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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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hatte, im Olympic Tower Unterschlupf für uns zu finden, und ich jetzt doch wieder fort in den Süden wollte. Aber andererseits - vielleicht gingen wir auch nicht.
    Eins wurde mir allerdings schmerzlich bewußt: Wenn ich in diesem Moment die Schritte hörte, den Verfolger spürte, läge ich morgen abend zitternd in Davids Armen. Dem Verfolger war es gleich, wohin ich ging. Er fand mich überall. Und es gab ihn wirklich.
    Schwarze Flügel, das Gefühl, etwas Finsteres zöge heran wie dichter Rauch - und das Licht. Lieber nicht darüber nachdenken. Für eine Nacht hatten mich schon genug schauerliche Gedanken geplagt, nicht wahr?
    Wann würde ich wieder auf einen Sterblichen wie Roger treffen? Wann würde wieder einmal jemand so hell aus der Menge hervorstrahlen wie er? Und dieser Mistkerl hatte auch noch die ganze Zeit mit mir gesprochen, der Ohnmacht getrotzt! Mit mir! Und durch irgendeinen telepathischen Trick war es ihm gelungen, diese Statue zum Leben zu erwecken, zur Hölle mit ihm.
    Ich schüttelte den Kopf. Hatte ich das ins Rollen gebracht? Was hatte ich anders gemacht als früher? Hatte ich, als ich ihm monatelang auf den Fersen war, begonnen, ihn so sehr zu lieben, daß ich während des Tötungsaktes mit ihm sprach in einem lautlosen, hingebungsvollen Sonett? Nein, ich hatte von ihm getrunken, ihn liebend in mir aufgenommen, nichts anderes. Roger in mir.
    Durch die Dunkelheit kam langsam ein Wagen heran, hielt neben mir. Sterbliche, die fragten, ob ich eine Unterkunft brauchte. Ich schüttelte den Kopf, drehte mich um, und quer über die Gräber hinweg verließ ich den Friedhof in Richtung Village. Ich bewegte mich sehr schnell, sie hatten mich wahrscheinlich nicht einmal verschwinden sehen.
    Stellen Sie sich das vor! Sie sehen da einen blonden jungen Mann in blauem Zweireiher und leuchtendbuntem Halstuch auf den Stufen einer malerischen alten Kirche in der eisigen Kälte sitzen. Und im nächsten Moment ist er weg, verschwunden.
    Ich lachte lauthals, entzückt von dem Echo, das zwischen den Ziegelmauern aufstieg. Ich hörte Musik, menschliche Stimmen, Leute gingen Arm in Arm, es roch nach Essen. Auch junge Leute waren hier, so gesund, daß sie Spaß an diesem bitteren Winter hatten. Ich allerdings empfand die Kälte langsam als lästig, fast schon so schmerzhaft, als wäre ich ein Mensch. Ich wollte ins Warme.

Kapitel 3
    S chon nach ein paar Schritten sah ich eine Schwingtür, stieß sie auf und stand in einer Art Vorraum, wohl von einem Restaurant, und im nächsten Moment saß ich auch schon an der Bar; ganz meinen Wünschen entsprechend, war sie schlecht besucht, ziemlich schummrig, zu warm. Im Mittelteil hinter der halbrunden Theke glitzerten Flaschen. Aus dem Nebenraum klangen die tröstlichen Geräusche von Gästen herüber, die zu Abend aßen.
    Die Ellbogen aufgestützt, die Füße hinter die Messingfußstütze der Bar geklemmt, saß ich zitternd auf dem Barhocker. Ohne richtig hinzuhören, ließ ich das Geplauder der Sterblichen an mir vorbeiplätschern, die unvermeidlichen Trivialitäten und Albernheiten, die sie in Bars so von sich geben.
    Ich starrte vor mich hin, ohne Sonnenbrille - verdammt, ich hatte meine violetten Gläser verloren! Ja, hübsch dunkel war es hier, reichlich dunkel sogar, so eine mitternächtliche Trägheit hing über allem, sollte das so eine Art Club sein? Keine Ahnung, war mir auch egal.
    »Was nehmen Sie, Sir?« Gelangweiltes, arrogantes Gesicht.
    Ich verlangte ein Mineralwasser. Und kaum hatte er es vor mir abgestellt, stippte ich auch schon die Finger hinein, um sie zu säubern. Der Typ war schon wieder gegangen. Aber den hätte es auch nicht interessiert, wenn ich angefangen hätte, mit dem Wasser Babies zu taufen.
    An Tischen im Hintergrund saßen noch einige andere Leute. In einer dunklen Nische weinte eine Frau, der Mann, der bei ihr war, gab ihr grob zu verstehen, daß sie Aufmerksamkeit errege. Stimmte gar nicht. Niemand kümmerte sich auch nur einen Deut um sie.
    Ich nahm die Serviette zu Hilfe, um mir den Mund abzuwaschen.
    »Noch mal dasselbe«, verlangte ich und schob das benutzte Glas fort. Träge rührte er die Bestellung aus - junges Blut, ungeformte Persönlichkeit, zielloses Leben - und zog sich zurück.
    Neben mir lachte jemand leise… der Mann rechts von mir, zwei Hocker weiter, der schon dagewesen war, als ich mich setzte - er war einigermaßen jung und roch nach nichts. Nach absolut gar nichts, das war sehr merkwürdig. Verärgert drehte ich mich um

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