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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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tiefen Einsicht und der Bejahung der Dinge, im Erkennen ihrer Schönheit? Was sollte ich denn deiner Ansicht nach tun?«
    »Hilf den verlorenen Seelen! Hilf ihnen. Überlaß sie nicht dem Wirbelwind, überlasse sie nicht Scheol, wo sie sich in Jahrtausenden mühen, durch Beobachtung des irdischen Treibens Einsichten zu gewinnen! Weißt Du, was Du getan hast? Du hast alles schlimmer gemacht als vorher!«
    »Was fällt dir ein!«
    »Du hast es schlimmer gemacht! Sieh dir dieses Schlachtfeld an - Dein Kreuz erschien vor dieser Schlacht am Himmel, und nun wird Dein Kreuz zum Wahrzeichen des Kaiserreichs! Seit dem Tode derer, die Zeugen Deiner Auferstehung waren, sind nur einige wenige der Gestorbenen in Dein Licht eingegangen, Unmengen sind in die Irre gegangen, verstrickt in Streitereien, Kämpfe und Mißverständnisse, schmachten sie in Finsternis!«
    »Mein Licht gehört denen, die es empfangen wollen.«
    »Das lasse ich nicht gelten!«
    Gott versetzte Memnoch einen heftigen Schlag ins Gesicht. Memnoch taumelte rückwärts, die Flügel wie in dem Reflex, aufzufliegen, ausgebreitet. Doch sie kamen wieder zur Ruhe, und nur ein paar zierliche weiße Federn flatterten durch die Luft, während Memnoch seine Hand an die Wange hob, wo der Abdruck der Hand Gottes flammte. Ich konnte den Abdruck der Hand deutlich sehen, blutrot wie die Wundmale an den Händen und Füßen Christi.
    »Nun gut«, sprach Gott. »Da dir die verlorenen Seelen stärker am Herzen liegen als dein Gott, so soll es dein Los sein, sie zu sammeln! Scheol soll dein Königreich sein! Schare sie dort um dich, millionenfach, und lehre sie den Weg zum Licht. Ich sage, keine Seele soll sich auflösen oder verlöschen, solange du die Kraft hast, sie ins Sein zurückzurufen; ich sage, es soll keine verloren sein, doch sie alle sollen deiner Verantwortung unterstehen, sollen deine Schüler, deine Gefolgsleute, dir dienstbar sein.
    Und bis zu dem Tage, da Scheol leer und verödet ist! Bis zu dem Tag, der alle Seelen geradewegs vor die Himmelstore führt, sollst du mein Widersacher sein, mein Teufel. Du bist verdammt, nicht weniger als ein Drittel deiner Zeit auf der Erde zu verbringen, die du doch so sehr liebst, und ein weiteres Drittel in Scheol oder der Hölle, wie immer du dein Reich nennen möchtest. Und nur hin und wieder werde ich dir in meiner Barmherzigkeit gestatten, den Himmel zu betreten, und gib acht, daß du dann deine Engelsgestalt annimmst!
    Auf Erden soll man dich als Dämon betrachten! Als Antichrist - als Gott des Tanzens, des Trinkens, des Feierns und des Fleisches und all der Dinge, die du so sehr liebst, daß du mich herausfordertest. So sollen sie dich wahrnehmen, und deine Flügel sollen schwarz wie Ruß und Asche sein, und deine Beine sollen Bocksbeinen gleichen, als wärest du Pan selbst! Oder erscheine als einfacher Mensch, ja, diese Gnade sei dir gewährt, daß du dich als Mensch unter ihnen bewegen kannst, da du es ja für ein so weitvolles Unterfangen hältst, menschlich zu sein. Doch niemals wirst du als Engel unter ihnen erscheinen, nein, niemals!
    Nie sollst du deine Engelsgestalt nutzen dürfen, um sie zu verwirren und irrezuleiten, sie zu blenden oder zu demütigen. Du und deine Wächter haben das schon zur Genüge getan. Doch wenn du meine Tore durchschreitest, achte darauf, daß du mir zu Ehren eine angemessene Gestalt annimmst, mit Flügeln so weiß wie Schnee und ebensolchen Gewändern. Vergiß nicht, in meinem Reich dein wahres Ich zu sein!«
    »Ich werde es schaffen!« beharrte Memnoch. »Ich kann sie lehren, kann sie anleiten. Laß mich nur die Hölle nach meinen Vorstellungen führen, und ich werde sie alle bekehren; ich kann all das rückgängig machen, was ihnen Dein natürlicher Kreislauf auf Erden angetan hat.«
    »Schön, dann möchte ich gern sehen, daß du es tust!« sagte der Sohn Gottes. »Schicke mir all die Seelen, die durch dein Purgatorium gegangen sind. Vorwärts! Mehre meine Herrlichkeit. Mehre den bene ha elohim. Der Himmel ist unendlich, und deine Bemühungen sind dort willkommen.
    Aber der Himmel wird erst wieder für alle Ewigkeit deine Heimat sein, wenn du diese Aufgabe vollendet hast, wenn alle, die sterben, direkt in den Himmel eingehen, oder erst am Ende der Welt - wenn die Evolution so weit fortgeschritten ist, daß Scheol, gleich aus welchen Gründen, leer ist. Und, Memnoch, merke dir meine Worte: Dieser Tag kommt vielleicht nie! Ich habe die unendliche Entfaltung des Universums verheißen! Du hast

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