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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Hemd zu stopfen, daß man nicht anschließend aussieht wie ein gefährlicher Irrer. Ich habe noch alle Tassen im Schrank, wie die Sterblichen so nett sagen. Sag, mietest du uns eine Wohnung?«
    Er nickte.
    »Direkt neben der Kathedrale ist ein verglaster Wolkenkratzer. Ein monströses Ding.«
    »Der Olympic Tower.«
    »Ja, kannst du es nicht da versuchen? Eigentlich könnte das auch einer meiner sterblichen Agenten erledigen. Ich weiß nicht, warum in aller Welt ich hier vor dir so idiotisch herumjammere und dich für dieses entwürdigende Alltagsgeschäft einspanne.«
    »Ich kümmere mich darum. Wahrscheinlich ist es jetzt schon zu spät, aber morgen abend kann ich es hinkriegen. Ich lasse es unter dem Namen David Talbot laufen.«
    »Meine Kleidung. Das Hotel hat ein oder zwei Koffer in Verwahrung und ein paar Mäntel. Hier ist ja wirklich Winter.« Ich gab ihm den Zimmerschlüssel. Wirklich demütigend! Als ob ich ihn als meinen Diener betrachtete. Vielleicht überlegte sich David es ja noch und mietete unsere neue Unterkunft besser unter dem Namen Renfield.
    »Ich kümmere mich um alles. Morgen abend sitzen wir in einem Palast. Ich werde die Schlüssel für dich am Empfang hinterlegen. Und was wirst du jetzt tun?«
    Ich zögerte, lauschte. Mein Opfer sprach immer noch mit Dora. Sie würde New York am Morgen verlassen.
    Ich deutete nach oben. »Ich bringe den Mistkerl um. Morgen abend direkt nach Sonnenuntergang, wenn ich ihn nur schnell genug orte. Dora wird dann weg sein. Oh, ich verschmachte. Ich wünschte, sie nähme die Nachtmaschine. Dora. Dora.«
    »Du magst die Kleine wirklich, nicht wahr?«
    »Ja. Versuch sie mal im Fernsehen zu erwischen, dann siehst du es selbst. Sie ist wirklich sehenswert, und ihre Lehren haben etwas gefährlich Gefühlsbetontes.«
    »Ist sie wirklich so begabt?«
    »Beschenkt mit allem, was du dir vorstellen kannst. Sehr weiße Haut, schwarzes, kurzgeschnittenes Haar, lange dünne, aber gutgeformte Beine; und sie tanzt mit einer Hingabe, es läßt einen fast an die Derwische denken oder vielmehr an Sufis, und ihre Ansprachen sind nicht so sehr demütig - eher voller Verwunderung und Güte.«
    »Das sollte man wohl meinen.«
    »Nein, so ist Religion selten. Weißt du, sie kommt dir nicht mit diesen Phrasen, daß die Apokalypse naht, und droht nicht mit ewiger Verdammnis, wenn du ihr keinen Scheck sendest.«
    Er überlegte einen Moment, dann sagte er bedeutungsvoll: »Ich sehe, was los ist.«
    »Nein, das tust du nicht. Ich liebe sie, ja - aber ich werde sie schon bald total vergessen haben. Es ist einfach so… Sie hat eine so überzeugende Auffassung von Religion, und sie ist so zerbrechlich; und sie glaubt wirklich an all das; sie glaubt wirklich und wahrhaftig, daß Jesus auf Erden gewandelt ist.«
    »Und das Wesen, das hinter dir her ist, steht in keiner Weise in Beziehung dazu, daß du dir ihren Vater zum Opfer erwählt hast?«
    »Nun, das kann ich herausfinden.«
    »Wie?«
    »Indem ich den Hurensohn heute nacht noch töte. Vielleicht schon, wenn er hier rausgeht. Er wird nicht bei ihr bleiben, dazu fürchtet er zu sehr, er könne sie in Gefahr bringen. Er bleibt nie im gleichen Hotel wie sie. In dieser Stadt hat er verschiedene Apartments, deshalb wundert es mich, daß er überhaupt so lange hier war.«
    »Ich bleibe bei dir.«
    »Nein, geh nur. Ich muß das hier beenden. Ich brauche dich, ehrlich - brauche es, dir mein Herz auszuschütten, dich bei mir zu wissen; diese uralten, geheiligten menschlichen Bedürfnisse - aber du brauchst nicht an meiner Seite zu bleiben. Ich muß nicht in deinen Gedanken lesen, um zu wissen, daß du Durst hast - du hast nicht getrunken, weil du schnell herkommen wolltest, weil du mich nicht enttäuschen wolltest. Geh, durchstreif die Stadt.« Ich lächelte. »Du hast noch nie in New York gejagt, nicht wahr?«
    Er schüttelte den Kopf. Sein Augenausdruck veränderte sich. Das war der Hunger. Sein Blick wurde verhangen und starr, wie wenn ein Rüde eine läufige Hündin wittert. Diesen Ausdruck bekommen wir alle, den Raubtierblick - und doch sind wir keine natürlichen Geschöpfe wie die Raubtiere. Keiner von uns.
    Ich stand auf. »Du kümmerst dich um die Wohnung im Olympic Tower?« fragte ich. »Eine mit Blick auf St. Patrick, ja? Nicht zu hoch oben, damit die Kirchtürme nahebei sind.«
    »Dich hat wirklich dein brillanter, übernatürlicher Verstand verlassen!«
    »Nein. Aber ich gehe jetzt hinaus in den Schnee. Ich kann ihn oben hören, er küßt

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