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Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel

Titel: Chronik der Vampire 05 - Memnoch der Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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mir widerwärtig. Und ich sage dir eins: Wenn du mir nicht zur Seite stehst, wenn du zuläßt, daß Gott weiterhin die Dinge auf Seine Weise tut, dann wird das Böse - das im Grunde ein Nichts ist - die Welt zerstören.«
    »Es ist Gottes Wille, daß die Welt zerstört wird?« fragte ich bedächtig.
    »Wer weiß?« erwiderte er kühl. »Immerhin nehme ich an, daß Gott keinen Finger krumm machen würde, um es zu verhindern. Ich aber will es nicht, das steht fest. Und meine Art, die Dinge anzugehen, ist richtig, doch die Wege Gottes sind blutgetränkt, verschwenderisch und extrem gefährlich. Das weißt du auch, deshalb mußt du mir helfen. Ich habe dir gesagt, daß ich den Sieg vor Augen habe. Aber dieses Jahrhundert ist nahezu unerträglich für uns alle.«
    »Du behauptest also, du bist nicht böse…«
    »Ganz genau. Erinnere dich an die Frage, die dein Freund David dir stellte. Er wollte wissen, ob du in meiner Gegenwart das Böse gespürt hattest, und du sagtest nein.«
    »Der Teufel ist berüchtigt für seine Lügen.«
    »Meine Feinde sind berüchtigt für ihre Verleumdungen. Weder Gott noch ich lügen an sich. Aber sieh mal, ich erwarte nicht eine Sekunde lang, daß du meinen Worten Glauben schenkst. Ich bin nicht hergekommen, um dich mit Worten zu überzeugen. Ich werde dir Himmel und Hölle zeigen, wenn du es willst. Du kannst zu Gott sprechen, solange Er es erlaubt und du es verlangst. Nicht Gottvater, genaugenommen… aber nun, all das wird dir noch klarwerden. Obwohl alles hinfällig ist, wenn ich nicht auf deine feste Absicht zählen kann, daß du die Wahrheit erkennen willst, wenn du nicht den ernsthaften Wunsch hast, deinem Leben Sinn und Bedeutung zu geben, eine entscheidende Schlacht um das Schicksal der Welt zu schlagen.«
    Ich antwortete nicht, ich war mir meiner Worte nicht sicher. Wir waren schon Verbündete, seitdem wir zu diskutieren begonnen hatten. »Den Himmel sehen?« flüsterte ich, als wenn seine Worte mich erst langsam erreichten. »Und die Hölle?«
    »Ja, sicher«, sagte er mit gleichbleibender Geduld.
    »Ich möchte eine Nacht lang darüber nachdenken.«
    »Was?«
    »Ich sagte, ich möchte eine Nacht lang darüber nachdenken.«
    »Du glaubst mir nicht. Du willst ein Zeichen.«
    »Nein, ich fange wirklich langsam an, dir zu glauben. Gerade darum muß ich nachdenken, ich muß alles gegeneinander abwägen.«
    »Aber ich bin doch hier, ich kann dir auf der Stelle alle Fragen beantworten, alles zeigen.«
    »Laß mich zwei Nächte in Ruhe. Den Rest der heutigen Nacht und morgen nacht. Das ist doch nun wirklich nicht zuviel verlangt, oder? Laß mich in Ruhe.«
    Er war sichtlich enttäuscht, vielleicht war ihm das sogar etwas verdächtig. Aber ich meinte es Wort für Wort so, wie ich es gesagt hatte, ich konnte ihm jetzt keine andere Antwort geben. Noch während ich es aussprach, wußte ich, es war die Wahrheit, Gedanke und Worte waren eins gewesen.
    »Kann man dich betrügen?« fragte ich ihn.
    »Aber natürlich«, erwiderte er. »Ich verlasse mich auf meine Fähigkeiten, genau wie du, und genau wie du habe ich natürlich Grenzen. Dich kann man betrügen, warum nicht mich?«
    »Und wie ist das mit Gott?«
    »Ach! Wenn du nur wüßtest, wie irrelevant diese Frage ist. Du hast keine Vorstellung davon, wie sehr ich dich brauche. Ich bin so müde«, sagte er mit einer kleinen Gefühlsregung. »Gott ist… jenseits jeder Täuschung, soviel kann ich barmherzigerweise sagen. Ich gebe dir heute und morgen nacht Zeit. Ich werde dich nicht belästigen, oder wie du es nennst, verfolgen. Aber erlaube mir die Frage: Was hast du vor?«
    »Warum? Entweder gewährst du mir diese Frist oder nicht!«
    »Du bist als unberechenbar bekannt«, grinste er breit.
    Das war außerordentlich erfreulich. Und da fiel mir an ihm noch etwas eigentlich ganz Einleuchtendes auf: Er war nicht nur perfekt proportioniert, es gab auch sichtlich keinen Makel an ihm, er war wirklich ein Ausbund an Durchschnittlichkeit. Auf diese Beurteilung reagierte er nicht, und ich wußte nicht, ob er sie in meinen Gedanken gelesen hatte. Er wartete einfach höflich ab.
    »Dora«, sagte ich. »Ich muß noch einmal zurück zu Dora.«
    »Wieso?«
    »Ich will dir das jetzt nicht weiter erklären.«
    Wieder war er von meiner Antwort überrascht. »Nun, du wirst ihr doch im Zusammenhang mit all den Verwirrungen um ihren Vater behilflich sein? Warum kannst du etwas so Einfaches nicht erläutern?
    Ich wollte nur wissen, wie weit du dich darauf

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