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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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deren Glück und tiefe Befriedigung so erhebend sind, daß kein Schrecken der Welt ihm diesen Frieden nehmen kann! Daß Menschen allen widrigen Umständen zum Trotz im Einklang mit sich selbst leben können, das ist ihre Fähigkeit, Liebe und gegenseitiges Verständnis zu empfinden! Die Menschen schaffen das, Herr! Ganz gewiß! Komm, tanz mit Deinem Volk, schmause mit ihm. Schling Deine Arme um Männer und Frauen und liebe sie im Fleische!‹
    ›Memnoch, ich habe Mitleid mit dir‹, sagte er. ›Wie ich Mitleid mit den Menschen habe, die mich töten und meine Gebote falsch auslegen werden. Doch meine Träume gelten denen, die bis ins tiefste Herz von meinem Leiden betroffen sein werden und dessen auf ewig gedenken, denn sie werden erkennen, wie sehr ich die Sterblichen liebe, da ich den Tod auf mich nahm, ehe ich die Tore Scheols öffnete. Ich bemitleide dich. Deine Haltung macht deine Schuld zu schwer, als daß du sie ertragen könntest‹
    »Meine Schuld? Welche Schuld?‹
    ›Du bist die Ursache für all dies, Memnoch. Du hast gesagt, ich solle mich leibhaftig hinabbegeben. Du warst es. Du hast mich dazu gedrängt, hast mich herausgefordert, und nun bist du nicht fähig, das Wunder meines Opfers zu erkennen.
    Und wenn du es sehen wirst, wenn du die Seelen, geläutert durch Leiden, gen Himmel aufsteigen sehen wirst, was wirst du dann von deinen armseligen kleinen Entdeckungen halten, die du in den Armen der Menschentöchter machtest? Was wirst du denken? Kannst du es nicht sehen? Ich werde das Leiden belohnen, Memnoch! Es soll im Kreislauf des Lebens die alles aufwiegende, unbeschränkte Kraft sein! Es soll Früchte tragen, und allenthalben soll es von der Herrlichkeit künden, die in ihm selbst begründet liegt.‹
    ›Nein, nein, nein!‹ Ich sprang empört auf. ›Herr, tu, um was ich Dich bitte.
    Bring es zu Ende, wenn Du denn mußt! Gründe dieses Wunder auf einen Mord - wenn das Dein Wille ist, soll es so geschehen. Doch löse Dich von dem sicheren Bewußtsein, Gott zu sein, damit Du wirklich und wahrhaftig stirbst, Herr, damit du fühlst, wie ein Mensch fühlt, wenn sie die Nägel in Dein Fleisch treiben, und nichts anderes; und damit Deine Seele menschlich ist, wenn Du die Düsternis Scheols betrittst. Herr, bitte, ich flehe Dich an. Im Namen der gesamten Menschheit bitte ich Dich. Ich kann nicht in die Zukunft sehen, doch niemals fürchtete ich sie so sehr wie jetzt.«
    Memnoch verstummte.
    Wir waren ganz allein in der Sandwüste, Memnoch blickte in die Feme, und ich stand neben ihm, zutiefst verunsichert.
    »Er hat deine Bitte nicht erfüllt, nicht wahr?« fragte ich. »Memnoch, als Gott starb, starb er in dem Wissen, daß er Gott ist. Starb und stand wieder auf von den Toten, mit diesem göttlichen Wissen. Die Menschen disputieren und debattieren und stellen es in Frage -Er aber war sich dessen bewußt. Und auch als sie die Nägel einschlugen, wußte Er da: Ich bin Gott?«
    »Ja«, sagte Memnoch. »Er war ein Mensch, aber dieser Mensch war nie ohne die göttliche Kraft.«
    Plötzlich lenkte mich etwas ab. Und Memnoch schien zu erschüttert für weitere Worte.
    Etwas hatte sich in unserer Umgebung verändert. Ich blickte zu dem Ring aus Felsbrocken und bemerkte, daß dort eine Gestalt saß, ein dunkelhäutiger, dunkeläugiger Mann, ausgezehrt und voller Wüstenstaub. Er sah zu uns herüber.
    Und obwohl nicht eine Faser seines Fleisches anders als menschlich aussah, war es doch offensichtlich Gott.
    Ich stand wie versteinert. Ich verlor die Orientierung, wußte nicht vor noch zurück, kannte weder rechts noch links. Dennoch fürchtete ich mich nicht, und dieser Mann, dieser Dunkeläugige, schaute uns einfach nur an. Zärtlichstes Mitgefühl strahlte sein Gesicht aus und die gleiche rückhaltlose Akzeptanz, die ich auch im Himmel empfunden hatte, als er sich mir zugewandt und mich bei den Armen gehalten hatte.
    Der Sohn Gottes.
    »Komm her, Lestat«, rief er jetzt leise, die menschliche Stimme übertönte kaum den Wüstenwind. »Komm näher.«
    Ich sah Memnoch an, auch er sah jetzt zu ihm hinüber und lächelte bitter. »Lestat, es ist immer gut, seinen Worten zu folgen, egal wie er sich verhält.«
    Blasphemie. Ich wandte mich zitternd ab.
    Geradewegs ging ich auf die Gestalt zu, mir jedes Schrittes durch den kochend heißen Sand bewußt, während ich die dunkle, hagere Gestalt, diesen müden, leidenden Mann, immer deutlicher wahrnahm. Ich sank vor ihm auf die Knie und schaute auf in sein Gesicht.
    »Der

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