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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Zeit.«
    »Aber erinnerst du dich daran, glücklich gewesen zu sein?«
    »Eine interessante Frage. Wie soll ich es ausdrücken?« grübelte er. »Sollte ich sagen, die Erinnerung an eine Sehnsucht, eine Unvollständigkeit haftet tiefer als die Erinnerung an vollkommene Glückseligkeit? Könnte ich sagen, es gab weniger zu verstehen?
    Unterschätze jedoch nicht die Auswirkungen, die die Erschaffung des materiellen Universums auf uns hatte. Denk doch mal darüber nach, was Zeit bedeutet und wie unglücklich du ohne sie wärst. Nein, das ist falsch. Was ich meine, ist, daß du ohne die Zeit deiner selbst nicht bewußt wärest, es gäbe für dich weder Erfolge noch Mißerfolge, weder Zukunft noch Vergangenheit, nichts hätte irgendwelche Auswirkungen auf dich.«
    »Ich verstehe, was du meinst. Beinahe wie die alten Leute, die, fast ohne Verstand, sich kaum noch an etwas erinnern. Staunend vegetieren sie dahin, doch sie können mit anderen Menschen keinen Umgang mehr pflegen, weil nichts mehr ihr Bewußtsein erreicht.«
    »Ein perfekter Vergleich. Obwohl ich dir versichere, daß auch diese alten, kranken Leute immer noch eine Seele haben, die sich allerdings schon längst aus der Abhängigkeit von ihrem verkrüppelten Gehirn befreit hat.«
    »Seelen!« wiederholte ich.
    Wir schritten langsam und gleichmäßig dahin, und ich versuchte, mich von all dem Grün rundherum und von all den Blüten nicht ablenken zu lassen. Aber ich habe Blumen noch nie widerstehen können, und hier sah ich so riesige, daß man heute sicher der Meinung wäre, sie seien unpraktisch und kaum zu pflegen. Die verschiedenen Baumarten jedoch waren mir bekannt. So also hatte die Welt einst ausgesehen.
    »Ja, damit hast du recht. Spürst du die Wärme? Dieser Planet macht jetzt gerade eine Phase erfreulichster evolutionärer Entwicklungen durch. Wenn die Menschen vom Garten Eden oder dem Paradies sprechen, ›erinnern‹ sie sich an diese Zeit.«
    »Die Eiszeit muß erst noch kommen.«
    »Die zweite Eiszeit. Und dann wird die Welt sich erneuern, und Eden wird neu erstehen. Und während der ganzen Eiszeit wird die Menschheit sich fortentwickeln. Aber du mußt dir auch klarmachen, daß selbst in diesem Stadium Leben, wie wir es kennen, schon seit Millionen von Jahren existierte!«
    Ich blieb stehen und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Ich versuchte, das alles noch einmal zu überdenken. (Wenn Sie das auch tun möchten, lesen Sie einfach die letzten Seiten noch einmal.)
    »Aber Er wußte, was Materie ist!« rief ich aus.
    »Da bin ich mir nicht sicher«, sagte Memnoch. »Er nahm diesen Samen, dieses Ei, diesen Urstoff und formte ihn in etwas um, das zu Materie wurde! Aber ich weiß nicht, ob Er wirklich und wahrhaftig die Bedeutung dessen, was Er tat, vorhersah. Siehst du, darum kreist unsere große Auseinandersetzung. Ich glaube, Er erkennt die Konsequenzen aus seinen Handlungen nicht! Ich glaube, Er achtet nicht einmal darauf! Und um genau das geht es in diesem großen Kampf!«
    »So erschuf Er also die Materie, indem Er während dieses Schöpfungsprozesses entdeckte, was sie war.«
    »Ja, Materie und Energie, die, wie du weißt, austauschbar sind. Ja, Er schuf beides, und ich habe den Verdacht, daß der Schlüssel zu Ihm, zu Seinem Wesen, in dem Wort ›Energie‹ liegt. Und daß, falls die menschliche Entwicklung je den Punkt erreicht, an dem die menschliche Sprache eine zufriedenstellende Erklärung für Engel und Gott findet - daß dann ›Energie‹ das Schlüsselwort sein wird.«
    »Also war Er Energie«, schlußfolgerte ich, »und Er veranlaßte, daß sich ein Teil seiner Energie in Materie umwandelte, und so schuf Er das Universum.«
    »Ja, und damit schuf Er einen Kreislauf, der unabhängig von Ihm ablief. Aber natürlich verriet uns das niemand zu diesem Zeitpunkt. Er sagte es auch nicht. Ich glaube nicht einmal, daß Er es wußte. Wir Engel wußten es mit Sicherheit nicht. Das einzige, was wir erfuhren, war, daß wir geblendet waren von Seiner Schöpfung. Wir waren so absolut verwundert darüber, wie sich Materie anfühlte, wie sie schmeckte, wie heiß und fest sie war und welche Gravitationskraft sie in ihrer Schlacht mit der Energie freisetzte. Wir erkannten nur, was wir sahen und fühlten.«
    »Ah, und ihr saht, wie sich das Universum entfaltete. Ihr saht den Urknall.«
    »Diesen Begriff solltest du mit Skepsis benutzen. Ja, wir sahen die Geburt des Universums; wir bestaunten, wie sich alles in Bewegung setzte. Und wir waren von

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