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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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frei!«
    Damit drehte ich mich um.
    Er griff abermals nach meinem Arm, und da kannte meine Wut keine Grenzen mehr. Ich schleuderte ihn zurück, so daß er rücklings zwischen taumelnde, sich auflösende Seelen fiel. Die Hilfreichen Geister liefen neugierig und aufgeregt rufend durcheinander, ihre bleichen ovalen Gesichter blickten verstört und
    bekümmert.
    »Geh du nur«, fluchte Memnoch, der noch genau dort am Boden lag, wo ich ihn niedergestreckt hatte. »Und so wahr Gott mein Zeuge ist, du wirst, wenn du stirbst, auf den Knien rutschend zu mir zurückkehren - mein Schüler, mein Anhänger. Doch nie wieder wird es dieses Angebot geben, dich zu meinem Prinzen, meinem Gehilfen zu machen!«
    Ich erstarrte, über die Schulter hinweg stierte ich auf den Gestürzten, dessen Ellbogen sich in die weichen, schwarzen Daunen seines Flügels gruben, als er versuchte, wieder auf die behurten Füße zu kommen, um sich abermals auf mich zu stürzen mit diesem monströs behinderten Gang.
    »Hast du mich gehört!«
    »Ich kann dir nicht dienen«, brüllte ich mit der ganzen Kraft meiner Lunge. »Ich bringe es einfach nicht über mich!«
    Dann wandte ich mich endgültig ab in der Gewißheit, daß ich mich nicht noch einmal umschauen würde. Mich beherrschte nur ein Gedanke: Flucht! Ich rannte wie wahnsinnig, schlitterte über losen Mergel und schlüpfrige Hänge, stapfte durch die seichten Wasserläufe, zwischen den herbeiströmenden Gruppen verdutzter Hilfreicher Toter hindurch und quer über wimmernde Seelen hinweg.
    »Wo sind die Stufen? Wo sind die Tore? Du kannst mir das nicht abschlagen. Dazu hast du kein Recht. Der Tod hat mich noch nicht geholt!« schrie ich, aber ohne mich auch nur einmal umzublicken oder im Laufen innezuhalten.
    »Dora! David! Helft mir!« rief ich, so laut ich konnte. Doch da war Memnochs Stimme, dicht an meinem Ohr. »Lestat, tu das nicht. Bleib hier. Kehr nicht um. Lestat, tu’s nicht, das ist Torheit, merkst du das nicht? Bitte, um der Liebe Gottes willen, wenn du Ihn überhaupt lieben kannst, die Seelen hier lieben kannst, dann hilf mir!«
    »Nein!« Ich drehte mich zu ihm um und gab ihm einen gewaltigen Stoß, der ihn rücklings die Stufen hinabtaumeln ließ, die benommene Gestalt wirkte durch die riesigen flatternden Schwingen unbeholfen und grotesk. Ich drehte mich auf dem Absatz um und floh vor ihm. Weit voraus konnte ich schon das Licht am Ende der Treppe sehen und die geöffnete Tür. Ich raste darauf zu.
    »Haltet ihn fest!« schrie Memnoch. »Laßt ihn nicht fort, er darf den Schleier nicht mitnehmen.«
    »Er hat das Schweißtuch der Veronika!« kreischte einer der Hilfreichen Toten, indem er sich auf mich stürzte.
    Beinahe wäre ich ausgeglitten, doch ich fing mich und rannte weiter, in großen Sätzen, mit schmerzenden Beinen. Ich fühlte die Hilfreichen Toten immer näher an mich herankommen.
    »Haltet ihn!«
    »Laßt ihn nicht fort!«
    »Haltet ihn!«
    »Nehmt ihm den Schleier ab!« rief Memnoch. »Unter seinem Hemd, das Schweißtuch, er darf es nicht mitnehmen!«
    Mit der linken Hand trieb ich die Hilfreichen Toten in einem wattigen, gestaltlosen Haufen gegen die Klippe. Weit über mir war die Tür. Ich sah das Licht schon, ich sah es, und ich wußte, es war irdisches Licht, leuchtend hell und natürlich.
    Memnochs Hand krallte sich in meine Schulter und wirbelte mich herum.
    »Nein, so nicht!« knurrte ich ihn an. »Gott vergib mir und du auch, aber du kriegst weder mich noch den Schleier!«
    Ich hob den linken Arm, um seine grabschenden, klauenartigen Hände abzuwehren, und stieß ihn erneut, aber er flog förmlich auf mich zu, als kämen ihm nun seine Flügel zu Hilfe, und er nagelte mich fast an die Stufen. Ich spürte den Druck seiner Finger auf meinem linken Auge! Spürte, wie sie das Lid aufzwangen und meinen Augapfel in aufloderndem Schmerz tief in die Höhle preßten, und dann glitt die gelatineartige Masse über meine Wange und zwischen meinen zitternden Fingern hindurch.
    Ich hörte Memnoch aufkeuchen.
    »Oh, nein«, stöhnte er; er preßte seine Hand vor den Mund und starrte voller Entsetzen auf das gleiche Ding, das auch ich anstarrte.
    Mein Auge, mein rundes blaues Auge lag schimmernd auf der Stufe. Und all die Hilfreichen Toten starrten es ebenfalls an.
    »Tretet drauf, zermalmt es«, schrie einer von ihnen und stürzte vor. »Ja, zertretet es, zerquetscht es, zerdrückt es!« kreischte ein anderer und schoß förmlich darauf zu.
    »Nein, laßt das, nein! Halt,

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