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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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recht haben.«
    »Sieh es doch mal so: Dein Verfolger beschloß, sich dir zu zeigen, und deinen geisterhaften Begleiter ließ er verlöschen.«
    »Nein. Da gab es eine Verbindung. Roger hörte ihn kommen! Er wußte, daß er auf dem Weg war, noch ehe ich die Schritte hörte. Eins ist nur gut!«
    »Und das wäre?«
    »Daß ich dir nicht in einem Gedankenstrom meine Furcht übermitteln kann. Daß ich dich nicht spüren lassen kann, wie entsetzlich es wirklich war. Im Moment genügt es mir, daß du mir glaubst, aber wenn du es genauso erlebt hättest wie ich, wärst du nicht so ruhig und gelassen und ganz der britische Gentleman.«
    »Vielleicht doch. Jetzt komm. Ich will diese Schatzkammer sehen. Ich glaube, du hast recht. Du kannst nicht zulassen, daß diese Sammlung dem Mädchen abhanden kommt.«
    »Frau, junge Frau.«
    »Und wir sollten schnellstens herausfinden, wo sie sich aufhält.«
    »Das habe ich schon auf dem Weg hierher besorgt.«
    »In deinem Zustand?«
    »Na, immerhin konnte ich mich lange genug zusammenreißen, um in ihr Hotel zu gehen und mich ihrer Abreise zu versichern. Das wenigstens mußte ich tun. Sie ist heute morgen mit der Neun-Uhr-Maschine geflogen und heute abend in New Orleans angekommen. Ich habe allerdings keine Ahnung, wie man sie in diesem Konvent erreichen kann. Ich weiß auch nicht, ob sie überhaupt einen Telefonanschluß hat. Im Moment ist sie aber da genauso sicher, als wenn Roger noch lebte.«
    »Das stimmt. Also los.«
    Angst ist manchmal ein Warnsignal. So, als ob einem jemand eine Hand auf die Schulter legt und sagt: »Geh nicht weiter!« Genau das Gefühl hatte ich für ein paar Sekunden, als wir in die Wohnung kamen. Panik. Geh nicht weiter!
    Aber mein Stolz verbot mir, es zu zeigen, außerdem betrat David, von Neugier getrieben, den Flur schon vor mir und bemerkte zweifellos genau wie ich, daß hier nichts Lebendiges war. Spürte er den Mord, der hier stattgefunden hatte? Der Geruch traf ihn sicher genauso wie mich. Ob er ihn wohl als weniger unangenehm empfand, weil der Tote nicht sein Opfer gewesen war?
    Roger! In meiner Erinnerung vermischten sich die Bilder seines verstümmelten Körpers mit denen seiner Erscheinung als Geist, was mir einen heftigen Schlag versetzte.
    David ging direkt zum Wohnraum durch, während ich noch bei dem großen weißen Marmorengel mit seiner Weihwasserschale verweilte, ihn in Gedanken mit der granitenen Statue verglich. Blake.
    William Blake hatte es gewußt. Er mußte Engel und Teufel gesehen haben, sonst hätte er nicht so perfekt ihre Proportionen gestaltet. Mit Roger hätte ich über Blake reden können.
    Aber das war vorbei. Und jetzt war ich hier in diesem Flur. Daß ich nun vorwärts gehen sollte, Schritt für Schritt, bis ich den Wohnraum erreicht hätte, daß ich dem schwarzen Standbild gegenübertreten sollte, war plötzlich mehr, als ich ertragen konnte.
    »Sie ist nicht hier«, stellte David fest. Nein, er hatte nicht meine Gedanken gelesen. Er bestätigte nur eine Tatsache. Er stand etwa zwölf Meter von mir entfernt im Wohnraum, sah mich an und sagte noch einmal: »In diesem Zimmer ist keine schwarze Statue aus Granit.«
    Ich stöhnte laut auf. »Also werde ich zur Hölle fahren.« Ich konnte David ganz deutlich sehen, obwohl das für einen Sterblichen wegen der düsteren Schatten in dem Raum nicht möglich gewesen wäre. Er wirkte sehr groß und sehr stark, wie er da mit dem Rücken zu dem trübe beleuchteten Fenster stand, inmitten der Halogenstrahler, die die Messingknöpfe an seiner Jacke aufblitzen ließen. »Was ist mit dem Blut?«
    »Ja, Blut ist da und deine Brille, die mit den violetten Gläsern. Ein hübsches Beweisstück.«
    »Beweis für was?«
    Wie angewachsen stand ich an der Hintertür und redete über diese Entfernung mit ihm, das war doch wirklich zu blöd. Also begann ich den Flur hinabzuschreiten, als ginge ich munteren Schrittes zum Schafott, und betrat dann das Zimmer. Wo die Statue gestanden hatte, war eine freie Stelle, die mir nicht einmal mehr groß genug für sie zu sein schien. Ein Durcheinander von Gipsheiligen und Ikonen, manche so alt und bröckelig, daß sie durch Glas geschützt waren. Letzte Nacht war mir die große Anzahl gar nicht aufgefallen. Überall an den Wänden reflektierten sie glitzernd das Licht der Strahler.
    »Ich kann es nicht glauben«, flüsterte David.
    »Daß du hingerissen sein würdest, war mir klar«, sagte ich bedrückt. Es hätte mich genauso hingerissen, wenn ich nicht bis

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