Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr
Triefnase dazunimmt, wird daraus eine echte Strafe. Und Verhütungsmittel - gütiger Gott! Die häßlichen kleinen Dinger abzunehmen ist noch schlimmer, als sie überzustreifen! Wie bin ich nur auf den Gedanken gekommen, daß ich so etwas tun will! Aber diese anderen Verbrechen wann haben sie stattgefunden? Der Zeitpunkt ist wichtiger als der Ort.«
Er starrte mich wieder versunken an, zu schockiert, um mir zu antworten. Mojo betrachtete ihn jetzt auch, musterte ihn mehr oder minder und erbot sich, ihm mit seiner rosigen Zunge freundlich die Hand zu lecken. David tätschelte ihn liebevoll, starrte mich aber weiter ausdruckslos an.
»David!« Ich zog die nassen Socken aus. »Sagen Sie etwas. Die anderen Verbrechen! Sie haben gesagt, James habe eine Spur hinterlassen.«
»Das ist so unglaublich gespenstisch«, sagte er fassungslos. »Ich habe ein Dutzend Bilder von diesem Gesicht. Aber Sie darin zu sehen … oh, ich konnte es mir einfach nicht vorstellen. Überhaupt nicht.«
»Wann hat dieser Dämon das letztemal zugeschlagen?«
»Ah… die letzte Meldung kam aus der Dominikanischen Republik. Das war… Moment… vor zwei Tagen.«
»Aus der Dominikanischen Republik! Was, um alles in der Welt, will er denn da?«
»Genau das wüßte ich auch gern. Davor hat er in der Nähe von Bal Harbour in Florida zugeschlagen. Beide Male geschah es in einem Hochhaus mit Eigentumswohnungen, und Zugang verschaffte er sich auf die gleiche Weise wie in New York - durch die Fensterwand. An allen drei Tatorten das Mobiliar zertrümmert; Wandsafes aus der Verankerung gerissen, Wertpapiere, Gold, Schmuck gestohlen. Ein Toter in New York, eine blutleere Leiche natürlich. In Florida zwei Frauen ausgesaugt, in Santo Domingo eine Familie ermordet, aber nur den Vater nach klassischer Vampirart ausgesaugt.«
»Er hat seine Kraft nicht unter Kontrolle. Er stampft umher wie ein Roboter.«
»Genau das dachte ich auch. Es war die Kombination aus Zerstörungswut und blinder Kraft, was mich hat aufmerksam werden lassen. Die Kreatur ist unglaublich unfähig! Und das ganze Unternehmen ist so dumm. Aber was ich nicht begreife, ist, weshalb er sich diese Schauplätze für seine diversen Diebereien ausgesucht hat.«
Mir wurde plötzlich bewußt, daß ich mich völlig ausgezogen hatte und splitternackt dastand; das machte ihn seltsam reserviert, und er schien fast zu erröten.
»Hier, trockene Socken«, sagte er. »Wissen Sie nicht, daß man nicht in nassen Socken herumläuft?« Er warf mir die Socken zu, ohne aufzublicken.
»Ich weiß überhaupt nicht viel«, sagte ich. »Das habe ich herausgefunden. Aber ich verstehe, was Sie meinen, wenn Sie von den Tatorten reden. Weshalb, um alles in der Welt, reist er in die Karibik, wenn er in den Vororten von Boston oder New York nach Herzenslust stehlen kann?«
»Ja. Es sei denn, die Kälte machte ihm große Beschwerden, aber wäre das plausibel?«
»Nein. Die spürt er nicht so scharf. Es ist einfach nicht das gleiche.«
Es war angenehm, ein trockenes Hemd und eine Hose anzuziehen. Und die Sachen paßten tatsächlich, auch wenn sie auf eine etwas altmodische Weise weit waren - es waren nicht die schmalgeschnittenen Kleider, die eher bei der Jugend beliebt sind. Das Hemd war aus schwerem Baumwollstoff, und die Tweedhose hatte eine Bügelfalte, aber die Weste fühlte sich behaglich und wann an.
»Hier, ich kann diese Krawatte mit meinen sterblichen Fingern nicht binden«, sagte ich. »Aber warum muß ich mich so fein anziehen, David? Laufen Sie nie in Freizeitkleidung herum, wie man es wohl nennt? Gütiger Gott, wir sehen ja aus, als gingen wir zu einer Beerdigung. Wieso muß ich mir diese Schlinge um den Hals legen?«
»Weil Sie sonst albern aussehen in einem Tweedanzug«, antwortete er leicht abwesend. »Kommen Sie, ich helfe Ihnen.« Wieder bekam er diesen scheuen Blick, als er an mich herantrat. Ich merkte, daß er meinen Körper sehr anziehend fand. In meinem alten hatte ich ihn in Erstaunen versetzt, aber dieser hier entfachte seine Leidenschaft. Und als ich ihn aus der Nähe betrachtete und das geschäftige Nesteln seiner Finger am Knoten der Krawatte spürte - diesen harten, zarten Druck -, da erkannte ich, daß auch ich mich stark zu ihm hingezogen fühlte.
Ich dachte an all die Male, da ich ihn hatte nehmen, in die Arme schließen und meine Zähne langsam und zärtlich in seinen Hals versenken wollen, um sein Blut zu trinken. Ah, und jetzt könnte ich ihn in einem gewissen Sinne haben, ohne
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