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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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»Und?«
    »Du weißt verdammt genau, daß das stimmt«, sagte Armand. Er hatte eine lässige Pose eingenommen. Ich schätze, sein Umherstreifen hatte ihn einiges gelehrt; er bot nicht mehr den Anschein eines Gipsheiligen auf seinem Podest. Da stand er, die Hände in den Taschen, ein richtiger kleiner Macker.
    »Du suchst doch wieder Ärger«, führ er fort, immer noch bedächtig, ohne Zorn oder Bosheit. »Die ganze weite Welt reicht dir nicht aus, nie und nimmer. Ich dachte, ich sollte dieses Mal mit dir reden, bevor das Blatt sich wendet.«
    »Was für ein besorgter Schutzengel du doch bist!« höhnte ich.
    »Aber sicher«, sagte er, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. »Was treibst du also? Darf ich das erfahren?«
    »Kommt, wir wollen etwas tiefer in den Park gehen«, forderte ich sie auf und ging ihnen, immer im Tempo eines Sterblichen, voraus bis zu einer Gruppe uralter knorriger Eichen, zwischen denen das Gras kniehoch wuchs und wo sich keine Menschenseele, und sei sie noch so einsam und verzweifelt, niedergelassen hätte. Dort, neben den mächtigen schwarzen Wurzeln, setzten wir uns auf die winterkalte Erde. Der Duft der frischen, kühlen Brise, die vom nahen See herüberwehte, trug kaum Spuren der nahen Stadt.
    So saßen wir drei also zusammen, und Armand fragte noch einmal: »Wirst du mir sagen, was du vorhast?« Unerwartet beugte er sich nah zu mir herüber und küßte mich in einer kindlichen, irgendwie europäisch anmutenden Weise. »Du steckst doch bis zum Hals in Schwierigkeiten. Nun komm schon. Das sieht man doch.« Die Metallknöpfe seiner Jeansjacke waren eisig kalt, als sei er in kürzester Zeit von einem Ort, an dem tiefster Winter herrschte, hierhergekommen.
    Wir sind uns niemals ganz über die Fähigkeiten des jeweils anderen im klaren. Das einzuschätzen ist Glückssache. Aber ich hätte ihn ebensowenig gefragt, wie und auf welche Art er hergekommen war, wie ich einen Sterblichen gefragt hätte, welche Stellung er beim Beischlaf bevorzugte.
    Während ich ihn betrachtete, war ich mir die ganze Zeit über bewußt, daß David, der sich, auf einen Ellbogen gestützt, im Gras niedergelassen hatte, seinerseits uns beobachtete.
    Schließlich begann ich. »Der Teufel hat mir einen Besuch abgestattet und mich gebeten, mit ihm zu kommen. Ich soll den Himmel und die Hölle sehen.«
    Armand reagierte nicht, aber er runzelte die Stirn.
    »Genau der Teufel«, fuhr ich fort, »dessen Existenz ich vor zweihundert Jahren geleugnet habe, als du ganz fest an ihn glaubtest. In einem Punkt hattest du jedenfalls recht. Es gibt ihn. Ich habe ihn getroffen.« Ich sah David an. »Er will mich als Gehilfen. Er hat mir heute und morgen nacht gewährt, um mich mit euch zu beraten. Er will mich in den Himmel und die Hölle führen. Er behauptet, er sei nicht böse.«
    Davids Blick schweifte ab ins Dunkel. Armand starrte mich einfach nur an, hingerissen und stumm.
    Und dann erzählte ich ihnen alles. Für Armand wiederholte ich die ganze Geschichte von Roger und seiner Erscheinung. Und beiden berichtete ich haargenau von meinem mißglückten Besuch bei Dora und wie der Teufel mich danach verfolgt und schikaniert hatte, bis hin zu unserer handgreiflichen Auseinandersetzung. Ich erwähnte jedes winzige Detail und ließ Armand auch an all meinen Gedanken teilhaben, damit er daraus entnehmen konnte, was immer ihm wichtig war.
    Nachdem ich ihnen alles geschildert hatte, lehnte ich mich zurück. »Haltet mir jetzt bitte keine demütigenden Vorträge«, sagte ich dann. »Fragt nicht, warum ich vor Dora geflohen bin oder warum ich mit dieser Sache über Roger vor ihr herausgeplatzt bin. Ich werde einfach den Gedanken an Rogers Gegenwart nicht los, an seine Zuneigung für mich, an seine Liebe zu Dora. Und dieser Memnoch, der Teufel ist ein vernünftiges Individuum mit gutem Benehmen und starker Überzeugungskraft. Was diesen Kampf betrifft, bin ich mir nur einer Sache sicher - daß ich ihm einen Denkzettel verpaßt habe. Übermorgen nacht will er zurückkommen, und wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht - was nie der Fall ist
    -, sagte er, er fände mich, wo immer ich auch sei.«
    »Ja, das ist klar«, murmelte Armand.
    »Du genießt mein Elend doch nicht etwa?« seufzte ich leise und niedergeschlagen.
    »Nein, bestimmt nicht«, beteuerte Armand, »nur wie gewöhnlich machst du keinen besonders elenden Eindruck. Du bist im Begriff, dich in ein Abenteuer zu stürzen, und läßt gerade mal etwas mehr Vorsicht walten als damals,

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