewöhnlicher Sterblicher. Zweifellos hatte der Dämon es überhaupt nicht angerührt, sondern war vom Himmel herabgefahren, genau wie ich es immer getan hatte.
    Also gut, Schluß damit. Werkzeug besorgen und die Sache rasch hinter sich bringen, und dann das Ausmaß des Schadens feststellen, den der Dämon angerichtet hat.
    Ich wandte mich zum Gehen, aber in diesem Augenblick nahm Mojo Habachtstellung ein und knurrte warnend. Jemand bewegte sich dort in der Wohnung. Ich sah einen Schatten an der Wand im Eingangsflur.
    Nicht der Körperdieb; das war unmöglich, Gott sei Dank. Aber wer dann?
    Im nächsten Augenblick wurde mir die Frage beantwortet. David erschien! Mein schöner David, bekleidet mit schwarzem Tweedanzug und Mantel, spähte mir mit charakteristischer Neugier und Wachsamkeit im Blick den Gartenweg entlang entgegen. Ich glaube nicht, daß ich in meinem langen verfluchten Leben je schon einmal so froh war, einen Sterblichen zu sehen.
    Ich rief sofort seinen Namen, und auf französisch erklärte ich, ich sei es, Lestat. »Bitte öffnen Sie das Tor.«
    Er reagierte nicht gleich. Ja, noch nie war er mir so würdevoll und gefaßt erschienen, als ein so wahrhaft eleganter englischer Gentleman wie jetzt, als er dastand und mich anschaute. In seinem schmalen, stark zerfurchten Gesicht las ich nichts als sprachlosen Schrecken. Er starrte den Hund an. Dann mich. Dann den Hund.
    »David, ich bin Lestat, ich schwöre es!« rief ich. »Das hier ist der Körper des Mechanikers! Erinnern Sie sich doch bitte an das Foto! James hat es getan, David. Ich bin in diesem Körper gefangen. Was kann ich sagen, damit Sie mir glauben? David, lassen Sie mich hinein.«
    Er blieb regungslos stehen. Dann kam er plötzlich mit schnellen, entschlossenen Schritten heran. Seine Miene war undurchschaubar, als er jetzt vor dem Tor stehenblieb.
    Ich war vor lauter Glück einer Ohnmacht nahe. Noch immer klammerte ich mich mit beiden Händen an das Gitter, als wäre ich im Gefängnis, und dann wurde mir bewußt, daß ich ihm geradewegs in die Augen blickte - daß wir zum erstenmal gleich groß waren.
    »David, Sie ahnen nicht, wie sehr ich mich freue, Sie zu sehen«, sagte ich und verfiel wieder ins Französische. »Wie sind Sie nur hereingekommen? David, ich bin Lestat. Ich bin es. Sie glauben mir doch sicher. Sie erkennen meine Stimme. David, Gott und der Teufel in dem Pariser Cafe! Wer sonst weiß davon außer mir?«
    Aber es war nicht meine Stimme, worauf er reagierte; er starrte mir in die Augen und lauschte wie auf ferne Klänge. Und dann plötzlich änderte sich seine ganze Haltung, und ich sah seinem Gesicht deutlich an, daß er mich erkannte.
    »Oh, dem Himmel sei Dank«, sagte er mit einem leisen, sehr höflichen britischen Seufzer.
    Er zog ein kleines Etui aus der Tasche und nahm ein dünnes Stück Metall heraus, das er in das Schloß schob. Ich kannte genug von der Welt, um zu wissen, daß es sich um irgendein Einbrecherwerkzeug handelte. Er öffnete das Gittertor und breitete die Arme aus.
    Wir umarmten uns lange und warmherzig und wortlos, und ich kämpfte wütend gegen die

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