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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Buchhändlern vorbei bis hinein in die Kathedrale, standen die Menschen Schlange.
    David hatte die Arme verschränkt, mit gekreuzten Füßen lehnte er mehr an der Mauer, als daß er stand. Ich hatte es vorgezogen, wie eins der Kids dazuhocken, ein Knie angezogen, mein verwüstetes, einäugiges Gesicht aufwärtsgewandt, das Kinn auf der geballten Faust und den Ellbogen auf dem Knie abgestützt, so lauschte ich der Menge.
    Ein ganzes Stück weiter vom konnte man schrille Schreie und laute Stimmen hören. Bestimmt hatte gerade jemand eine reine Serviette gegen das Schweißtuch gedrückt, und wieder war das Bildnis übertragen worden! Und so würde es auch morgen abend wieder sein und vielleicht auch am Abend darauf und auch am übernächsten Abend. Wie oft noch, das wußte niemand. Man wußte nur, daß das Antlitz seinen Abdruck auf dem daraufgepreßten Stoff hinterließ und es sich so wie Glut von Tuch zu Tuch fraß, einer Flamme gleich, die von einem Docht zum ändern überspringt.
    »Komm endlich«, sagte David. »Wir frieren hier zu Eis. Komm, laß uns ein Stück gehen.«
    Also gingen wir.
    »Warum?« fragte ich. »Warum diese Richtung, nur um denselben Anblick zu haben wie letzte Nacht und vorletzte Nacht? Damit ich abermals krampfhaft versuche, zu Dora vorzudringen, obwohl mir klar ist, daß jede Zurschaustellung von übermäßiger Kraft oder übernatürlichen Gaben nur das Wunderbare des Ganzen noch zusätzlich bekräftigt! Sie wird mir nie wieder zuhören. Das weißt du genau. Und wer ist heute auf den Stufen erschienen, wer wird sich heute bei Sonnenaufgang opfern, um dem Wunder Nachdruck zu verleihen?«
    »Mael ist da.«
    »Ach ja, der Druidenpriester, einmal ein Priester, immer ein Priester. So hat er also den heutigen Sonnenaufgang gewählt, um, Luzifer gleich, in einem Flammenmeer zu vergehen.«
    In der vergangenen Nacht war es irgendein zerlumpter vagabundierender Bluttrinker gewesen, von weiß Gott woher, wir kannten ihn nicht. Doch bei Tagesanbruch wurde er zu einer übernatürlichen lodernden Fackel, Futter für die vielen Videokameras und Zeitungsfotografen. Die Blätter waren voll mit Bildern dieses Aufloderns und voll mit Bildern des echten Schweißtuchs.
    »Halt, warte«, sagte ich. Wir waren am Central Park angelangt. Die Menge hier sang aus vollem Halse den alten, kämpferischen Choral:
    »Großer Gott, wir loben Dich, Herr, wir preisen Deinen Namen!«
    Ich starrte sie an wie benommen. Der Schmerz in meiner linken Augenhöhle schien sich zu verschlimmern, doch was sollte sich darin schon verändern, wenn man davon absah, daß ich mir mit jeder weiteren Stunde der Tiefe der Höhlung stärker bewußt wurde.
    »Ihr seid Dummköpfe, ihr alle!« brüllte ich. »Das Christentum ist die blutigste Religion, die es je gab. Das kann ich bezeugen!«
    »Jetzt halt den Mund und tu, was ich dir sage«, zischte David und zog mich mit sich fort. Wir tauchten in dem Menschenstrom auf den vereisten Gehwegen unter, ehe jemand Zeit fand, sich nach uns umzusehen. Er hatte mich oft genug derart zurückhalten müssen und war es wirklich leid. Ich konnte es ihm nicht verdenken.
    Einmal hatten mich sogar Polizisten festgehalten. Sie hatten mich erwischt und mich aus der Kathedrale gezerrt, als ich versucht hatte, mit Dora zu sprechen. Als sie mich nach draußen geschafft hatten, waren sie nach und nach alle zurückgewichen. Sie hatten, wie bei Sterblichen häufig, gespürt, daß ich kein lebender Mensch war.
    Es wimmelte von Polizisten. Überall waren sie im Einsatz, halfen, wo nötig, schenkten warmen Tee aus und wärmten sich die kalten, verfrorenen Hände über den in Tonnen brennenden Feuern.
    Niemand nahm Notiz von uns. Warum auch? Wir waren nur zwei Männer, langweilig, trist, Teil der Menge. Unsere schimmernde Haut machte nicht viel her inmitten des blendendweißen Schnees, inmitten der ekstatischen Pilger, die eine feierliche Hymne nach der anderen sangen.
    Die Buchhandlungen hatten ihre Schaufenster mit Bibeln vollgestopft und mit Büchern über das Christentum. Eine riesige Pyramide war aus »Veronika und ihr Tuch« betitelten Büchern in lavendelblauem Umschlag aufgebaut, Autorin Ewa Kuryluk, und ein anderer Stapel aus »Holy Faces, Secret Places« von lan Wilson.
    Und überall Bibeln, Bibeln, Bibeln - Bibeln, die man verkaufte, oder Bibeln, die man verschenkte.
    Eine Schar Nonnen verteilte Bilder, auf denen die heilige Veronika abgebildet war. Doch der Hit auf dem ganzen Markt waren die Farbfotos von dem

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