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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hatte, solange ich nicht in ihren Dateien gewesen war. Und, verdammt, ich konnte mich an die Codewörter nicht mehr erinnern und hatte überhaupt ziemliche Mühe, mit den einfachsten Befehlen zurechtzukommen.
    »Er hatte recht«, knurrte ich. »Er hat mich gewarnt: Die Denkprozesse würden nicht mehr dieselben sein.« Ich wechselte von meinem Finanzprogramm auf Wordstar, meine Textverarbeitung, und schrieb eine Mitteilung an meinen Pariser Agenten, die ich ihm über das Modem per Telefon zukommen ließ; ich bat ihn, unverzüglich einen Statusbericht anzufertigen, und erinnerte ihn noch einmal daran, um seiner persönlichen Sicherheit willen äußerst umsichtig zu sein.
    Ich lehnte mich zurück und atmete tief durch, was sofort zu einem heftigen Hustenanfall rührte; mir wurde bewußt, daß David mich anstarrte, als sei mein Anblick derart schockierend, daß er ihn nicht verdauen könne. Es war beinahe komisch, wie er mich ansah. Dann schaute er wieder Mojo an, der stumm und ein bißchen schwerfällig das Apartment inspizierte und sich hin und wieder nach mir umsah, ob ich irgendwelche Befehle zu erteilen hätte.
    Ich schnippte mit den Fingern; er kam zu mir, und ich umarmte ihn kräftig. David beobachtete das alles, als sei es die unheimlichste Sache der Welt.
    »Gütiger Gott, Sie sind wirklich in diesem Körper«, flüsterte er. »Sie schweben nicht bloß darin, sondern sind richtig in den Zellen verankert.«
    »Was Sie nicht sagen«, entgegnete ich angewidert. »Es ist gräßlich - der ganze Schlamassel. Und die anderen wollen mir nicht helfen, David. Ich bin ausgestoßen.« Wütend knirschte ich mit den Zähnen. »Ausgestoßen!« Ich knurrte erbost und versetzte damit unabsichtlich Mojo in Aufregung, so daß er sofort anfing, mir das Gesicht zu lecken.
    »Natürlich habe ich es verdient«, sagte ich und kraulte Mojo. »Das ist anscheinend der einfachste Teil bei der Beschäftigung mit mir. Ich verdiene ja immer das Schlimmste! Die schlimmste Untreue, den schlimmsten Verrat, die schlimmste Verlassenheit! Lestat, der Schurke. Nun, sie haben den Schurken ganz und gar im Stich gelassen.«
    »Ich habe verzweifelt versucht, Sie zu erreichen«, sagte er mit beherrschter und gedämpfter Stimme. »Ihr Agent in Paris hat geschworen, er könne mir nicht helfen. Ich habe es unter der Adresse in Georgetown versucht.« Er deutete auf den gelben Block, der auf dem Tisch lag. »Gott sei Dank sind Sie hier.«
    »David, meine schlimmste Befürchtung ist, daß die anderen James vernichtet haben und meinen Körper mit ihm. Kann sein, daß dieser Körper hier der einzige ist, den ich noch habe.«
    »Nein, das glaube ich nicht«, sagte er mit überzeugendem Gleichmut. Der kleine Kerl, der sich Ihren Körper ausgeborgt hat, hat eine breite Spur hinterlassen. Aber kommen Sie, ziehen Sie erst mal die nassen Sachen aus. Sie erkälten sich ja.«
    »Was soll das heißen, eine Spur?«
    »Sie wissen, daß wir solche Verbrechen im Auge behalten. Aber jetzt Ihre Sachen, bitte.«
    »Noch mehr Verbrechen, außer in New York?« fragte ich aufgeregt. Ich ließ mich von ihm vor den Kamin ziehen und fühlte mich sogleich behaglich in der Wärme. Ich zog den nassen Pullover und das Hemd aus. Natürlich gab es in meinen diversen Schränken nichts, was mir gepaßt hätte. Und mir fiel ein, daß ich meinen Koffer in der vergangenen Nacht irgendwo bei Louis vergessen hatte. »Das in New York ist Mittwoch abend passiert, nicht wahr?«
    »Meine Kleider werden Ihnen passen«, meinte David; er hatte den Gedanken aufgeschnappt, kaum daß er mir in den Sinn gekommen war, und begab sich zu einem Mammutkoffer aus Leder, der in der Ecke stand.
    »Was ist denn noch passiert? Und wieso denken Sie, daß es James war?«
    »Er muß es gewesen sein.« Er ließ den Koffer aufspringen, nahm mehrere zusammengefaltete Kleidungsstücke und dann einen Tweedanzug heraus, der große Ähnlichkeit mit seinem eigenen hatte; er legte ihn mitsamt dem Kleiderbügel auf den nächstbesten Stuhl. »Hier, ziehen Sie sich das an. Sie holen sich sonst noch den Tod.«
    »O David«, sagte ich und zog mich weiter aus, »den hätte ich mir schon ein paarmal fast geholt. Ja, eigentlich habe ich mein ganzes kurzes Leben als Sterblicher am Rande des Todes verbracht. Die Pflege dieses Körpers ist eine abscheuliche Last; wie ertragen lebende Menschen nur diesen endlosen Kreislauf von Essen, Pissen, Schniefen, Scheißen und wieder Essen? Wenn man noch Fieber, Kopfschmerzen, Hustenanfälle und eine

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